Ex-Fußballprofi Jörn Schwinkendorf soll Eintracht Norderstedt II als Trainer vor dem Abstieg in die Kreisliga retten

Norderstedt. Das Weserstadion ist erhellt von gleißendem Flutlicht, das Geschrei von 28 000 Zuschauern dringt schon vor Anpfiff bis in den Spielertunnel. Werder Bremen und Fortuna Düsseldorf eröffnen an einem Freitagabend die Fußball-Bundesligasaison 1995/1996. Ab Minute 73 ist auch Jörn Schwinkendorf dabei, erlebt als Einwechselakteur des Aufsteigers aus dem Rheinland sein Debüt im Oberhaus und wird kurz darauf zum Punktgewinn beglückwünscht.

Auch am heutigen Freitag wird Schwinkendorf - damals 24, heute 41 Jahre alt - unter Flutlicht den Rasen betreten. Damit hören die Gemeinsamkeiten allerdings auf. Lediglich eine Handvoll Fans wird zuschauen, wenn die zweite Mannschaft von Eintracht Norderstedt in der Bezirksliga Nord auf Croatia Hamburg trifft (20 Uhr, Ochsenzoller Straße).

Während der neue Trainer der Garstedter Reserve früher regelmäßig von Tageszeitungen und Sportzeitschriften benotet wurde, im Fernsehen präsent und deutschlandweit ein bekannter Profi war, ist Schwinkendorf, den seine Teamkollegen einst nur "Langer" nannten, nun zurück an der Basis. "Ich will im Norden bleiben, sesshaft werden und nicht wie in den letzten 20 Jahren als Wandervogel unterwegs sein. Das reicht mir jetzt."

Der 1,97 Meter große Schwinkendorf ist schon immer aufgefallen. Wegen seiner Statur, aber eben auch wegen seiner Qualitäten. Die Scouts des Hamburger SV entdeckten ihn als A-Jugendlichen beim Nachwuchs des SV Friedrichsgabe. Der vermeintliche Karriereschub erwies sich allerdings als trügerisch, der Manndecker dachte um. "Der Fußball hat mir beim HSV einfach keinen Spaß mehr gebracht. Ich bin dann mit meinen Freunden Kay Steenbock und Sven Töllner zum 1. SC Norderstedt gegangen."

Wer Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre den hiesigen Fußball verfolgt hat, dem sind diese Namen mit Sicherheit ein Begriff. Genau wie beim heutigen Nachfolge-Klub Eintracht wurde schon damals ein enormer organisatorischer und finanzieller Aufwand betrieben. Die Ziele waren allerdings deutlich ambitionierter. "Beim SCN war alles sehr durchdacht, das Umfeld sehr professionell. Wir hatten die 2. Liga immer im Hinterkopf. Die Familie Plambeck mit Edmund und seiner Frau Anneliese waren unsere größten Fans."

Jörn Schwinkendorf, gelernter Kfz-Mechaniker, hatte das Glück, dass Trainer Michael Lorkowski von Beginn an auf ihn setzte. "Er war mein Förderer. Ich bin ihm in der A-Jugend aufgefallen, er hat mich bei den Erwachsenen von Beginn an in der Oberliga eingesetzt und ich war drei Jahre Stammspieler."

Als "Lorko" 1992 zum FC St. Pauli wechselte, erinnerte sich der Coach an den Abwehrrecken aus Garstedt. Schnell war der Vertrag besiegelt, und ebenso schnell wie an der Ochsenzoller Straße wurde Schwinkendorf auch am Hamburger Millerntor eine feste Größe. "Da ist mir aufgefallen: Klasse, ich kann mithalten!"

Die Feier zum Klassenerhalt war jedoch gleichermaßen sein Abschied. "Leider war St. Pauli finanziell am Abgrund, da haben sie mich für 300 000 Mark an den Wuppertaler SV verkauft." Über den Umweg 1. FC Saarbrücken bekam Jörn Schwinkendorf ein Angebot von Fortuna Düsseldorf und wurde 1995 zum Bundesliga-Fußballer. Dort traf er auf Trainer Aleksandar Ristic, zu Zeiten des legendären Ernst Happel dessen Assistent beim HSV.

Wenn Coach Aleksandar Ristic meckerte, war alles gut

"Ristic hatte eine Macke. Wenn er mit Spielern gemeckert hat, dann hatte er sie wenigstens noch auf der Rechnung. Sobald er nicht mehr mit ihnen geredet hat, konntest du absehen, dass sie nicht mehr aktuell waren."

In Düsseldorf hielt es ihn nur ein Jahr. Genau wie beim VfB Lübeck. Erst beim SC Freiburg unter Coach Volker Finke - 1990/1991 schon Schwinkendorfs Trainer beim SCN - wurde er glücklicher. "Da haben wir die 2. Liga gerockt und 1998 den direkten Wiederaufstieg geschafft." Im Breisgau kam er allerdings nur auf fünf Bundesliga-Einsätze - ein Kreuzbandriss setzte ihn außer Gefecht. Schwinkendorf zog weiter: Waldhof Mannheim, Cardiff City in Wales, der VfL Osnabrück, dann trudelte die Karriere aus.

Nach Stationen als Coach im Saarland und in Thüringen hat Jörn Schwinkendorf nun die Mission, Eintracht Norderstedt II aus der Abstiegszone zu befreien. Ab Januar wird es ernst: "An der Rückserie werde ich mich dann messen lassen."