Jörg Rau, Vorsitzender des 1. SC Norderstedt, spricht über die Ausrichtung seines Clubs und die Idee eines Großvereins

Norderstedt. Seit April ist Jörg Rau Vorsitzender des 2264 Mitglieder starken 1. SC Norderstedt. Der 44 Jahre alte Norderstedter arbeitet in Harksheide als selbstständiger Rechtsanwalt. Rau war schon 1999 als Referent für Öffentlichkeitsarbeit im SCN aktiv und vertrat den Verein als Jurist bei der Abkoppelung der Fußballsparte, deren Mitglieder sich 2003 größtenteils zum FC Eintracht Norderstedt 03 zusammenschlossen. Jörg Rau ist begeisterter Hobbybasketballer, verheiratet und hat vier Kinder.

Hamburger Abendblatt:

Der SV Henstedt-Ulzburg hat es vorgemacht. Wann gibt es in Norderstedt einen Großsportverein?

Jörg Rau:

Ich habe die Entwicklung in Henstedt-Ulzburg aus der Entfernung mitverfolgt. Ob dieses Modell eines Großsportvereins auf Norderstedt übertragbar ist, ist eine spannende Frage. Die Struktur in den einzelnen Vereinen ist sehr unterschiedlich. Rund 10.000 Leute unter einen Hut zu bringen, ist sicher nicht so ganz einfach. Wir sind offen für Gespräche, haben aber keinen Druck, eine Kooperation eingehen zu müssen. In bestimmten Bereichen, zum Beispiel im Handball, gibt es zwischen den Vereinen ja außerdem schon eine Zusammenarbeit. Wir sind gespannt, wie sich die Dinge in unserer Stadt weiterentwickeln.

Welche Vor- und welche Nachteile würden für den 1. SC Norderstedt durch ein solches Konstrukt entstehen?

Rau:

Der Verwaltungsapparat wäre sicher kleiner, es würde Synergieeffekte geben. Andererseits müssten sehr viele Kompromisse eingegangen werden. Es stellt sich zudem die Frage, ob der Zusammenhalt im Verein dann auch noch so groß wäre, wie es aktuell der Fall ist.

Kann ein Sportverein heutzutage noch ausschließlich von Ehrenamtlern geführt werden?

Rau:

Nein. Beim 1. SC Norderstedt ist unser Geschäftsführer Frank Fröhlich fest angestellt. Er übernimmt zusammen mit der Geschäftsstelle das Tagesgeschäft, hat durch die Satzungsänderung 2012 mehr Kompetenzen und kann die Arbeit schneller und einfacher erledigen als früher. Unser Vorstand arbeitet dagegen ehrenamtlich. Leider fehlen uns noch zwei Präsidiumsmitglieder. Die Aufgaben variieren, die Ämter sind vakant. Wer also Interesse hat, kann sich gerne melden...

Wie verfolgen Sie den Werdegang von Eintracht Norderstedt? Tut es Ihnen nicht weh, dass es beim 1. SC Norderstedt keinen Fußball mehr gibt?

Rau:

Ich freue mich, dass Eintracht so viel Erfolg hat und jetzt in die Regionalliga aufgestiegen ist. Das ist sehr gut für die Stadt. Der SCN schafft es aber auch so, sich weiterzuentwickeln. Dafür sind die anderen Sportarten viel zu interessant. Wir sind breit aufgestellt. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass ein Verein wie der SCN ohne Fußballabteilung existieren und ein interessantes Angebot bieten kann.

Sie sind selber aktiver Basketballer. Beim 1. SC Norderstedt sind die Höhenflüge der Leistungsmannschaften - die Frauen spielten vor einigen Jahren noch in der 1. Regionalliga, die Männer in der 2. Regionalliga - längst Vergangenheit. Wie geht es in diesem Bereich weiter, was sind ihre Wünsche?

Rau:

Der Rückzug des Frauenteams hatte verschiedene Gründe, auch privater Natur. Die Männer sind in der letzten Saison aus der Bezirks- in die Landesliga aufgestiegen. Ich habe volles Vertrauen in unseren Spartenleiter Lars Thiemann, dass er die Dinge wieder ins Rollen bringt.

Wie sind Sie mit der Entwicklung des Scharpenmoorzentrums zufrieden? Was kann noch besser werden? Sind weitere bauliche Änderungen geplant?

Rau:

Ich weiß noch, wie ich Anfang 2000 die Pläne für die Tennishalle gesehen habe. Hut ab, was daraus geworden ist. Das ist wirklich top und ein ganz großer Wurf für Norderstedt. Die Fläche ist sehr vielfältig nutzbar, die Turner sind untergebracht. Und im Kampfsportbereich wird auch eine ganze Menge getan. Momentan sind keine weiteren Baumaßnahmen geplant.

Beim 1. SC Norderstedt werden viele Trendsportarten angeboten. Wie ist die Resonanz?

Rau:

Sehr groß, sowohl im Trendsportbereich als auch im Gesundheitssport. Dass wir beide Bereiche ausgebaut haben, war richtig.

Wie sieht die Zukunft des 1. SC Norderstedt aus? Worauf legt der Verein sein Hauptaugenmerk?

Rau:

Wir wollen weiterhin breit aufgestellt sein. Jeder kann bei uns mitmachen. Wer um 19 Uhr zum Sport kommt, soll um 22 Uhr zufrieden nach Hause gehen. In den leistungsorientierten Bereichen wie beispielsweise Jazz- und Turniertanzen, Kegeln oder Basketball wollen wir unsere bestehenden Angebote weiterführen und auf Erfolgskurs bleiben.

Sie sind Anwalt in Norderstedt und beruflich stark eingespannt. Wann und warum haben Sie sich entschieden, das Amt des Vorsitzenden zu übernehmen?

Rau:

Ich habe aus Verbundenheit zum Verein entschieden, mich für diesen Posten zur Verfügung zu stellen. Da ich selbstständig bin, bin ich relativ flexibel. Den Vorsitz mache ich erst einmal für zwei Jahre, dann sehen wir weiter. Ich halte es für wichtig, dass das Ehrenamt erhalten bleibt. Sport ist eine wichtige Sache. Mir persönlich hat er unter anderem in Sachen Leistungsbereitschaft und Durchsetzungskraft sehr geholfen. Ich möchte jetzt etwas zurückgeben.