Der ehemalige Bundesliga-Handballtorhüter Steffen Reider trainiert nach seiner aktiven Zeit die Schlussmänner von Drittligist SV Henstedt-Ulzburg

Henstedt-Ulzburg. Die Drittliga-Handballer des SV Henstedt-Ulzburg bringen sich zurzeit im Trainingslager in Bergen/Norwegen mit zahlreichen Fitness- und Technik-Einheiten sowie einer Reihe von Testspielen für die am 3. September beginnende Punktrunde in Form. Aktuelles Ergebnis der Männer von SVHU-Coach Tobias Skerka ist eine unerwartet klare 23:32 (12:16)-Niederlage gegen Erstligaaufsteiger IFK Tumba Handboll.

Die Ursache für die erste Pleite der Saison 2011/2012 liegt wohl in einer zweistündigen Bergwanderung, auf der die SVHU-Männer allerdings mit einer traumhaften Aussicht auf die Fjordlandschaft rund um Bergen belohnt wurden. "Aber dafür hatten alle am Abend schwere Beine. Wir haben in der Abwehr nicht verschoben und waren gegen die flinken und durchschlagkräftigen Norweger nicht aggressiv genug", übte Tobias Skerka Manöverkritik.

Für die Keeper hat Torwarttrainer Reider Hausaufgaben mitgegeben

Coach Skerka hat drei Wochen vor dem Saisonauftakt auf der Ostseeinsel Usedom ein waches Auge auf die Entwicklung seiner Akteure. In Norwegen fehlt ihm jedoch an seiner Seite der erfahrene Mann, der seit Beginn dieser Vorbereitungsphase dafür sorgt, dass ihm zwischen den Pfosten drei verlässliche und sich ständig verbessernde Torhüter zur Verfügung stehen.

Torwart-Trainer Steffen Reider musste für die Norwegenfahrt aus beruflichen Gründen absagen. Der Ausbilder an der Lübecker Bundespolizei-Akademie (BPOLAK) ist dort unabkömmlich. "Ich habe aber unserem Teammanager Joachim Jakstat einen Zettel mit einigen Hausaufgaben für meine Jungs mitgegeben", sagte Reider, "auch wenn ich nicht dabei bin, wird es ein gezieltes Torhütertraining geben."

Ehe er das Trainerangebot annimmt, berät sich Reider mit Ehefrau Rasia

Dass er heute in der Position ist, den SVHU-Keepern für die Drittliga-Saison den letzten Schliff zu geben, anstatt selber - wie seit 2009 der Fall - zwischen den Pfosten zu stehen, hätte Steffen Reider bis Mitte der vergangenen Saison noch nicht gedacht. "Bis dahin waren unser Manager Olaf Knüppel und ich uns eigentlich einig, dass ich noch ein Jahr dranhängen solle", sagte der 38-Jährige. "Aber dann hat er mich eines Abends zu Hause angerufen und mir von seiner Idee erzählt."

Knüppel legte seinen Plan, Steffen Reider mit seiner enormen Erfahrung aus vier Jahren Bundesliga-Handball beim VfL Bad Schwartau (2001/2002) sowie dem daraus hervorgehenden HSV-Handball (2002 bis 2005) zum Torwart-Trainer umzufunktionieren und so Platz für einen dritten aufstrebenden Keeper zu schaffen, sehr überzeugend dar.

"Das kam für mich zwar recht überraschend und eigentlich war ich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht bereit, die Schuhe an den sprichwörtlichen Nagel zu hängen", sagte Steffen Reider, der seine Handball-Torhüterlaufbahn relativ spät mit 16 Jahren beim MTV Vienenburg begann. "Ich hatte mir dann Bedenkzeit erbeten, habe mich mit meiner Frau Rasia beraten, und je näher das Saisonende rückte, desto mehr Gefallen fand ich an dieser Idee."

Ein Umstand, der Reider die Entscheidung für den Rollenwechsel und die ersten Gehversuche als Trainer ebenfalls erleichterte, war wohl auch der Zahn der Zeit, der doch ein wenig an seinen Knochen zu nagen begann.

"Ich habe schon gemerkt, dass es mir mit meinen 38 Jahren im Training immer schwerer fällt, mit den jungen Leuten von Anfang 20 mitzuhalten", sagte der Routinier, dessen Tochter So ra Emilia vor eineinhalb Jahren zur Welt kam, "und wenn ich mir jetzt Woche für Woche angucke, wie kaputt die Jungs nach dem Training sind, dann bestätigt mich das auch in meiner Entscheidung."

Auf den Rat des alten Hasen Reider hören nun mit Malte Hillermann, 25, Markus Noel, 24, sowie Stephan Hampel, 22, drei junge Keeper, vor denen noch jeweils eine langjährige Karriere liegen könnte. Doch um nun diese neue Torhütergeneration im Training voranzubringen, ist für Steffen Reider ein Umdenkprozess angesagt.

"Es würde wenig bringen, wenn ich versuche, den Jungs meinen Stil im Tor anzutrainieren, dafür sind die drei schon zu lange im Geschäft", so Reider. "Mein Ziel muss sein, herauszufinden, wie jeder funktioniert und dann dessen jeweiligen Stärken zu fördern. Der Stil eines Keepers ist praktisch nicht auf den anderen übertragbar."

Doch gerade hier soll nun der langjährige Erfahrungsschatz von Steffen Reider zum Zuge kommen. "Schließlich habe ich ja schon einige Vereine und noch mehr Trainer hinter mir", sagt der Bundespolizist, der nach seiner Zeit beim MTV Schladen im Jahr 2000 in den Norden zog und beim VfL Bad Schwartau unter Vertrag kam. "Nun kann ich mich in Ruhe an jede dieser Stationen erinnern und mir überlegen, was mir am jeweiligen Training gefiel und was eben auch nicht."

Steffen Reider möchte seine Keeper zu mehr Kommunikation anregen

Doch so ganz kann es der alte Handballfuchs aus Ratekau dann doch nicht lassen, eine persönliche Note in die Ausbildung der SVHU-Keeper einzubringen. "Ich war immer ein recht lauter und emotionaler Torhüter und habe meine Abwehrreihe schon mal wachgerüttelt, wenn es nicht lief", sagte Steffen Reider schmunzelnd, "das will ich nun auch bei den Jungs versuchen. Sie sind eher ruhige Charaktere und müssen mit ihren Mitspielern noch mehr zu kommunizieren lernen."