Trainer Ralf Schehr und seine Regionalliga-Fußballfrauen wissen nach ihrem 3:1-Sieg in Wüsting, wo sie stehen

Norderstedt. Nein, entspannt war Ralf Schehr, Trainer der Regionalliga-Fußballfrauen des Hamburger SV, vor deren erstem Punktspiel dieser Saison bei den Sportfreunden Wüsting-Altmoorhausen nicht gewesen. Zu wenig Gelegenheit hatten die jungen Norderstedterinnen – Durchschnittsalter 19,4 Jahre – gehabt, um während der Vorbereitungsphase ihre Form in Wettkämpfen zu überprüfen.

Von den wenigen Vergleichen waren einige Matches gegen unterklassige Gegner nur bedingt aussagekräftig – so etwa das 0:3 im Jubiläumsspiel beim niedersächsischen Oberligisten ATSV Scharmbeckstotel. Als vermeintlich stärksten Sparringspartner hatten sich die HSV-Frauen Schleswig-Holstein-Ligist SG Ratekau-Strand 08 ausgesucht, bei dem es ein 2:2 gab.

Beim 1:16 gegen die männlichen B-Junioren von Eintracht Norderstedt stand ein anderes Ziel im Vordergrund. Schehr wollte sehen, wie seine Spielerinnen damit umgehen, wenn jedes Sprintduell verloren geht und wie sich die Defensive unter Dauerdruck präsentiert. „Den Charaktertest hat die Mannschaft bestanden“, sagte Schehr, „ansonsten hatte ich zur Beurteilung unseres Leistungsstands nur meine Eindrücke aus dem Training. Und dort haben alle hervorragend mitgezogen.“

Doch würde diese Motivation für einen gelungenen Start in die Punktrunde reichen? Der Besuch beim DFB-Pokalauftritt der Ligakonkurrentinnen vom SV Henstedt-Ulzburg, die um ein Haar Zweitligist 1.FC Lübars aus dem Wettbewerb kickten, warf neue Unsicherheiten auf. „Da hatte ich gedacht: Wie soll das denn für uns gehen, wenn die da schon so loslegen?“, sagte Ralf Schehr, „der SVHU ist in der Regionalliga unser zweiter Gegner, danach kommen die Topteams TSV Havelse und Holstein Kiel. Da wäre ein Auftakt mit vier Pleiten am Stück sehr gut möglich gewesen – und aus so einem moralischen Tief muss man dann ein Team erstmal wieder herausbringen.“

Diese Sorge ist der Übungsleiter nach dem Match in Wüsting allerdings los. Der Hamburger SV feierte beim Tabellenneunten der Vorsaison einen 3:1-Sieg. Nachbar SV Henstedt-Ulzburg musste sich dagegen nach fast makelloser Vorbereitung mit einem 2:2 gegen Bergedorf 85 begnügen.

„Meine Mannschaft hat in dieser Partie ihre großen Stärken, also die hohe Laufbereitschaft, die Disziplin und ein gutes Kurzpassspiel, in die Waagschale geworfen und voll überzeugt“, sagte Schehr, „ich kann nur sagen, dass ich sehr stolz auf alle Spielerinnen bin.“

Ein Stolz, der sich kontinuierlich seit den ersten gemeinsamen Übungseinheiten aufgebaut hat. Auch deshalb, weil von Beginn an die Chemie zwischen Coach und Team gestimmt hat. „Vielleicht ist da ja mein etwas fortgeschrittenes Alter ein Vorteil“, sagte der 59-Jährige, der bundesweite Aufmerksamkeit erlangte, als er zum Ende der Saison 1996/97 als Trainer der Amateure des Hamburger SV nach der Entlassung von Felix Magath die HSV-Bundesligaprofis zu zwei Siegen und damit zum Klassenerhalt führte. „Vielleicht bin ich ein wenig eine Vaterfigur; in jedem Fall kann ich mit allen Spielerinnen reden, sie auch mal symbolisch in den Arm nehmen, wenn das nötig ist. Wir haben einen super Draht zueinander.“

Und sollte Schehr doch einmal der direkte Draht fehlen, hat er ja noch seine Mannschaftsführerin. Cathérine Knobloch, 27, ist nicht einfach nur die routinierte Abwehrchefin mit Zweitligaerfahrung. „Sie ist eine ausgebildete Trainerin und dazu eine starke Persönlichkeit. Mit ihr kann ich so manches bequatschen“, so Ralf Schehr. „Ich arbeite zwar ohne einen Assistenten, doch Cathérine ist meine rechte Hand. Über sie kann ich das Spiel von innen her lenken.“

So soll es auch am kommenden Sonntag, 18.15 Uhr, im Erstrundenmatch des Hamburger Oddset-Pokals beim Kreisligisten SC Sternschanze II geschehen. Schehr: „Den Wettbewerb nehme ich sehr ernst. Jede Spielerin, die ohne Einstellung in ein K.o.-Match geht, bekommt Ärger mit mir. Ich habe als Trainer dreimal im Pokalfinale gestanden. Das ist ein so tolles Erlebnis, da will ich wieder hin.“