Die Fußballer des SV Henstedt-Ulzburg peilen den direkten Wiederaufstieg in die Schleswig-Holstein-Liga an.

Henstedt-Ulzburg. Die Spielzeit 2012/2013 bescherte der Fußballabteilung des SV Henstedt-Ulzburg mehrere sportliche Tiefschläge. Zunächst stiegen das Schleswig-Holstein-Liga-Team und die Verbandsliga-Mannschaft ab. Und dann erwischt es auch noch die U19-Crew von Trainer Tobias Homp, das im entscheidenden Match um den Klassenerhalt in der Schleswig-Holstein-Liga nicht über ein 3:3 gegen die SG Trave 06 hinauskam.

Jens Martens, 57, Coach der ersten Mannschaft und sportlicher Leiter des Bereichs Leistungsfußball, spricht im Interview mit dem Hamburger Abendblatt über die Gründe und Konsequenzen des Mehrfachabstiegs, sieht in der aktuellen Situation aber auch eine Chance für die Zukunft.

Hamburger Abendblatt: Herr Martens, was sind die Gründe für den sportlichen Misserfolg Ihrer Mannschaft?

Jens Martens: Wir mussten mit geringen finanziellen Mitteln und vielen jungen Spielern ein schlagkräftiges Team auf die Beine stellen. Wenn man die letzten erfolgreichen Begegnungen sieht, hätte das Potenzial - wenn auch mit Unterstützung der Routiniers Tobias Homp und Benjamin Hermberg sowie meines Sohnes Jannick - sogar für den Klassenerhalt gereicht. Doch was in der abgelaufenen Saison passiert ist, war unglaublich; so etwas habe ich in 25 Jahren Trainertätigkeit noch nicht erlebt. Ich konnte in 32 Partien nicht ein einziges Mal die Anfangsformation aus dem vorangegangenen Spiel aufstellen. Außerdem haben wir sieben verschiedene Torhüter eingesetzt.

Die Abwanderungswelle im Sommer 2012 hat die sportliche Ausgangssituation ja auch nicht unbedingt verbessert...

Martens: Das stimmt. Wir mussten acht Stammspieler mit Schleswig-Holstein-Liga-Niveau abgeben. Einziger erfahrener Neuzugang war Nils Niedermeyer. Dazu kamen noch acht Kicker aus dem Schleswig-Holstein-Liga-Team der A-Junioren. Trotzdem haben wir kaum schlechter abgeschnitten als in der Serie 2011/2012. Damals stand der Klassenerhalt erst am letzten Spieltag fest.

Was hätten Sie rückblickend anders machen müssen?

Martens: Vor jedem Match wäge ich nach vielen Vorüberlegungen Taktik und Aufstellung ab. Hinterher habe ich dann manchmal auch gewusst, dass es anders besser gewesen wäre.

Ist das Ihr erster Abstieg als Trainer?

Martens: Nein, 1995 musste ich mit Holstein Kiel aus der Regional- in die Oberliga runter. Damals habe ich mein Amt allerdings erst angetreten, als nichts mehr zu retten war. Fakt ist: Nach den vielen Erfolgen mit dem SV Henstedt-Ulzburg waren die letzten Tage deshalb auch sehr schwer zu verdauen. Deshalb habe ich mich mit unserem Manager Oliver Wegmann zuletzt einige Male bis spät in die Nacht zusammengesetzt, damit wir sofort wieder aufstehen und unseren Schützlingen die deutlich anzumerkende Verunsicherung nehmen können.

Besteht jetzt nicht die Gefahr des weiteren personellen Aderlasses?

Martens: Natürlich. Besonders die Vereine aus der Nachbarschaft, die in der kommenden Saison mit uns auf der gleichen sportlichen Ebene agieren, haben die Fühler nach unseren Akteuren ausgestreckt. Aber wir haben gerade mit Nils Hagen-Schmidt die 19. Kraft für unseren neuen Kader aus der eigenen U23 rekrutiert. Weitere Gespräche mit Spielern aus diesem Team laufen bereits. Niclas Bessert und Kolja Tirums müssen ihre Verletzungen noch auskurieren, bei Florian Geertz und Felix Schultz ist die Lage offen.

Aber alle Leistungsträger bleiben?

Martens: Ja. Hilfreich war dabei, dass wir vor der Saison 2012/2013 einen Großteil des Teams mit Zweijahresvereinbarungen an den Verein gebunden haben. Führungspersönlichkeiten wie André Zick, Sascha Schwarzwald, Pierre Hallé und Benjamin Hermberg haben sich nach dem Abstieg sofort selbst in die Verantwortung genommen, ebenso wie unser komplettes Umfeld. Das zeugt von Charakter.

Viele gute Spieler des SV Henstedt-Ulzburg haben bei anderen Clubs Karriere gemacht. Empfinden Sie darüber mehr Stolz oder Wehmut?

Martens: Da wir finanziell nicht so gut dastehen, müssen wir uns als Ausbildungsverein etablieren. Die positive Entwicklung der Jungs, die den guten Rahmenbedingungen des gesamten Vereins zu verdanken ist, macht mich schon stolz. Wenn ich aber sehe, dass wir 22 inzwischen gestandene Ober- und Regionalligaspieler verloren haben, dann stimmt mich das auch traurig.

Sollte die in der Saison 2012/2013 noch öffentlich propagierte Mission Regionalliga jetzt nicht gegen das Projekt sofortiger Wiederaufstieg ersetzt werden?

Martens: Sicherlich wird uns der Abstieg in unseren Planungen um mindestens ein Jahr zurückwerfen. Jetzt geht es erst mal nur um den Wiederaufstieg in die Schleswig-Holstein-Liga.

Was erwarten Sie von der Verbandsliga-Runde? Welche Vereine gilt es im Kampf um die Meisterschaft zu beachten?

Martens: So weit gehen meine Überlegungen noch nicht. Wir werden jetzt zunächst die Analyse des zurückliegenden Jahres abschließen. Anfang Juli steigen wir dann in die Vorbereitung ein.

Ist der Abstieg nicht auch als Chance zu sehen, die jungen Aktiven mit Erfolgserlebnissen in einer tieferen Klasse an den Herrenbereich heranzuführen?

Martens: Die letzten beiden Jahre mit permanentem Abstiegskampf waren sehr stressig. Jetzt haben wir es etwas einfacher, den Aufbau der jungen Leute voranzutreiben. Wir werden nach der Sommerpause mehr Spaß und Freude erleben. Und das können alle Beteiligten auch gut gebrauchen...