Handballchef Olaf Knüppel zieht nach acht Zweitliga-Partien von Aufsteiger SV Henstedt-Ulzburg eine kritische Zwischenbilanz

Henstedt-Ulzburg. Die Rollen sind klar verteilt. Wenn die Zweitliga-Handballer des SV Henstedt-Ulzburg heute, 20 Uhr, in Solingen gegen den Bergischen HC antreten, ist das Schlusslicht (4:12 Punkte/216:242 Tore) beim Tabellenzweiten (14:2 Zähler/243:191 Treffer) krasser Außenseiter. Aktuelles Indiz für die Spielstärke der Nordrhein-Westfalen: Im DHB-Pokalwettbewerb unterlagen sie dem Erstligisten HSV-Handball nur knapp mit 28:32 (14:14).

Anders ist die Lage beim Aufsteiger SVHU. Das Team von Trainer Tobias Skerka hat bei der bitteren Auswärtsniederlage gegen den mittlerweile insolventen SV Post Schwerin sowie den Heimpleiten gegen die Mitaufsteiger SG Leutershausen und TuS Ferndorf viel vom Spielwitz und der Euphorie der ersten Wochen vermissen lassen. "In beiden Partien sind wir einiges schuldig geblieben", sagte Skerka, "deswegen wollen wir heute unbedingt Positives mit auf die Heimfahrt mitnehmen - wie auch immer das Match am Ende ausgeht."

Das Hamburger Abendblatt sprach mit SVHU-Handball-Abteilungsleiter Olaf Knüppel über das heutige Spiel, die Lage in der 2. Bundesliga und die Stimmung im Team.

Hamburger Abendblatt:

Herr Knüppel, was können Sie den mitreisenden Fans für die heutige Partie versprechen? Gibt es ein Wunder von Solingen?

Olaf Knüppel:

Ich verspreche, dass die Spieler alles geben werden. Allerdings wäre es vermessen, die Hoffnung auf einen Überraschungssieg zu schüren. In meinen Augen ist der Bergische HC das stärkste Team der 2. Bundesliga. Für uns ist es eminent wichtig, dass wir uns stark präsentieren und neues Selbstvertrauen für den kommenden Sonnabend aufbauen. Gegen die HG Saarlouis, die in der Tabelle drei Plätze vor uns steht, müssen wir in eigener Halle unbedingt gewinnen.

Sie haben in der vergangenen Woche eine Grundsatzrede vor der Mannschaft gehalten. Was hatten Sie den Spielern zu sagen?

Knüppel:

Ich habe gesagt, dass alle Beteiligten über ihr individuelles Verhältnis von Anspruch und Wirklichkeit nachdenken müssen; dass jeder seine Person hinterfragen soll, ob er wirklich alles gibt, um sich dem Wettbewerb in der 2. Bundesliga zu stellen. Es genügt ja nicht nur eine engagierte Trainingsarbeit. Die Frage ist doch, ob ich mich auch optimal ernähre oder auch, ob ich am Vortag eines Punktspiels wirklich bis nach Mitternacht auf eine Geburtstagsfeier gehen muss. Jetzt kommt es darauf an, dass wir unser fraglos vorhandenes Potenzial auch mental umzusetzen lernen, dass sich alle auf die Aufgabe Klassenerhalt in der 2. Bundesliga fokussieren.

Aber der SV Henstedt-Ulzburg hat doch einen Kader, der zur Hälfte aus Spielern mit Zweitliga-Erfahrung besteht. Und die sollten doch eigentlich wissen, wie in dieser Klasse gearbeitet wird...

Knüppel:

Ich spreche niemandem seine Leistungsbereitschaft ab und stehe auch voll und ganz hinter der guten Arbeit, die Coach Tobias Skerka und sein Trainerteam mit der Mannschaft leisten. Wir dürfen aber nicht verkennen, dass von unserem Kader nur zwei Akteure -nämlich Nico Kibat und Keeper Jan Peveling - schon in der eingleisigen 2. Bundesliga gespielt haben.

Ist das ein so großer Unterschied?

Knüppel:

Die jetzige 2. Bundesliga ist wesentlich stärker besetzt als beispielsweise die Nordstaffel der geteilten 2. Bundesliga vor zwei Jahren. Ich verweise nur darauf, dass in der dritten Runde des DHB-Pokals mit dem ThSV Eisenach, dem TV Emsdetten und dem VfL Bad Schwartau gleich drei unserer Ligakonkurrenten Teams aus dem Oberhaus besiegt haben. Nur mit permanent 100 Prozent Einsatz - und das nicht nur in den 60 Minuten des Punktspiels und in den Trainingseinheiten - können wir konkurrenzfähig sein.

Der SV Henstedt-Ulzburg hat das Team vor der Saison auf nur vier Positionen verstärkt. War das genug, wäre mehr gegangen?

Knüppel:

Der SVHU hat im Handball nicht die Lobby, um namhafte Spieler anzulocken. Allerdings hätten wir auch gar nicht das Geld für diese Hochkaräter gehabt. Um es mal ganz deutlich zu sagen: Die Gehaltsstruktur im Profibereich ist Schwachsinn. Ich sehe nicht ein, dass ein guter Bundesligaspieler mehr Geld verdient als beispielsweise ein Lufthansa-Pilot. Da stimmt etwas in der Wertigkeit nicht. Die Sponsoren zahlen hohe Summen, erhalten dafür aber nicht die von ihnen erhoffte öffentliche Aufmerksamkeit. Und wir als kleiner Verein müssen uns hinten anstellen und kleine Brötchen backen. Es gibt kaum eine Chance, um an vielversprechende Talente zu kommen.

Die aber sind für Sie der Weg zum Erfolg? Nicht etablierte Routiniers?

Knüppel:

Wir verstehen uns als Perspektivteam für Nachwuchshoffnungen aus der Region. Der aktuelle Kader spiegelt dieses Konzept deutlich wider. Allein Torhüter Jan Peveling stammt nicht aus Schleswig-Holstein. Allerdings stehen einige unserer Akteure kurz vor dem Ende ihrer Karriere, weil sie ihre Berufsausbildung beendet haben oder künftig andere Schwerpunkte setzen wollen. Wir werden uns deshalb in naher Zukunft trotz der für uns nicht optimalen Rahmenbedingungen um junge Spieler bemühen, die eine echte Perspektive haben.

Ziehen sie dennoch in Erwägung, angesichts der prekären Tabellensituation noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv zu werden?

Knüppel:

Wir werden unsere Augen nicht verschließen, wenn wir schon jetzt einen Spieler holen können, der langfristig zu uns passt. Aber es bleibt dabei: Wir gehören mit einem Budget von rund 650 000 Euros zu den drei billigsten Mannschaften der 2. Bundesliga.

Und wie sieht es mit finanzieller Unterstützung durch den Verein oder die Gemeinde aus?

Knüppel:

Wir haben das wirtschaftliche Risiko für den Leistungshandball komplett vom Hauptverein abgetrennt und werden finanziell weder vom SVHU noch von der Gemeinde Henstedt-Ulzburg unterstützt. Letzteres ist schade, denn in Süddeutschland dürfte man den Namen Henstedt-Ulzburg wohl allein durch den Handball kennen.

Die Halle im Schulzentrum Maurepasstraße fasst maximal 700 Zuschauer. Besteht noch Hoffnung auf eine Geldspritze durch Heimspiele vor größerer Kulisse in der Norderstedter Moorbekhalle?

Knüppel:

Da haben wir ungeachtet der stattfindenden Reparaturen auch Widerstände der lokalen Handballvereine zu überwinden. Das sind Eifersüchteleien, die ich so nicht nachvollziehen kann.

Und was ist, wenn der Klassenerhalt außer Reichweite geraten sollte?

Knüppel:

Wir haben immer gesagt, dass es eine höhere Wahrscheinlichkeit gibt, wieder abzusteigen, als die Klasse zu halten. Sollte der Weg zurück in die 3. Liga unvermeidbar sein, dann werden wir diesen sauber beschreiten und dann wieder von vorne anfangen. Aber vorher, das versichere ich, tun wir alles, um es nicht so weit kommen zu lassen.