Der nach 19 Minuten eingewechselte Stürmer erzielt beim 2:2 gegen den BV Cloppenburg beide Tore für Regionalliga-Aufsteiger Eintracht Norderstedt.

Norderstedt. Eine halbe Stunde nach dem Abpfiff suchte Jan Lüneburg die Ruhe nach dem Sturm. Allein saß der Angreifer von Fußball-Regionalligist Eintracht Norderstedt auf der Tribüne, tippte abwechselnd auf seinem Handy und blickte dann wieder in das mittlerweile fast menschenleere Edmund-Plambeck-Stadion. Lüneburg wird sich zurückerinnert haben an einen Nachmittag, den er so prägen konnte, wie er es sich bei seinem Wechsel im Sommer mit Sicherheit vorgestellt hatte. Das 2:2 (1:2) des Aufsteigers gegen den BV Cloppenburg verdeutlichte aber nicht nur ihm, was es heißt, Glück im Unglück zu haben.

Zunächst hatte sich der Verein von der Ochsenzoller Straße schick gemacht. Im Eingangsbereich stand ein Tisch mit der neuen Fankollektion - Trikots, Schals, Tassen, Teller - für die insgesamt 435 Zuschauer. Und tatsächlich waren später auf der Haupttribüne diverse Besucher zu sehen, die Flagge zeigten für "ihre" Eintracht. Dazu war auch die neue Stadionzeitung "Liga live" rechtzeitig fertig geworden. In seinem Grußwort sprach der Clubvorsitzende Reenald Koch seine Hoffnung aus, dass die Mannschaft mithalten könne und wünschte "90 Minuten Spaß und Spannung".

Das Vergnügen kam anfangs aus Garstedter Sicht zu kurz. Die Spieler kannten dieses Gefühl von ihrer Auftaktniederlage in Havelse. "Drei Situation hintereinander" seien es gewesen, die das 0:1 zur Folge hatten, sagte Trainer Thomas Seeliger später. Ausgangspunkt war ein Ballverlust auf der linken Abwehrseite, dann wurde die Flanke nicht verhindert, schließlich stahl sich der routinierte Cloppenburger Angreifer Andreas Gerdes-Wurpts im Rücken des unerfahrenen Norderstedter Rechtsverteidigers Clifford Aniteye davon und traf mit einer Direktabnahme in die untere rechte Ecke.

Jirdjanik Ghazaryan zieht sich früh eine Knieverletzung zu

Nach dem Rückstand mehrten sich zunächst Fehlpässe im Zentrum; die robusten Gäste machten sich dazu mit Fouls bemerkbar. So lag Björn Nadler schon in der ersten Viertelstunde viermal am Boden. Schlimmer erwischte es in der 19. Minute allerdings Jirdjanik Ghazaryan: Nach einem Zusammenprall - dieser war deutlich zu hören - krümmte sich der Armenier am Boden, seine Teamkollegen winkten sofort Physiotherapeut Torben Petersen-Lund herbei. Das Eisspray linderte den Schmerz kaum, Ghazaryan konnte nicht einmal mehr auftreten und musste letztlich mit einer Trage vom Feld transportiert werden. Später wurde die Befürchtung laut, es könne sich um eine schwerwiegende Knieverletzung handeln. Genaueren Aufschluss soll eine MRT-Untersuchung bringen.

Für Jan Lüneburg hatte das unbequeme Warten auf der Reservebank hingegen nun ein Ende. Coach Seeliger hatte sich im Vorfeld noch gegen den 22-Jährigen entschieden und Jürgen Tunjic als einzige Spitze nominiert. Im Mittelfeld musste er Philipp Koch (grippaler Infekt) ersetzen. "Ich wollte Ghazaryan und Steffen Heinemann auf der Sechser-Position. Daher war nur Platz für einen Stürmer", so der Eintracht-Trainer.

Doch nun war er gezwungen, erneut zu rochieren. Jürgen Tunjic rückte überraschend in das defensive Mittelfeld. Lüneburg übernahm den Angriff und benötigte nur wenige Minuten zur Eingewöhnung. Clifford Aniteye hatte auf Rechtsaußen Yayar Kunath in Szene gesetzt, dieser flankte genau auf den rechten Fuß von Lüneburg, der volley traf - zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte bejubelte Eintracht Norderstedt ein Regionalligator (31.).

Doch als es in die Pause ging, musste die Mannschaft erneut einem Rückstand hinterherlaufen. Aniteye hatte reflexartig den Arm im eigenen Strafraum ausgefahren, erwischte damit den Ball. Die Proteste über den Handelfmeter hielten sich in Grenzen, Kristian Westerveld verwandelte souverän (45.+4).

Der Ausgleichstreffer fällt kurz nach der Halbzeitpause

Der vermeintliche psychologische Tiefschlag war nach genau 15 Minuten verarbeitet. Dann startete die zweite Halbzeit, die Eintracht griff erneut über rechts an. Diesmal flankte Björn Nadler, Jan Lüneburg schraubte sich in die Luft und köpfte in den rechten Winkel (46.).

Was folgte, waren klar verteilte Rollen: Norderstedt attackierte, suchte die Abschlüsse, während Cloppenburg brandgefährlich konterte. Linus Meyer kam dem Heimsieg am nächsten, doch sein abgefälschter Distanzschuss landete nur an der Latte (77.).

Auf der Gegenseite retteten die Garstedter Innenverteidiger Marin Mandic und Mike Eglseder wiederholt mit teils waghalsigen Grätschen im eigenen Strafraum. "Das war harte Arbeit, aber so ist die Regionalliga eben. Cloppenburg kam immer mit hohem Tempo, aber Marin und ich sind schnell genug", sagte Eglseder.

Beide Seiten mussten sich mit dem gerechten 2:2 arrangieren. So auch Jan Lüneburg. "Gegen eine Spitzenmannschaft hätten wir fünf oder sechs Tore bekommen. Offensiv hatten wir viele Chancen, aber wir müssen die individuellen Fehler abstellen." Zum Abschluss bekam der Doppeltorschütze von seinem Trainer sogar den erhofften Startelf-Einsatz für die Auswärtspartie beim VfL Wolfsburg II in Aussicht gestellt. "Ich gehe davon aus. Jan ist auf einem guten Weg", sagte Thomas Seeliger.

Tore: 0:1 Gerdes-Wurpts (6.), 1:1 Lüneburg (31.), 1:2 Westerveld (45.+4/Handelfmeter), 2:2 Lüneburg (46.). Eintracht Norderstedt: Höcker - Aniteye, Eglseder, Mandic, Kummerfeld - Ghazaryan (19. Lüneburg), Heinemann - Kunath, Nadler, Meyer (89. Rose) - Tunjic.