Fußballer des SV Todesfelde gewinnen beim SHFV-Lotto-Masters vor 9000 Fans ihr Auftaktmatch, scheiden dann aber doch nach der Vorrunde aus

Kiel. Ein kollektiver Seufzer schwappte durch die Sparkassen-Arena. Soeben hatten die Fußballer des SV Todesfelde ihren letzten Schritt gemacht, das SHFV-Lotto-Masters in Kiel würde nach der Vorrunde ohne den Club aus dem Kreis Segeberg in seine entscheidende Phase gehen. Es war allerdings unschwer zu erkennen, dass viele Neutrale in der Halle und die Anhänger so manch eines Kontrahenten keines Einwände gegen ein kleines Erfolgsmärchen der Todesfelder gehabt hätten, eine Cinderella-Story sozusagen. Und tatsächlich hatte der größte Underdog unter den acht teilnehmenden Mannschaften einige denkwürdige Momente lang so sehr das Geschehen geprägt, dass eine außergewöhnliche Geschichte möglich zu sein schien.

Die Anhänger des SVT wussten, dass sie ihre Jungs bis zu einem gewissen Grad tragen mussten. So begleiteten schon am Nachmittag viele Fans die Abfahrt des Busses aus Todesfelde in die Landeshauptstadt entlang der heimischen Dorfstraße mit bengalischen Feuern und Anfeuerungsrufen. Es dürften die erwarteten 800 Unterstützer gewesen sein, die den Weg in die Landeshauptstadt mit antraten – Vereinsmitglieder, Sympathisanten, sogar Aktive aus anderen Clubs zeigten Flagge.

Der Event in der Sparkassen-Arena, wo ansonsten die Weltklasse-Handballer des THW Kiel ihr Publikum begeistern, sprengte alle bekannten Dimensionen. „Ich bin in Todesfelde verknallt“, sprudelte es schon vor der Eröffnung aus dem Hallensprecher heraus, als sich der blau-gelbe Zuschauerblock immer weiter füllte, die ersten von vielen Fahnen geschwenkt, die Fanbanner aufgehängt wurden.

Um kurz nach 18 Uhr marschierten die Gladiatoren in die abgedunkelte Halle ein. Der mit Hilfe der extra verteilten Klatschpappen verursachte Lärm wuchs zu einem ohrenbetäubenden Rhythmus, die Bässe wummerten aus den Lautsprecherboxen. Cool bleibt in dieser einzigartigen Atmosphäre niemand; zu keinem Zeitpunkt der Veranstaltung wird deutlicher, warum das Masters in jeder Saison eine derartige Faszination ausübt und warum die Qualifikation hierfür so begehrt ist.

Das Turnier war ein emotionsgeladenes Erlebnis für den SV Todesfelde, insbesondere für Jorrit Bernoth, der ein Spruchband mit der Aufschrift „Hansi still watching“ in das Publikum hielt. Der Spielmacher des Schleswig-Holstein-Ligisten gedachte eines im vergangenen Jahr bei einem Unfall verstorbenen Freundes. Ehrensache, dass Bernoth und seine Kollegen auch aus diesem Grund einen denkwürdigen Auftritt zeigen wollten.

Was folgte, waren „20 Minuten Ruhm“, wie Trainer Sascha Sievers es formulierte. Die Eröffnungszeremonie zählte dazu, genauso wie das Duell mit dem SV Eichede. Nach nicht einmal 120 Sekunden stand es 1:0 durch Florian Petzold, später erhöhten Sven Haldau und Jorrit Bernoth, letztlich gewann Todesfelde mit 3:2. Der erste Regionalligist war geschlagen, nur noch ein Sieg – entweder gegen den VfB Lübeck oder gegen den VfR Neumünster – fehlte zum Einzug ins Halbfinale. Doch was in greifbarer Nähe zu sein schien, entpuppte sich als unüberwindbare Hürde.

Zwei Stunden später wich die Ekstase der großen Enttäuschung. Zwar hatten die Anhänger des SVT unentwegt gesungen, geschrien, sie waren ausgelassen durch den Zuschauerblock gehüpft. Die Spieler selbst hatten diese Euphorie anfangs ausgelöst, doch nun sprang das Momentum nicht mehr zurück auf den Platz. Im zweiten Gruppenmatch gab es gegen Lübeck ein 0:4, ehe auch Neumünster beim 2:1 nicht besser, aber abgeklärter war.

„Eigentlich hätte das erste Spiel des Turniers, der Sieg gegen den SV Eichede, wegweisend für uns sein können. Vielleicht wären wir gegen Neumünster anders aufgetreten, hätten wir gegen Lübeck nicht mit 0:4 verloren“, lautete der erste Erklärungsversuch durch Jorrit Bernoth. Kapitän Dominik Lembke, der im dritten Gruppenspiel einen Treffer verschuldete und zudem ein Eigentor erzielte, hatte ebenso eine mentale Verkrampfung bei sich und seinen Mannschaftskollegen erkannt. „Im Auftaktmatch hatten wir noch nicht so viel nachgedacht. Die Niederlage gegen Lübeck war zu deutlich, das hätte nicht sein müssen“, sagte er.

Ungeachtet der kritischen Selbsterkenntnis einte die Todesfelder allerdings ein positives Gefühl. „Wir sind glücklich“, sagte Bernoth. Und Lembke betonte: „Wir haben unseren Fans einen Sieg geschenkt und vier Tore geschossen – das sind drei mehr als beim Masters 2013.“

Kein Spieler strahlte dabei so sehr wie Florian Petzold, 19. Der Youngster, der erst seit Sommer im Herrenkader des SV Todesfelde steht und auf Anhieb zu einer festen Größe geworden ist, wähnte sich wie im Traum. „Als Jugendlicher bei der SG Trave 06 hatte ich höchstens 100 Zuschauer, aber jetzt spiele ich vor 9000! Vor drei Jahren, als ich im Fanblock stand, hatte ich mir gesagt: Hier würde ich auch gerne einmal auflaufen! Und jetzt schieße ich sogar das erste Tor, das war ein geiles Gefühl!“

Der Oeringer Malte Göttsch teilte diese Freude. Dass der Unparteiische des TuS Hartenholm das Finale zwischen dem ETSV Weiche Flensburg und Holstein Kiel (1:0) leiten durfte, war für ihn eine große Auszeichnung. Nach der Vorrunde hatte der Schiedsrichterausschuss entschieden, Göttsch das Endspiel pfeifen zu lassen. „Das ist ein Karriere-Highlight. Gerade vor dem ersten Spiel hier war ich aufgeregt.“

Umsichtig brachte Göttsch den Turnierhöhepunkt über die Bühne. Er ließ sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als die Kieler vehement einen Strafstoß forderte. „Das war ein 50-50-Ding“, so der Referee, der nach dem Schlusspfiff die wütenden Proteste und verbalen Entgleisungen der erfolgsverwöhnten Holstein-Verantwortlichen gelassen an sich abprallen ließ.