Handball-Frauenteam des SV Henstedt-Ulzburg startet am Sonntag beim Zweitliga-Absteiger in die Punktrunde der 3. Liga Ost.

Henstedt-Ulzburg. Acht Wochen lang haben die Handballfrauen des SV Henstedt-Ulzburg auf diesen Augenblick hingearbeitet. In der Auswärtspartie beim Zweitliga-Absteiger MTV 1860 Altlandsberg wird sich am Sonntag zeigen, wo das Team des neuen Trainers Volker Paul leistungsmäßig steht. Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt zieht der 55 Jahre alte Übungsleiter seine persönliche Bilanz der Saisonvorbereitung und spricht über die Erwartungen für die Punktrunde 2012/2013 in der 3. Liga Ost.

Hamburger Abendblatt: Herr Paul, Sie sind seit dem 1. Juli Trainer der Drittliga-Handballfrauen des SV Henstedt-Ulzburg. Hat sich Ihr Team eigentlich schon einen Spitznamen für Sie ausgedacht?

Volker Paul: Nein, nicht dass ich wüsste.

Wie wär's denn analog zu Fußballcoach Felix Magath, der seine Mannschaften in der Saisonvorbereitung traditionell gnadenlos drillt, mit "Quälix"?

Paul: (lacht) Damit könnte ich gut umgehen. Ansatzweise ist dieser Vergleich ja auch berechtigt. Wenn die Spielerinnen so hart belastet werden wie in den vergangenen acht Wochen, bauen Sie sich gern mal ein Feindbild auf - und wenn es dann den Trainer trifft, geht das in Ordnung. Sehr kreativ fand ich die Wortschöpfung von Torhüterin Janine Becker, die unsere Trainingshalle als "Volkerkammer" bezeichnet hat.

Was waren die Schwerpunkte in den 100 Übungseinheiten, die die Mannschaft seit Mitte Juli absolviert hat?

Paul: In den ersten vier Wochen haben wir hauptsächlich im Ausdauerbereich gearbeitet, in der zweiten Phase standen dagegen die Verbesserung von Schnelligkeit und Schnellkraft sowie handballspezifische Elemente im Vordergrund.

Wo hat die Mannschaft die größten Fortschritte gemacht?

Paul: Ich habe zu Beginn der Vorbereitung Leistungstests angesetzt und diese nun wiederholen lassen. Es ist klar zu sehen, dass wir uns im Schnelligkeits- und Ausdauerbereich deutlich gesteigert haben. Nur zwei Beispiele: Über 400 Meter sind die Spielerinnen teilweise sieben bis zehn Sekunden schneller geworden, über 30 Meter eine halbe bis eine ganze Sekunde - da hat sich also schon sehr viel bewegt. Gleiches gilt für die Ausdauer. Ganz wichtig: Alle haben gemerkt, dass sich die Schinderei der Vorbereitung gelohnt hat.

Wo sehen Sie momentan die größten Defizite?

Paul: Die liegen sicherlich im individuellen Bereich. Deshalb erhält jede Spielerin einen Einzel-Trainingsplan, der nach und nach eigenständig abgearbeitet werden muss. Im Amateur-Leistungssportbereich ist es mit dreimal Mannschaftstraining pro Woche halt nicht getan. Nachholbedarf haben wir sicherlich auch noch im positionsspezifischen Bereich; das ist aber auch kein Wunder, da wir uns bisher eher auf mannschaftstaktische Elemente konzentriert haben.

Tina Pejic ist nach wie vor die einzige Linkshänderin im Kader. Einer Ihrer Wünsche für die Saison 2012/2013 war, eine weitere Linkshänderin zu verpflichten, um die Haupttorschützin des SVHU zu entlasten und taktisch variabler zu werden. Warum hat dies nicht geklappt?

Paul: Bei den Frauen ist das noch schwieriger als bei den Männern. Mehrere Kandidatinnen, die wir angesprochen hatten, waren nicht bereit, den hohen Aufwand bei uns für wenig Benefit zu betreiben. Und für herausragende Linkshänderinnen ist die 3. Liga sportlich nicht allzu attraktiv.

Was nun?

Paul: Wir haben kurzfristig noch Nina Schilk vom TSV Travemünde verpflichtet. Sie ist zwar keine Linkshänderin, kann als Allrounderin aber praktisch überall eingesetzt werden und wird uns sicherlich weiterhelfen. Wir müssen grundsätzlich wegkommen von der Vorstellung, dass eine Spielerin 60 Minuten auf der Platte steht; bei der Spielweise, die ich mir vorstelle, ist das nicht machbar. Deshalb ist es auch so wichtig, dass alle Positionen doppelt besetzt sind, damit wir ohne Qualitätsverlust häufig wechseln können.

Es fällt auf, dass gleich vier Torhüterinnen zum Kader gehören. Hat sich im Verlauf der Vorbereitung eine klare Nummer eins herauskristallisiert?

Paul: Nein, alle haben ihre Qualitäten. Miriam Hawen, Jennifer Knust und Christiane Sache stehen auf einer Stufe, ich werde von Spiel zu Spiel entscheiden, wen ich aufstelle. Janine Becker muss zunächst pausieren; sie hatte nach dem Training ständig Kniebeschwerden und wird deshalb versuchen, mit entsprechenden Übungen Muskulatur aufzubauen, um das Gelenk zu stabilisieren.

Kommen wir zu den Neuzugängen. Da wäre zunächst einmal Torfrau Jennifer Knust...

Paul: Jenny ist unheimlich engagiert, verfügt über ein ausgezeichnetes Stellungsspiel und ist dabei, an ihrer Fitness zu arbeiten. Sie ist ein lebhafter Typ mit einem bärenstarken langen Pass und auf dem Feld sehr präsent.

Allrounderin Alisa Oehme...

Paul: Sie ist unser Joker, ihre Verpflichtung ist ein Glücksfall. Alisa hat ein bisschen darunter gelitten, dass sie wegen ihrer Prüfung zur Physiotherapeutin nicht immer trainieren konnte, ist individuell aber so stark, das ich sie jederzeit bringen kann.

Rückraumspielerin Bente Maassen...

Paul: Bente hat Zweitliga-Potenzial und verfügt über viel Dynamik und Athletik. Positiv für uns ist, dass sie sowohl im linken Rückraum als auch am Kreis spielen kann. Das werden wir sicherlich taktisch nutzen.

Linksaußen Janicke Bielefeldt...

Paul: Sie hat sich gut entwickelt, muss aber noch an ihrer Athletik arbeiten. Janicke verfügt über viel Dynamik, ein gutes 1:1-Verhalten und hat eine vorbildliche kämpferische Einstellung in Angriff und Abwehr. Das können wir auf jeden Fall gut gebrauchen.

Allrounderin Nina Schilk...

Paul: Sie muss noch ein wenig Trainingsrückstand aufholen, bringt aber beste Voraussetzungen mit.

Wo landet der SV Henstedt-Ulzburg am Ende der Saison?

Paul: Das ist schwer vorherzusagen. Wir waren in den Testspielen mal gut und mal nicht so gut, was aber auch an unserer personellen Besetzung lag. Ich schätze, dass wir jetzt bei etwa 75 Prozent unseres Leistungsvermögens liegen. Wenn alle Leistungsträgerinnen gesund bleiben und es uns gelingen sollte, auch noch die letzten 25 Prozent rauszukitzeln, müssten wir oben mitspielen können.