Oberliga-Fußballer Steven Lindener könnte zum zweiten Mal nach 2012 Deutscher Futsal-Meister werden, darf im Endspiel aber wohl nicht mitmischen.

Hamburg. Wiederholt geht der Blick von Steven Lindener während des zweiten Durchgangs zur Bank der Hamburg Panthers. "Kannst du noch?", fragen ihn Teamkollegen und Betreuer der Futsal-Mannschaft. Lindener, der fast pausenlos auf dem Parkett steht, nickt bloß. Es sind die entscheidenden Momente im Halbfinale der Deutschen Meisterschaft - genannt DFB-Futsal-Cup - zwischen dem Titelverteidiger und Herausforderer Bayer Uerdingen. Schwäche darf nun niemand mehr zeigen, sonst ist der erneute Einzug ins Endspiel in Gefahr.

Zwei Tage zuvor stand Steven Lindener noch vor einem anderen Problem. Schließlich gehört der Linksfuß zum Stammpersonal von Fußball-Oberligist Eintracht Norderstedt. Dessen Trainer Thomas Seeliger war hin- und hergerissen, ob er seinem Spieler die Erlaubnis für den Einsatz in der Sporthalle Wandsbek geben sollte. Zum einen schmückt es den Verein, wenn dieser einen der besten Futsal-Kicker Deutschlands stellt. Andererseits erwartet die Garstedter - sobald die Plätze wieder schneefrei sind - ein anstrengendes Programm mit zahlreichen Partien an Wochentagen und vielleicht sogar die Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord.

Seeliger entschied sich nach Gesprächen mit den Verantwortlichen der Hamburger Mannschaft sowie mit dem Eintracht-Vorsitzenden Reenald Koch für den Mittelweg. "Das war aber definitiv das letzte Mal, dass Steven für die Panthers spielen durfte", sagte er.

Diesmal allerdings konnte Lindener noch einmal in den Hallen-Modus umschalten. Die Motivation von ihm und den weiteren Panthers-Akteuren - allesamt überdurchschnittliche Fußballer aus der Ober- und Landesliga - ist hoch. Schließlich bietet ihnen nur der Futsal die Chance auf nationalen Ruhm und darüber hinaus sogar Matches auf europäischer Ebene.

Mit dem gern belächelten Budenzauber-Flair anderer Indoor-Veranstaltungen - Bier, Bockwurst und Ballermann-Hits - hat dies nichts mehr zu tun. Der amtierende Deutsche Meister trainiert mindestens einmal wöchentlich, die Panthers üben dabei Spielvarianten und sind ein eingeschworenes Team. Kopf der Mannschaft ist der frühere Norderstedter Onur Ulusoy; mit Rafael Monteiro gehört ein weiterer Ex-Garstedter zum Kader.

Im Duell mit Bayer Uerdingen sind die Hamburger auf Anhieb so dominant, wie man es von Deutschlands Nummer eins erwarten darf. Vor 200 Zuschauern trifft Steven Lindener zum 1:0 und bereitet kurz darauf das 2:0 durch Monteiro vor. Bis zur Pause steht es sogar 4:0, weil wiederum Monteiro sowie Ulusoy mit Strafstößen erfolgreich sind. Die Führung schmeichelt den Gästen, die gegen die Panthers völlig überfordert zu sein scheinen.

Zur Halbzeit stellt sich reihum die Frage: Welcher taktische Kniff könnte die Wende herbeiführen? Uerdingen reagiert mutig auf den klaren Rückstand und startet die zweiten 20 Minuten ohne festen Keeper, dafür aber mit fünf Feldspielern. Lindener & Co. sind jetzt dauerhaft in der Defensive, es entwickelt sich eine Nervenschlacht. Wiederholt verfehlt der Deutsche Meister mit Schüssen aus der eigenen Hälfte das verwaiste gegnerische Tor. Dafür findet Bayer Lücken in der Verteidigung und verkürzt fünf Minuten vor dem Abpfiff tatsächlich auf 3:4.

"Wir haben nicht erwartet, dass Uerdingen so früh den Torwart herausnimmt. Sie haben das dann gut gemacht", sagte Steven Lindener später, "aber wir kennen solche Situationen und werden nicht nervös."

Als Rafael Monteiro einen Sololauf mit dem 5:3 abschließt, stürmen alle Panther bereits wild durcheinander, obwohl noch eine Minute zu absolvieren ist. Die Euphorie wird ein letztes Mal gedämpft, denn Uerdingen trifft 20 Sekunden vor dem Abpfiff zum 4:5. Dabei bleibt es allerdings: Die Hamburger stehen zum zweiten Mal nach 2012 im Finale der Futsal-Meisterschaft und empfangen wiederum in der Sporthalle Wandsbek am Sonnabend, 6. April (19 Uhr), den UFC Münster.

Nun bleibt nur noch zu klären, ob Steven Lindener seinen Coach vielleicht doch erweichen kann. "Es wäre schade, wenn ich nicht dabei sein könnte. Ich werde versuchen, mit ihm zu sprechen, aber so wie es sich angehört hat, werde ich wohl nicht mitspielen dürfen", sagte er ein wenig resigniert.