SV Henstedt-Ulzburg feiert in der 2. Handball-Bundesliga mit 29:28 gegen Mitaufsteiger EHV Aue den ersten Sieg

Henstedt-Ulzburg. Für Tobias Skerka war es der perfekte Abschluss eines für ihn unvergesslichen Abends. Der 37 Jahre alte Trainer der Handballer des SV Henstedt-Ulzburg und Fan des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München saß entspannt vor dem Fernseher und verfolgte genüsslich die wichtigsten Szenen vom 2:0-Erfolg seines Lieblingsklubs beim SV Werder Bremen. Knapp zwei Stunden zuvor hatte er sich allerdings noch am Rande eines Herzinfarkts befunden.

Rückblende. Die Halle 2 des Schulzentrums Maurepasstraße gleicht einem Tollhaus. Florian Bitterlich erzielt in der Zweitliga-Heimpartie gegen den Mitaufsteiger EHV Aue nach 53 Minuten und 23 Sekunden das 28:23. Der Jubel ist ohrenbetäubend, die Mitglieder des SVHU-Fanklubs "Höllentrommler" malträtieren mit Hingabe ihre Lärminstrumente, der erste Sieg der Henstedt-Ulzburger in Deutschlands zweithöchster Klasse ist zum Greifen nah. Noch knapp sechs Minuten auf der Uhr und fünf Tore Vorsprung - das muss doch zu schaffen sein...

55:09. Aues Linksaußen Georg Rothenburger überwindet Torhüter Stephan Hampel, der seit Beginn der zweiten Halbzeit für Jan Peveling zwischen den Pfosten steht, zum 24:28.

56:02. Das Schiedsrichtergespann Markus Kropp/Sebastian Siebert aus Osnabrück schickt den Henstedt-Ulzburger Nico Kibat für zwei Minuten auf die Bank.

56:21. Rothenburger wird freigespielt und macht das 25:28.

57:27. Wieder Rothenburger - es steht 26:28 aus Sicht der Gäste, die Zuschauer werden ein wenig unruhig. Die SVHU-Spieler offenbar auch, in der Offensive gelingen ihnen kaum noch zwingende Aktionen.

58:07. Der Anschlusstreffer für den EHV Aue durch Dener Jaanimaa. Es ist mucksmäuschenstill in der Halle.

58:36. Tobias Skerka pfeffert die Grüne Karte auf den Zeitnehmertisch, nimmt ein Team-Timeout und sagt die nächste Aktion an. Jens Thöneböhn soll Kreisläufer Jan Wrage in Szene setzen.

58:54. Das muss die Entscheidung sein. Wrage, der nach zweiwöchiger Verletzungspause zuvor überwiegend in der Abwehr geackert hat, kommt frei zum Wurf, kann sich die Ecke aussuchen - und trifft den linken Pfosten. Das ist doch nicht zu fassen!

58:58. Es kommt noch schlimmer: Im direkten Gegenzug gleicht Marcel Schäfer zum 28:28 aus. Entsetzen beim SVHU; gibt es jetzt etwa die sechste Pflichtspielniederlage in Folge?

59:17. Der SV Henstedt-Ulzburg im Angriff. Linkshänder Lasse Kohnagel, der schon für den 18:16-Halbzeitstand gesorgt hat, riskiert einen Distanzwurf - und der Ball trudelt irgendwie zum 29:28 über die Torlinie.

Der Gegenzug. Stürmerfoul! Und Ballbesitz für den SVHU. "Macht jetzt bloß keinen Scheiß da unten" schreit ein Fan von der Tribüne - aber die Hausherren behalten gegen die offene Deckung der Gäste die Nerven. Dann das Dröhnen der Schlusssirene, die Erlösung, es ist geschafft! Jubelnd liegen sich die Spieler in den Armen, eine zentnerschwere Last ist von ihren Schultern gefallen. "Das ist einfach nur geil", sagt Lasse Kohnagel, der Mann für die wichtigen Momente, und strahlt vor Glück.

"Ich mag gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn wir unentschieden gespielt oder dieses Match am Ende sogar noch verloren hätten", sagt Tobias Skerka, nachdem er sich ein wenig gesammelt und seinen ersten Erfolg als Zweitliga-Coach realisiert hat, "dann wäre es verdammt schwierig geworden, die Jungs aufzurichten."

Olaf Knüppel, der Handball-Spartenleiter des SVHU, zieht wenig später cool Bilanz: "Unser Sieg ist sowas von verdient. Und die Mannschaft hat dabei das Publikum mitgenommen."

Für alle, die nicht mit dabei waren: Das nächste Handball-Fest in Henstedt-Ulzburg steigt am Sonnabend, 13. Oktober, um 19 Uhr gegen die SG Leutershausen...

Tore des SV Henstedt-Ulzburg: Florian Bitterlich (8), Lasse Kohnagel (5), Stefan Pries (4), Rasmus Gersch (4/davon 4 Siebenmeter), Lars Bastian, Jens Thöneböhn, Lars-Uwe Lang (alle 2), Jan Wrage, Nico Kibat (1).