Dierick Schröder/Inna Küstner werden Nordmeister und wollen beim Deutschland-Pokal der Hauptgruppe A-Standard den Sprung ins Finale schaffen

Norderstedt. Vier Wochen bleiben Dierick Schröder und Inna Küstner noch, um sich auf den sportlichen Höhepunkt des Jahres vorzubereiten. Am 23. November will das Tanzpaar des 1. SC Norderstedt beim Deutschland-Pokal in der Hauptgruppe A-Standard angreifen und den Sprung ins Finale schaffen.

Selbst Orkantief Christian konnte den 25 Jahre alten Reinbeker nicht davon abhalten, zum Training in den Scharpenmoorsaal zu fahren. Seine Partnerin Inna, die in Norderstedt wohnt, hatte es da schon etwas leichter. Beide arbeiteten unter der Regie von Übungsleiterin Anja Rausche-Schramm konzentriert und gewissenhaft ihr Programm ab. „Wir machen momentan viel Endrundentraining, absolvieren also alle fünf Standardtänze nacheinander in der festgelegten Turnierreihenfolge“, sagt Inna Küstner.

Die 18-Jährige freut sich schon sehr auf den großen Auftritt in vier Wochen im saarländischen Ottweiler. „Das alles ist ganz schön aufregend. Wir wissen nämlich überhaupt nicht, wo wir stehen und wie stark die Konkurrenz ist.“

Dass das Duo nicht alle möglichen Kontrahenten kennt, liegt auch daran, dass es fast ein ganzes Jahr der Turnierszene ferngeblieben ist. Nach dem letztjährigen Deutschland-Pokal und dem damit verbundenen achten Platz trennten sich Dierick Schröder und Inna Küstner. „Dierick hatte sehr viel mit seinem Bauingenieurstudium zu tun. Es passte alles nicht mehr“, so Inna, die sich in den vergangenen zehn Monaten nach anderen Partnern umsah. „Ich habe viele Probestunden absolviert, es war aber nie der Richtige dabei.“

Vor allem Trainerin Anja Rausche-Schramm und deren ehemaliger Tanzpartner Marcus Weiß, bei dem das SCN-Duo in Braunschweig ab und zu ein paar Extrastunden nimmt, rieten dem Paar, es wieder miteinander zu versuchen. Seit Anfang des Monats gehen Schröder/Küstner nun wieder gemeinsame Wege.

I0hr Comeback bei den gemeinsamen Landesmeisterschaften der Hauptgruppe A-Standard in Elmshorn verlief dabei vielversprechend. Nach nur einer Woche Vorbereitungszeit landete das SCN-Paar auf Platz eins in der Gesamtwertung aller Nordverbände und ist nun sehr zuversichtlich, was den Deutschland-Cup angeht. „Wir wollen ins Finale“, sagt Inna Küstner, deren jüngere Schwester Liana ebenfalls eine ausgezeichnete Turniertänzerin ist. Zusammen mit Partner Kevin Khan belegte sie den vierten Platz bei den deutschen Junioren-II-Meisterschaften – ein toller Erfolg.

Für den 1. SC Norderstedt sind diese Sportler ein Glücksfall. Doch dann ist auch schon Schluss. Während sich früher die Paare aus der fünftgrößten Stadt Schleswig-Holsteins bei Turnieren auf die Füße traten und die Stimmung geradezu bombastisch war, ist es in der Szene deutlich ruhiger geworden. Beim Hauptgruppentag, den der SCN und die TSG Creativ Norderstedt gemeinsam ausrichteten, waren in beiden Sälen zwar immerhin 120 Paare am Start.

Doch nach Lokalmatadoren musste man lange suchen. Nur zwei Duos aus Norderstedt nahmen teil: Max und Milena Hillgruber (SCN) belegten Platz drei in der A-Lateinklasse, ihre Vereinskameraden Björn Vorpahl und Cathleen Strey (C Latein) landeten auf den Plätzen sieben und zehn.

Wie aber erklärt sich der Rückgang des Interesses: Ist Tanzen etwa nicht mehr „in“? Anja Rausche-Schramm kann nur spekulieren. „Schulische Belastungen und keine Lust, zu zweit zu tanzen, sind sicher zwei Gründe.“ Doch die Vereinsverantwortlichen haben sich fest vorgenommen, dem Negativtrend entgegenzuwirken. „Wir müssen uns unbedingt etwas einfallen lassen, um Jugendliche zum Tanzsport zu führen“, sagt die ehemalige Spitzensportlerin. Ideen gibt es viele, im Hintergrund wird mit Hochdruck an einem neuen Konzept gearbeitet. „Aber es ist noch zu früh, um konkret zu werden. Das ist noch nicht spruchreif“, sagt Anja Rausche-Schramm.

Ein positives Signal: Ihr Ehemann Tim Rausche, seines Zeichens Vorsitzender des Tanzsportverbandes Schleswig-Holstein, sieht auf Landesebene Licht am Ende des Tunnels. „Wir haben die schlimmste Phase überwunden. Es geht langsam wieder bergauf“, so Rausche.

Die Bemühungen beim 1. SC Norderstedt sind vielfältig. Yvonne Friederich, Lehrerin an der Willy-Brandt-Schule, ist dort mit ihrer Tanz-AG sehr erfolgreich. „Momentan sind bei mir rund 50 Kinder der Jahrgänge 2007 bis 2010 aktiv“, sagt die Turnierleiterin des Hauptgruppentages.

Den Nachwuchs in den Verein zu holen und ihm den Spaß am Turniersport zu vermitteln, ist die nächste Herausforderung. „Problematisch für uns sind aber auch die beschränkten Zeiten und Trainingsmöglichkeiten. Durch den Ganztagsunterricht fallen für uns ja Räumlichkeiten in den Schulen weg“, sagt Anja Rausche-Schramm. Dierick Schröder und Inna Küstner nahmen am Hauptgruppentag nicht teil, sie übten in Braunschweig mit Gleichgesinnten. Gegen mehr Spitzenpaare im SCN hätte das Duo nichts einzuwenden, im Gegenteil. „Das wäre super. Da könnte man sich dann auch mal etwas abgucken“, sagt Inna Küstner, die für ihren Sport lebt. „Das Zurechtmachen, das Anziehen des Kleides und das Schminken – all dies macht mir unheimlich viel Spaß. Das Turniertanzen ist für mich die Erfüllung eines Kindheitstraums.“