Die Zweitliga-Handballer feiern verdienten 25:23-Heimsieg gegen SG BBM Bietigheim und rücken auf den 13. Tabellenplatz vor.

Henstedt-Ulzburg. Wenn es im Handball Spitz auf Knopf steht, wenn der Erfolg des eigenen Teams am seidenen Faden hängt, dann findet das Match nicht mehr nur auf dem Feld statt, dann wird auch an der Seitenlinie gekämpft. Bestes Beispiel ist Nico Kibat rund fünf Minuten vor dem Ende des Heimspiels der Zweitliga-Handballer des SV Henstedt-Ulzburg gegen seinen Ex-Club SG BBM Bietigheim.

Aufsteiger und Underdog SVHU ist gegen den Tabellensechsten aus Schwaben mit 22:21in Führung gegangen und hat einen Angriff der Gäste abgefangen. Spielmacher und Abwehr-Mittelblocker Kibat stürmt zur Auswechselbank, macht in der Offensive Platz für Rasmus Gersch, der in dieser entscheidenden Phase am frischesten ist und mit Neuzugang Kevin Wendlandt sowie Linkshänder Maik Makowka im Rückraum wirbeln soll.

Keine Zeit für lange Worte. "Dein Tor. Selbstvertrauen. Auf!", ruft Kibat seinem Teamkameraden zu, um sich dann dem Publikum in der Halle Maurepasstraße zuzuwenden. Mit beiden Armen winkend beschwört er die rund 600 Fans, die Mannschaft noch lauter zu unterstützen.

Die Botschaft kommt an. Trommler und Publikum sorgen für ohrenbetäubenden Lärm. Im Angriff halten sich die Akteure nicht ganz an Kibats Anweisung. Es ist Kevin Wendlandt, der mit einer Einzelaktion und kurz darauf in Zeitnot per Freiwurf die SVHU-Führung auf 24:21 ausbaut.

Doch die Spannung lässt nicht nach. Durch einen Siebenmeter sowie einen Angriff über die Rechtsaußenposition verkürzt Bietigheim binnen 60 Sekunden auf 23:24. Kevin Wendlandt bleibt unbeeindruckt. Aus dem linken Rückraum zieht der 1,97 Meter große Rechtshänder fast ansatzlos ab, Gästekeeper Milos Hacko ist ohne Chance. 25:23 für den SVHU, und es sind nur noch 90 Sekunden zu spielen.

Diese eineinhalb Minuten werden zum Meisterstück der hervorragend eingestellten Abwehr des Teams von Coach Tobias Skerka. Nun nicht mehr im aggressiv agierenden 6:0-Verbund, sondern mit Tim-Philip Jurgeleit als vorgezogenem Verteidiger, der die Kreise von Bietigheims wichtigstem Rückraumakteur Robin Haller einschränkt, lassen die Hausherren keinen Treffer der Gäste mehr zu. Zwei gegnerische Würfe landen im Block, Haller zielt am Tor vorbei. Und kurz vor Schluss krönt SVHU-Keeper Jan Peveling eine gute Leistung mit seiner 14. Parade - Jubel auf der Zuschauertribüne.

Ihren letzten Ballbesitz gestalten die Hausherren überlegt, es wird bis zehn Sekunden vor dem Ende nicht voreilig abgeschlossen. Die Zeit läuft zwar mit einem Angriff der Gäste aus, doch auch dieser Wurf geht am Tor vorbei. Die Halle bebt, die SVHU-Spieler bilden einen Jubelkreis. Mit einem Schlag haben sich die Henstedt-Ulzburger aus dem Tabellenkeller auf den 13. Platz vorgearbeitet - nach den Siegen im Dezember 2012 über den HC Erlangen (9.) und die TSG Ludwigshafen-Friesenheim (8.) nun schon der dritte Favoritensturz in Folge. Der "Froschteich", wie die "Frogs" des SV Henstedt-Ulzburg ihre eigene Halle liebevoll nennen, wird immer mehr zum Haifischbecken der 2. Bundesliga.

Dabei hatte es zunächst nicht nach einem Heimerfolg ausgesehen. Zwar leistete die SVHU-Abwehr auch schon vor der Pause ganze Arbeit und ließ nur fünf Treffer aus dem Positionsangriff zu. "Aber wir haben in der Offensive zu träge agiert, fast schon Schlafwagen-Handball gezeigt", sagte Coach Tobias Skerka, "das hat in der zweiten Hälfte ganz anders ausgesehen. Da war mehr Stimmung im Team, mehr Feuer."

Und der Coach hatte das Glück, dass alle Trümpfe, die er brachte, auch stachen. Nachdem Lasse Kohnagel im rechten Rückraum sein Pulver verschossen hatte, war es Linkshänder Maik Makowka, der zwischen der 35. und 42. Minute mit drei Rückraumtreffern den Umschwung zu Gunsten der Hausherren einleitete.

Neuzugang Kevin Wendlandt erzielt in der Schlussphase drei wichtige Tore

Ähnlich lief's im linken Rückraum, als sich die Gästeabwehr auf Tim Völzke eingestellt hatte. Der noch an einer Erkältung laborierende Kevin Wendlandt ersetzte Völzke mit seinen drei Treffern in den letzten zehn Minuten bestens. "Es ist schön, dass ich nun personell eine große Bandbreite an Situationen abdecken kann", sagte Skerka, "diesen Vorteil wollen wir weiterhin nutzen."

Ob dies am kommenden Sonnabend beim Tabellenführer TV Emsdetten gelingen wird, sei dahingestellt. "Wir freuen uns bis dahin über Platz 13", sagte Nico Kibat, "und darüber, dass wir unser Lehrgeld in der Hinrunde nicht umsonst gezahlt haben. Wir machen jetzt viele Dinge besser."

Spielverlauf: 1:1, 4:1 (4.), 4:5 (9.), 6:6, 6:8 (23.), 8:10 (29.), 9:11 - 11:11, 11:12, 13:12 (35.), 13:14 (36.), 15:14 (41.), 15:15, 17:15 (43.), 17:17, 20:17 (48.), 21:18, 21:21 (52.), 24:21 (57.), 24:23 (58.), 25:23 (59.). Tore des SV Henstedt-Ulzburg: Maik Makowka und Tim-Philip Jurgeleit (je 4), Tim Völzke und Kevin Wendlandt (je 3), Nico Kibat, Lasse Kohnagel und Jan Wrage (je 2), Rasmus Gersch (2/davon 1 Siebenmeter), Stefan Pries, Lars-Uwe Lang und Julian Lauenroth (je 1). Tabelle: 1. TV Emsdetten (34:6 Punkte/547:475 Tore), 2. Bergischer HC (28:12/612:525), 3. ThSV Eisenach (26:14/549:516), ..., 6. SG BBM Bietigheim (23:17/565:537), ..., 11. HC Empor Rostock (18:22/546:562), 12. EHV Aue (18:24/603:613), 13. SV Henstedt-Ulzburg (16:24/545:579), 14. HG Saarlouis (16:24/549:596), 15. ASV Hamm-Westfalen (15:25/549:559), 16. Eintracht Hildesheim (15:25/494:514),17. HC DHfK Leipzig (14:24/471:524), 18. TuS Ferndorf (12:28/538:611), 19. SG Leutershausen (9:29/516:555).