Mit einer Abschiedsfeier wurden beim Norderstedter SV nach 31 Jahren die letzten 100 Amtstage des Vorsitzenden Holger Götz eingeläutet.

Norderstedt. Die fremden Klänge, die aus den Fenstern des Vereinshauses des Norderstedter SV klingen, lassen die wenigen Passanten auf dem Weg Richtung Moorbekhalle verdutzt zur Seite blicken. Nein, einen Dudelsack erwartet hier niemand. Und schon gar nicht diese vertraut klingende, aber alles andere als schottische Volksweise, die da zu erkennen ist.

Doch im Klubraum in der ersten Etage wissen rund 40 geladene Gäste sehr wohl mit dem Stück etwas anzufangen, das ein eigens engagierter Dudelsackpfeifer zu Ehren von Vereinschef Holger Götz zum Besten gibt.

Die Weggefährten, Freunde und Ehrenämtler aus der Norderstedter und Segeberger Sportszene singen mit Blick auf das ausgeteilte Textblatt kräftig mit. "Ich denke, was ich will und was mich beglücket ...Mein Wunsch und Begehren kann niemand verwehren, es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei!"

Passender könnte die Liedwahl zum nahenden Abschied des charismatischen Vereinschefs kaum sein, der in rund 100 Tagen das Amt des Vorsitzenden an seinen bisherigen Stellvertreter Thomas Strebel übergeben will. Gleichzeitig hören dann auch Geschäftsführerin Rosi Götz und Schatzmeisterin Renate Wippel auf. Schließlich ist es doch dem Querkopf des Freidenkers Holger Götz anzurechnen, dass der Norderstedter Sport- und Freizeit Verein e. V, wie der NSV vollständig heißt, im Jahr 1980 ins Leben gerufen wurde.

Die Vereinsgründung erfolgt nach heftigen Auseinandersetzungen

Die Entstehung des Norderstedter SV ist mit heftigen Differenzen mit dem TuRa Harksheide verbunden. Götz war für den Norderstedter Traditionsverein von 1974 an als hauptamtlicher Sportlehrer tätig gewesen. Der Vollblutsportler, der beim TuRa die Basketball-, Volleyball-, Kunstturn- und Angelabteilung gegründet hatte, überwarf sich mit der Vereinsleitung. Führungsstil, Geldverteilung im Klub und Wertigkeit der einzelnen Abteilungen waren grob umrissen Streitpunkte, die zur Trennung von Götz und den TuRanern führten.

"Ich habe noch eine Skireise für TuRa angeleitet und mich dann daran gemacht, einen Verein zu gründen, der meinen Vorstellungen entspricht", sagte Götz, "die Querelen von einst sind aber endgültig Schnee von gestern."

Dem jungen Verein kommt das neue "Herz" von Norderstedt entgegen

Mit 42 Gründungsmitgliedern hob Holger Götz im April 1980 den Norderstedter Sport- und Freizeitverein aus der Taufe. Eine schwere Geburt war es und nicht leicht, dem "Baby" auch Leben einzuhauchen. Nutzungszeiten für Sportplätze und Hallen mussten gefunden werden. "Da bekam ich den Tipp, dass ja Norderstedt Mitte neu am Entstehen sei", sagte Götz, "dort gäbe es nichts, und schon gar keinen Sportverein. So haben wir uns auf das neue Zentrum von Norderstedt konzentriert."

Götz' Weg kann nicht völlig falsch gewesen sein. Nach einem Jahr hat der NSV 1400 Mitglieder, die 2000er-Marke wird 1983 übersprungen. "Unsere Besonderheit ist, dass die Abteilungen autark sind und ihre Gelder selber verwalten", sagt Götz, "so können die Spartenleiter ihrer Kreativität fast freien Lauf lassen, müssen sich aber andererseits auch in den jährlichen Versammlungen, bei denen die Spartenbeiträge festgelegt werden, vor ihren Mitgliedern verantworten. Das Prinzip hat sich bewährt."

Mittlerweile ist das Vereinsangebot auf 29 Sparten angewachsen

Doch Vieles im Norderstedter SV konnte nur bewerkstelligt werden, weil Götz nicht nur Chef war, sondern auch als Übungsleiter - manchmal fast rund um die Uhr - aktiv war. Der ausgefuchste Handballtrainer wurde für seine Erfolge mit dem NSV ebenso respektiert wie für sein Lehrtalent, mit dem er zum Beispiel in der jungen Einradsparte Anfängern das Fahren beibrachte.

Den Rücken hat ihm Ehefrau Rosi freigehalten, die ihn als Geschäftsführerin in allen Aufgaben unterstützt. "Rosi ist immer hier oder zumindest ansprechbar", sagte der zweite Vorsitzende Thomas Strebel, der Holger Götz im Februar in seinem Amt beerben soll: "Wir haben sie sogar nachts anrufen können. Wo gibt es sonst so etwas?"

Eine allgegenwärtige Präsenz, von der Geschäftsführungsnachfolger Steffen Liepold weiß, dass er die in dieser Form wohl nicht erbringen kann. "Das ist klar, dass wir uns ab 2012 neu organisieren müssen. So leicht und durch einen Einzelnen sind Holger und Rosi nicht zu ersetzen. Aber wir werden der menschliche und familienfreundliche Verein bleiben, der er jetzt auch ist."