Der Segeberger Ruderclub ist seit vielen Jahren Heimat der Wassersportler. Auch sportlich hat er eine Menge zu bieten.

Bad Segeberg. Ohne Rudern ging früher gar nichts. Odysseus konnte zu Zeiten der Antike auf kräftige Ruderer nicht verzichten, um seine Odyssee zu erleben, Leif Eriksson brauchte ebenfalls erfahrene Ruderer, um im 11. Jahrhundert nach Grönland zu gelangen, und Venedigs Reichtum im Mittelalter wäre ohne leistungsfähige Ruderer auf den Galeeren der Lagunenstadt undenkbar gewesen. Erst mit dem Aufkommen leistungsfähiger Segelschiffe und der Dampfschifffahrt wurde Rudern militärisch und wirtschaftlich unwichtig. Dafür wurde das Rudern nun zum beliebten Sport.

1715, als Fregatten die Weltmeere überquerten, schrieb der Engländer Thomas Doggett den ersten Ruderwettkampf der Neuzeit aus. Die erste Regatta auf der Themse startete 1775. Es war das so genannte "Doggett's Coat and Badge Race". Die bekannteste Regatta auf der Themse wurde und ist immer noch der Wettkampf der Ruder-Achter der beiden Universitäten von Oxford und Cambridge - das weltbekannte "Boat Race", das im Jahr 1829 zum ersten Mal veranstaltet wurde und heute noch die Menschen elektrisiert.

Drei Jahre vorher, 1826, kam der Rudersport auch nach Bad Segeberg. Die Stadt am See war ein idealer Ausgangspunkt für den immer populärer werdenden Rudersport. Und bis heute ist der Verein bei den Segebergern beliebt - und auch sportlich erfolgreich.

Ulrike Muths ganze Familie wirkt mittlerweile in dem Verein mit

Ulrike Muth ist seit 15 Jahren im Verein, seit elf Jahren im Vorstand und seit acht Jahren Vorsitzende des Vereins. "Ich habe nach wie vor Spaß an der Arbeit in diesem Verein", sagt die 57-Jährige. Das liege auch daran, dass ihre ganze Familie in dem Verein mitwirkt.

Rudern, so sagt Muth, sei ein Sport, den sich so ziemlich jeder leisten könne. "Bei uns muss keiner sein eigenes Boot mitbringen. Wir haben normalerweise genügend Vereinsboote, damit alle Ruderer auf ihre Kosten kommen", sagt sie. Etwa 40 Boote werden in dem Lagerraum des Vereins aufbewahrt und gepflegt, einige kommen aber dennoch mit einem eigenen Boot. Die sind nicht immer günstig. "Ein Rennboot, wie sie bei den Sportregatten zum Einsatz kommen, die kosten schnell 15.000 Euro pro Stück - gebraucht", sagt Muth. Nach oben gebe es kaum eine Kostengrenze. Daher ist der Verein froh, dass es immer wieder Sponsoren und Stiftungen gibt, die helfen, neue Boote für die 98 Vereinsmitglieder zu erwerben.

Die Kinder und Jugendlichen trainieren nach einem Stundenplan

Etwa zwei Drittel der Vereinsmitglieder sind Erwachsene, das andere Drittel sind Kinder ab elf Jahren. "Vorher dürfen Kinder bei uns aus Sicherheitsgründen nicht mitmachen. Aber unabhängig vom Alter ist für uns wichtig, dass eine ausreichende mentale Reife da ist, dass die Kinder Anweisungen problemlos befolgen können", sagt Muth. Die Kinder und Jugendlichen trainieren dann nach einem Stundenplan. Wer Ehrgeiz entwickelt und ausreichend Talent hat, der kann sein Training intensivieren. So wie Timm Kraus. Der 18-Jährige trainiert täglich. Im Sommer im Ruderboot und im Trainingsraum des Vereins, im Winter wird vor allem das Ergometer benutzt. "Das Training auf dem Wasser macht mir deutlich mehr Spaß", sagt der Leistungssportler, der ein wenig der Stolz des Vereins ist. Bei den Deutschen Meisterschaften im Doppel-Zweier errang er mit seinem Leipziger Ruderkollegen den dritten Platz. Bei der U23-Meisterschaft belegte er den neunten Platz. Der Bundestrainer hat ihn auf dem Merkzettel.

"Ich hoffe ja, dass ich einmal zu den Olympischen Spielen reisen werde. Olympia ist mein großes Ziel", sagt Kraus. Seine Hoffnungen sind nicht unberechtigt, obgleich er erst recht spät mit dem Rudern angefangen hat. "Ich war 13, als ich mit dem Rudersport angefangen habe. Die Konkurrenz war mir immer einige Jahre voraus im Training und damit auch in den Leistungen", sagt der 18-Jährige. Das habe auch mit der Sportlerausbildung zu tun. Die Sportinternate, wie sie im Osten der Bundesrepublik etwa vorhanden sind, böten ideale Bedingungen. Die Frage sei aber, welchen Preis man dafür zahlen wolle, um in ein solches Internat zu wechseln. Der Kontakt zu Familie sei nicht mehr in der Art vorhanden, auch von Freunden müsste man sich zwangsläufig trennen. Dass es aber auch ohne Sportinternat und mit eisernem Willen geht, hat Kraus für sich herausgefunden. Er ist zufrieden mit dem Nebeneinander von Schule, Familie und Training in Bad Segeberg. "Zuletzt habe ich den Abstand zu der Konkurrenz auch deutlich verringern können", sagt er.

Jetzt konzentrieren sich Kraus, Muth und die anderen Vereinsmitglieder aber auf die bevorstehende Regatta. Seit Monaten wurde an dem Rennen der Ruderer geplant. Einladungen wurden verschickt, die registrierten Teilnehmer in das Computersystem eingegeben, in Klassen eingestuft und ein funktionierender Zeitablauf für die 500-Meter-, 1000-Meter- und 3000-Meter-Rennen erarbeitet. "Wir müssen so eine Regatta akribisch vorbereiten. Daher sind wir sind schon ganz gespannt, wie es dieses Jahr wird", sagt Muth. Die Regatta, die der Verein veranstaltet, ist eine der größten im Norden. Am 9. und 10. Juni werden fast 1000 Boote mit ihren Ruderern erwartet, um gegeneinander im sportlichen Wettstreit anzutreten. Sechs Bahnen hat der Verein vorbereitet, wo die verschiedenen Ruderklassen gegen die Zeit ankämpfen werden. "Wir werden in diesem Jahr auch wieder viele Dänen als Gäste begrüßen können. Es ist schön, dass Ruderer aus ganz Nordeuropa zu uns kommen", sagt Muth. Denn trotz des Wettstreits pflege man die Freundschaften zwischen den Vereinen.

Christel Langbehn ist 80 und rudert immer noch regelmäßig auf dem See

Dass alles reibungslos funktionieren werde, davon geht Muth aus. Eines kann aber immer einen Strich durch die Rechnung machen und jede noch so gute Planung über Bord werfen: das Wetter. "Wir sind natürlich wetterabhängig, aber wir fahren in den Ruderbooten eigentlich auch bei stärkerem Seegang. Erst wenn die Wellen Schaum schlagen, müssen wir abbrechen. Die Boote können dann ihre Bahnen nicht halten", sagt sie. Und wenn mal ein Boot kentert? Die Vereinsvorsitzende lächelt. Dafür habe der Verein vorgesorgt. "Wir haben eine Vielzahl von Booten von der DLRG und anderen Unterstützern der Regatta vor Ort, die von geschultem Personal für Rettungsaktionen eingesetzt werden können", sagt Muth. Es werde schon alles klappen. So wie in den vergangenen Jahren auch.

Nach der Regatta heißt es dann wieder: Neulinge aufnehmen, sie schulen und für das Rudern begeistern. Die Vereinschefin ist sich sicher, dass der Ruderclub auch in diesem Jahr wieder neue Mitglieder in seinen Reihen begrüßen wird. Rudern bringe nämlich Spaß - ein Leben lang. "Der beste Beweis ist Christel Langbehn. Sie ist seit 30 Jahren im Verein und fast 80 Jahre alt. Und die rudert immer noch regelmäßig bei uns auf dem See", sagt Muth. Rudern hält eben jung.

Nächsten Montag stellen wir den Kulturverein Malimu vor. Alle Folgen finden Sie im Internet. abendblatt.de/themen/meinvereinnorderstedt/