Die Pläne für einen Club in Bad Segeberg mit minimal 3000 Mitgliedern orientieren sich am SV Henstedt-Ulzburg.

Bad Segeberg. Die Vision von Michael Noack ist kühn, in gewisser Weise radikal, aber auch sehr reizvoll. "Bildung eines Großsportvereins Segeberg/Rönnau" - mit diesem Ziel sind der Vorsitzende des SC Rönnau 74 und Funktionäre weiterer Vereine zu Jahresbeginn an die Öffentlichkeit getreten. Sie versuchen seitdem, die Neuordnung der regionalen Sportszene auf Kurs zu bringen.

Noack weiß, dass seine Vorstellung von einer Fusion vielen Aktiven äußerst unpopulär erscheinen mag. Für ihn ist es aber ausdrücklich "Irrsinn", dass aktuell in Bad Segeberg und Klein Rönnau 27 eingetragene Clubs um Mitglieder konkurrieren. Umgerechnet kommt auf jeweils 637 Einwohner ein Verein. Es gibt beispielsweise eigenständige Zusammenschlüsse von Tennisspielern, Keglern, Tauchern, Ruderern oder Aikido-Sportlern. "Im Vergleich zu anderen Ortschaften fallen wir eindeutig aus dem Rahmen. Es hat sich so entwickelt, dass jede Sportart ihren eigenen Verein hat - alle sind selbstständig", so Michael Noack.

Trotz der bestehenden strukturellen Zerfaserung gibt es allerdings seit einiger Zeit intensive Hintergrundgespräche. Seit 2010 trifft sich regelmäßig ein "Arbeitskreis Segeberger Sportvereine" (ASS) mit Vertretern der Stadt Bad Segeberg und des Kreissportverbandes. Zunächst ging es lediglich um die Koordinierung von Hallenzeiten oder etwa die Organisation der Sportlerehrung. Doch sukzessive kamen schwerwiegendere Punkte auf die Tagesordnung.

Michael Noack skizziert, wie anspruchsvoll und undankbar es heutzutage ist, einen Sportverein zu führen. "Der Personalmangel in ehrenamtlichen Vorständen ist ein gravierendes Problem. In Rönnau haben wir laut Satzung einen fünfköpfigen Vorstand. Dieser ist seit zehn Jahren aber nur mit drei Personen besetzt."

Dabei ist der Umfang der Aufgaben gewachsen, wie er weiter ausführt. "Die Anforderungen ans Ehrenamtliche übersteigen das Machbare. Ich schreibe Kassenberichte, mache den Haushaltsvorschlag, bereite Jahreshauptversammlungen vor, berichte für den Vorstand und bearbeite Bauunterlagen. Dass man dann irgendwann Fehler macht, ist programmiert."

Die Gründe für das zurückgehende Engagement sind vielfältig. Noack: "Die Art, wie Menschen mit ihrem Sportverein umgehen, hat sich gewaltig geändert. Früher ist man mit zehn Jahren eingetreten und ein Leben lang im Club geblieben, heute wird nach Lust und Laune gewechselt." So würde sein SC Rönnau 74 jährlich 250 Ein- und Austritte verzeichnen; das sind rund 15 Prozent der Gesamtmitglieder.

Um dieser Entwicklung entgegenwirken zu können, soll ein Großsportverein mit hauptamtlicher Geschäftsführung und mit professioneller Außendarstellung zu einer attraktiven Marke wachsen, wie es dem SV Henstedt-Ulzburg seit 2009 gelungen ist. Der SVHU hat knapp 5500 Mitglieder - in Schleswig-Holstein ist nur der Kieler MTV (6235) größer. Zum Vergleich: Die potenziellen Kandidaten für das Segeberger Fusionsprojekt kämen zusammen auf mehr als 5600 Mitglieder.

Noch ist das Vorhaben aber in der Anfangsphase. Am Donnerstag, 31. Januar (19 Uhr), wird es zum ersten Mal eine öffentliche Informationsveranstaltung im Bürgersaal des Segeberger Rathauses (Lübecker Straße 9) geben. Im Frühjahr sollen die Mitglieder von voraussichtlich sechs Vereinen (SC Rönnau 74, Eintracht Segeberg, MTV Segeberg, Segeberger Ruderclub, Verein Segeberger Kegler, Tennisclub Bad Segeberg) ihren Vorständen auf den turnusmäßigen Hauptversammlungen grünes Licht geben, um die Fusion voranzubringen. Als absolute Untergrenze gilt die Zahl von 3000 Mitgliedern - folglich müssten Eintracht, der MTV und Rönnau definitiv zustimmen.

Der nächste Schritt wäre die Einrichtung von Arbeitsgruppen für sportliche sowie steuer- und vereinsrechtliche Aspekte - so verfuhren auch die Henstedt-Ulzburger. Die endgültigen Beschlüsse sollen im Spätherbst erfolgen, ab 1. Januar 2014 könnte der neue Verein seinen Betrieb aufnehmen.

Das ist ambitioniert. Doch wie Michael Noack erklärt, ist der Zeitdruck gewollt. Hilfe könnte zudem vom Landessportverband kommen. Dessen Präsident Ekkehard Wienholtz begrüßt den Plan. "Die Idee, zu kooperieren und zu fusionieren, ist vernünftig. Ehrenamtliche werden mit vielen Problemen konfrontiert - von der Aufnahme neuer Sportarten bis hin zu betriebswirtschaftlichen Fragen."

Die Möglichkeit von Zusammenschlüssen wird Vereinen seit Jahren auf Seminaren des LSV aufgezeigt. Zusätzlich bietet der Verband an, den Prozess aktiv zu begleiten. "Wenn die Segeberger Hilfe benötigen, dann bekommen sie die auch", so Wienholtz.

Er weiß allerdings aus Erfahrung, dass die Diskussionen zwischen Gegnern und Befürwortern einer Fusion jetzt erst losgehen werden. "Jeder der Vereine hat seine Tradition. Es wird emotionale Aussprachen geben, es muss eine Menge Überzeugungsarbeit geleistet werden."