Die deutsche U17-Nationalelf spielt gegen die Niederlande vor 1135 Zuschauern 2:2. Am Freitag steigt das nächste Länderspiel in Garstedt

Norderstedt. Unter anderen Voraussetzungen wären sie alle noch Teenager, Kinder fast. Doch die U17-Nationalspieler aus Deutschland und den Niederlanden leben in einer Gegenwart, die eher eine Parallelwelt ist. Tempo ist gefragt, Hektik und klare Zeitstrukturen bestimmen die täglichen Abläufe, Freiraum ist selten. „Ich fliege jetzt wieder nach Leverkusen“, so verabschiedet sich Benjamin Henrichs, 16 Jahre jung, Kapitän der Mannschaft und vermutlich kommender Fußball-Bundesligaprofi bei Bayer Leverkusen. Schnell unter die Dusche, dann die DFB-Trainingsanzüge überstreifen, auf dem Weg zum Bus noch ein paar Autogramme schreiben, ehe der Tross wieder nach Hamburg in sein Hotel fährt.

Es ist ein minutiös durchgeplantes und gleichermaßen kurzweiliges Länderspiel, das die 1135 Zuschauer im Edmund-Plambeck-Stadion von Eintracht Norderstedt erleben. Um Punkt 18.27 Uhr drückt Stadionsprecher Michael Eggert auf „Play“, die Hymnen kommen von Band. „Het Wilhelmus“ singen die Gäste, dann sind die DFB-Jungs an der Reihe. Von der A-Nationalelf ist bekannt, dass längst nicht alle Stars mitsummen wollen, dies indes toleriert wird. Im Nachwuchs gelten andere Regeln. „Wir verlangen, dass die Spieler mitsingen“, hatte Trainer Christian Wück im Vorfeld erklärt. Und in der Tat – inbrünstig sind alle dabei.

Die Kulisse beflügelt sofort. Deutschland beginnt sehr schwungvoll und nutzt gleich die erste Chance – Kapitän Henrichs legt im Strafraum quer, Philipp Ochs von der TSG 1899 Hoffenheim schiebt ein. Auf der Tribüne raunen sich die Scouts vieler Erstligisten aus Deutschland und den Niederlanden anerkennend zu: „Hast du die Laufwege gesehen?“ Das Hochgefühl hält jedoch nicht lange an, denn die Niederlande sind sofort wieder im Spiel. Calvin Verdonk von Feyenoord Rotterdam köpft nach fünf Minuten das 1:1. In der zweiten Halbzeit legen die Gäste sogar vor durch Steven Bergwijn (47.), Alessandro Fiore-Tapia (SC Freiburg) gleicht wenigstens zum 2:2-Endstand aus.

Schiedsrichter Marcel Unger wechselt sich in der 36. Minute selbst aus

DFB-Trainer Christian Wück gefällt es nur bedingt, was er zu sehen bekommt. „Wir müssen daran arbeiten, 80 Minuten und nicht nur 40 Minuten Vollgas zu geben.“ Wer für Deutschland aktiv ist, muss eben immer gewinnen. Die U17 hat somit die Verpflichtung, sich über die Elite-Runde im Frühjahr 2014 für die nächste Europameisterschaft auf Malta zu qualifizieren. Entsprechend hoch ist der Druck. „Wir sind nach einem Rückstand zurückgekommen, dann hat unser Elan aber aufgehört. Das kann nicht sein“, so Wück, der den Gegner lobte. „Die sind unglaublich gut ausgebildet, wie sie ihren Körper einsetzen und mit dem Ball umgehen.“

Auch auf der Tribüne fallen die Unterschiede zwischen den Teams auf. „Die Niederlande sind ein bisschen schneller unterwegs“, sagen die vier Eintracht-Kicker Tobias Harsleben, Adrian Filipovic, Michel Weber und Jonas Albrecht, die in der D-Jugend spielen. Begeistert sind die 12-Jährigen vom trickreichen Oranje-Linksaußen Anthony Berenstein. Ob sie dessen Tricks auch selbst ausprobieren würden? „Wenn sie funktionieren, dann war es richtig. Wenn man den Ball verliert, dann natürlich nicht.“

Pechvogel des Tages ist übrigens Schiedsrichter Marcel Unger aus Halle an der Saale. Der Referee unterbricht das Match in der 36. Minute, ruft sein Gespann zusammen, tippt sich an die rechte Wade und signalisiert quasi seine Auswechslung. Seinen Platz nimmt der vierte Offizielle, Steven Greif aus Gotha, ein.

Als Gewinner darf Eintracht Norderstedt gelten. Der Club bekam nicht nur Lob für die organisatorische Arbeit vor Ort, sondern auch eine kleine Finanzspritze. Denn weil Levin Öztunali, deutschlandweit bekannter Enkel von Uwe Seeler und seit Sommer bei Bayer Leverkusen unter anderem Vereinskollege von Benjamin Henrichs, einst in der Garstedter Jugend spielte, stand der Eintracht eine Ausbildungsentschädigung seitens des DFB zu. Die Summe von immerhin 1200 Euro fließt direkt in den Jugendetat.

Am Freitag spielen die Niederlande und Israel im Edmund-Plambeck-Stadion

Parallel gewann Italien am ersten Spieltag des „Komm mit 4-Nationen-Turniers“ mit 3:2 (2:1) gegen Israel. Die Israelis treffen am Freitag um 11 Uhr im Edmund-Plambeck-Stadion auf die Niederlande. Deutschland und Italien spielen um 17.30 Uhr im Stadion Hoheluft des SC Victoria. Am Montag folgen zum Abschluss Italien-Niederlande (15.30 Uhr, Hoheluft) sowie Deutschland-Israel (17.30 Uhr, Wolfgang-Meyer-Sportanlage).