Die Helfer im Hintergrund sind die heimlichen Helden der Fußballklubs. Ohne sie geht nichts. Unsere Serie beginnt mit Eintracht Norderstedt.

Was für ein Durcheinander! Auf dem Boden türmt sich ein riesiger Stapel Handtücher auf, wenige Zentimeter entfernt liegt ein wüster Haufen Fußballtrikots, Stutzen und Hosen. Mittendrin befindet sich der einzige Mann bei Eintracht Norderstedt, der dieses vermeintliche Chaos in Windeseile sortieren kann und ganz nebenbei noch für jedes Schwätzchen zu haben ist.

Formal heißt der Herrscher über dieses Reich im Umkleidetrakt des Edmund-Plambeck-Stadions Rahim Ashraf Parniani und ist Zeugwart des Hamburger Oberligisten.

"Said", wie der 56-Jährige ausschließlich genannt wird, gehört zur Eintracht-Familie wie kaum ein anderer. Aber warum eigentlich Said? Diese Frage haben ihm schon viele gestellt. Und so nimmt Parniani den Zuhörer mit in das Leben eines siebenjährigen Jungen in der iranischen Hauptstadt Teheran.

"Ich mochte den Namen Rahim nicht, weil dieser ein Gottesname ist. Wir sind dann innerhalb Teherans umgezogen, und im neuen Umfeld habe ich mich Said genannt. Aber als dann Kinder vorbeikamen und sagten 'wir wollen mit Said spielen', da antwortete meine Mutter nur: 'Hier gibt es keinen Said'."

Heute hat er selbst Kinder - seine eigenen Söhne natürlich, doch irgendwie auch alle Kicker, denen er täglich bei den großen und kleinen Sorgen weiterhilft. "Ich bin hier der Papa der Nation", sagt er schmunzelnd, "und demzufolge zuständig für das Wohlergehen der Mannschaft. Das gesamte Umfeld des Teams versucht, den Spielern soviel wie möglich abzunehmen."

Es sind die Kleinigkeiten, die sein Wirken so charmant machen. Im Waschraum, mit einem Turm aus Maschinen und Trocknern größer als Said Parniani selbst, ist die Wand geschmückt mit Erinnerungsstücken an Vereine, gegen die die Garstedter gekickt haben. Davor ist der Siegerpokal des Hamburger Hallenmasters platziert - der größte Erfolg in der noch jungen Vereinsgeschichte der Eintracht.

Auch das Fachmagazin "Sport-Mikrofon" liegt griffbereit, denn viele der Akteure sind neugierig, welche Noten sie für ihre Leistungen erhalten haben. Es ist das etwas andere Büro - ohne Computer und Aktenschrank, eng, aber gemütlich.

So sehen es auch Fußballer, Trainer und Betreuer. Längst hat Said den Kaffee aufgesetzt. Er schaut auf die Uhr. "Als erstes kommen immer Rafael Monteiro und Ivan Sa Borges Dju mit dem Bus an." Und tatsächlich steht das Duo wenige Momente später in der Tür. Shakehands, ein bisschen Plaudern und ab zum Umziehen. Denn es ist längst alles vorbereitet in der Kabine. "Zwei Stunden vor dem Training oder Punktspiel beginne ich, alles fertig zu machen", sagt der Zeugwart.

So langsam beginnt die Rushhour: Assistenzcoach Matthias Dieterich, noch mit Oberhemd und Krawatte, ist gut gelaunt - solange man nicht die jüngste Niederlage seines Lieblingsklubs Hertha BSC erwähnt. Kurz darauf sind auch Masseur Norman Fischer und Cheftrainer Andreas Prohn da und gießen sich ihren Becher Kaffee ein.

Said Parniani hat viele Gesichter kommen und gehen sehen, seit er 2008 erst als Aushilfe, dann als langfristige Lösung seine Stelle übernahm. Der Job ist sicher; doch bei anderen Personen war die Verweildauer sehr kurz. Said hat schon die Coaches Ralf Schehr und Marco Krausz erlebt, dazu dutzende Spieler. "Wenn sich jemand verabschiedet - aus welchen Gründen auch immer - ist das immer ein trauriger Moment", sagt er, "man ist schließlich jeden Tag zusammen. Wir freuen uns zusammen. Und wir trauern gemeinsam, wenn wir verlieren."

Dass er dann manchmal als Kummerkasten dient, ist Ehrensache. "Wenn einer Rot bekommen hat und in der Kabine am Fluchen ist, klopfe ich ihm auf die Schulter und sage 'Kopf hoch, wir gewinnen trotzdem'. Das mache ich wie ein Vater."

Dabei hilft ihm seine große Lebenserfahrung. Wer schon länger in Garstedt wohnt, wird sich vielleicht noch an den Imbiss "Bonaparte" erinnern. Diesen führte Said Parniani zwölfeinhalb Jahre lang. Doppelt so lange war er selbstständig, hatte mehrere Kioske und ein Transportunternehmen - eine Knochenarbeit. "Ich hatte sehr viel Stress. Das hat viel Kraft gekostet."

Um 19 Uhr kommt Altona 93 an die Ochsenzoller Straße

Heute, am 13. Spieltag der Oberliga Hamburg, empfängt Eintracht Norderstedt Altona 93. Anstoß ist um 19 Uhr. Der Vierte trifft auf den Dritten, die Tabellenspitze ist in Reichweite. Auch Said Parniani wird nervös, je näher der Anpfiff rückt. "Ich gucke alles mit Norderstedt-Brille. Das Kribbeln ist immer dabei." Fan, Vaterfigur, Material-Chef - Parniani hat viele Tätigkeitsfelder. "Wenn ich nur der Zeugwart wäre, würde mir das keinen Spaß machen."

In unserer nächsten Folge: der SV Henstedt-Ulzburg.