Eintracht Norderstedt spielt an diesem Sonnabend im Stadion Hoheluft gegen die formstarke U23 des FC St. Pauli

Norderstedt. Als Thomas Seeliger vor wenigen Tagen nachträglich erfuhr, dass die Regionalligafußballer von Eintracht Norderstedt von vielen Beobachtern als Favorit genannt worden waren für das Derby beim Hamburger SV II, lachte er amüsiert. Zwar hatte der Aufsteiger die ungewöhnlich hoch gesteckten Erwartungen mit einem 1:0-Auswärtssieg sogar erfüllt, doch Seeliger sah sich gleichwohl genötigt, rhetorisch auf die Bremse zu treten. „Man muss doch sehen, welche Möglichkeiten beide Seiten in ihren Kadern haben.“

Allerdings gelang es dem HSV nicht, für das Duell mit Norderstedt aus prominenten Namen ein homogenes Team zu formen, was schließlich zum entscheidenden Vorteil zugunsten der Garstedter avancierte. Aber dass sich dieses Szenario im nächsten Match gegen eine U23 wiederholt, davon ist nicht auszugehen. An diesem Sonnabend spielt die Eintracht beim FC St. Pauli II (14 Uhr, Stadion Hoheluft, Lokstedter Steindamm) und trifft auf die derzeit formstärkste Mannschaft der Liga.

So hat der Nachwuchs des Zweitligisten aus den vergangenen fünf Partien 13 Punkte geholt, dabei zuletzt den Tabellenzweiten Goslarer SC mit 2:1 bezwungen. „St. Pauli ist mannschaftlich sehr geschlossen und gut aufeinander abgestimmt“, so Thomas Seeliger, der selbst zahlreiche Begegnungen der Hamburger live gesehen hat.

St. Pauli setzt – auch hier ein Unterschied zum HSV – fast ausschließlich auf Perspektivspieler. Einzige Ausnahme ist der 34 Jahre alte, frühere Bundesligaprofi Christian Rahn, wobei dieser keinesfalls gesetzt ist. Das Konzept geht augenscheinlich auf, denn der Vorsprung gegenüber dem ersten Abstiegsplatz beträgt derzeit bereits zehn Punkte.

Doch auch die Eintracht hat eine positive Entwicklung vorzuweisen. Nicht allein aufgrund des ersten Sieges in diesem Jahr. Vielmehr fällt auf, dass die kollektive Defensivarbeit Fortschritte macht. Beim HSV sowie in Wilhelmshaven blieb das Team ohne Gegentor, Hannover traf mit einem abgefälschten Schuss, selbst Spitzenreiter Wolfsburg brach den Bann erst mit einem Handelfmeter in der Schlussphase. „Im Moment machen wir es sehr gut. Wir treten geschlossen auf, gestatten kaum Lücken und lassen wenige Chancen zu“, so Thomas Seeliger, schränkt indes ein: „Das habe ich aber schon die ganze Saison über eingefordert. Wobei es kein Spiel geben wird, in dem wir überhaupt keine Chancen zulassen.“

Etwas enttäuscht sind die Norderstedter darüber, dass die Partie am Sonnabend nicht wie ursprünglich geplant im Millerntorstadion, sondern „nur“ an der Hoheluft stattfinden wird. Seeliger: „Es hätte mich für meine Jungs gefreut, wenn sie die Erfahrung am Millerntor hätten machen können. Und wir hätten dort auf einem vernünftigen Rasen gespielt.“ Diesen werden beide Teams auf dem ramponierten Platz des SC Victoria nicht vorfinden und sich daher anpassen müssen.

Thomas Seeliger hat in seiner Laufbahn hingegen sehr wohl am Millerntor gespielt. Zwei Jahre lang, von 1997 bis 1999, trug er das Trikot der Braun-Weißen, ehe er aus der zweiten Bundesliga zum damals noch sehr ambitionierten 1. SC Norderstedt wechselte. Zu seinen Teamkollegen bei St. Pauli gehörte unter anderem Thomas Meggle, der wiederum mittlerweile Coach der dortigen U23 ist. Beide Trainer stehen trotz der Konkurrenzsituation im Abstiegskampf sogar regelmäßig in Kontakt und tauschen durchaus manchmal Erkenntnisse aus dem Regionalliga-Alltag aus.

Aber nicht nur deshalb verbinden beide Vereine freundschaftliche Beziehungen. Gleich acht Akteure aus dem jetzigen Norderstedter Kader standen bereits einmal bei St. Pauli unter Vertrag. Warum das so ist, erklärt Thomas Seeliger. „Das ist oft so: Ein Spieler, der sich bei einem Bundesliganachwuchs nicht durchsetzt, kann für uns trotzdem interessant sein.“

Gute Kontakte helfen zudem: Der Eintracht-Vorsitzende Reenald Koch war selbst Spieler und später Präsident des FC St. Pauli, kennt auch heute noch viele der dortigen Entscheidungsträger sehr gut. Zudem zählt sein Neffe Felix Drinkuth – also der Cousin von Eintracht-Kapitän Philipp Koch – zum Stammpersonal der U23. Es gibt also viele Gründe, warum das anstehende Kräftemessen des weltweit bekannten Kultclubs mit dem Emporkömmling von der Ochsenzoller Straße ein besonderes Match sein wird.