Beim 14. Horst-Schröder-Pokal leiht die Tennisspielerin des TC Rot-Weiss Wahlstedt ihrer Finalgegnerin einen Schläger - und verliert das Match

Kaltenkirchen. Die Zuschauer, die sich am Centre Court auf der Anlage des TC an der Schirnau eingefunden haben, sind zufrieden. Das Damen-Finale des 14. Horst-Schröder-Pokals, dem viertägigen und mit insgesamt 10 000 Euro dotierten nationalen Ranglisten-Turnier des TC an der Schirnau, bietet den 200 Tennisfans, was sie sich von diesem Match erhofft haben.

Favoritin Ivana Lisjak aus Kroatien und Lydia Steinbach (TC Rot-Weiss Wahlstedt) liefern sich nach rund einer Stunde Spieldauer ein ausgeglichenes und packendes Match. Lisjak, die in der Weltrangliste auf Position 287 notiert wird, hat mit ihren wuchtigen Schlägen Vorteile. Doch Steinbach kämpft verbissen um jeden Ball.

Es steht 4:6, 1:2 aus Sicht der Wahlstedterin. Plötzlich gibt es Szenenapplaus, obwohl der Ball schon seit einer Minute ruht. Die Ovationen und Aufmunterungsrufe gelten Lydia Steinbach. Der Grund ist eine nicht alltägliche Geste der Fairness der gebürtigen Hallenserin, die nun in Henstedt-Ulzburg lebt.

Was ist passiert? Ivana Lisjak war auch am letzten ihrer drei Schläger eine Saite gerissen, sie verfügte somit über kein wettkampftaugliches Racket mehr. Schiedsrichter Arne Pagel hätte gemäß dem Regelwerk die Möglichkeit gehabt, die Partie abzubrechen und Steinbach zur Siegerin zu erklären. Doch er entscheidet anders und fragt, ob jemand einen Schläger übrig habe.

Lydia Steinbach lässt sich nicht lange bitten. Sie gibt ihrer Kontrahentin ein Racket aus ihrer Tasche - und unter dem Jubel des Publikums geht das Match weiter.

20 Minuten später ist alles vorbei. Ivana Lisjak hat mit 6:4, 6:3 gewonnen und ist um 1000 Euro Siegprämie reicher. Lydia Steinbach muss sich mit 500 Euro trösten, darf sich aber als moralische Siegerin fühlen. "Für die Zuschauer war es auf jeden Fall besser, dass wir das Match spielend beendet haben. Letztlich war Ivana die etwas Glücklichere und hat die Linie öfter getroffen als ich", sagte Lydia Steinbach, "es war wieder ein Superturnier, das mir viel Spaß gemacht hat."

Dabei hatte sie unter den Folgen der heftigen Regenfälle in der Nacht vor dem Finaltag zu leiden. Während Ivana Lisjak und ihre Halbfinalgegnerin Stephanie Wagner (TC Amberg am Schanzl) sich einig waren, ihre Vorschlussrundenpartie in der Halle auszutragen, wollten Lydia Steinbach und Jessica Homberg (THC Horn Hamm) ihr Match an der frischen Luft bestreiten.

"Wir haben mit allen Mann gearbeitet, um die Plätze schnell wieder spielfertig zu bekommen", sagte Turnierdirektor Björn Kroll, "aber bei allem Einsatz konnten wir draußen erst mit zwei Stunden Verzögerung starten."

Die Konsequenz: Lydia Steinbach konnte ihr Halbfinale erst beginnen, als Ivana Lisjak schon im Endspiel stand. Nach nur einer Stunde Erholungspause musste die Bundesligaspielerin des TC Rot-Weiss Wahlstedt im Finale ran. "Ich habe in der Pause nichts gegessen, um den Organismus nicht zu belasten", sagte sie nach der Siegerehrung, "ich bin völlig kaputt und weiß im Moment nicht, ob ich in diesem Sommer überhaupt noch ein Turnier spiele."

"Es gibt immer Kleinigkeiten zu verbesern"

Turnierchef Björn Kroll hat schon jetzt konkrete Vorstellungen davon, welchen Aufgaben sich er und das 24- köpfige Organisationsteam am ersten Wochenende im August 2012 widmen werden. "Wir wollen die Arbeitsplätze neu aufteilen, damit wir im Organisationsteam mehr Entfaltungsmöglichkeiten haben", sagte Kroll, "ansonsten gibt es immer Kleinigkeiten zu verbessern. Wir möchten den Zuschauern schließlich tolles Tennis bieten und so Werbung für unseren Sport machen."

Zumindest in der Spielerszene hat der TC an der Schirnau erneut beste Eigenwerbung betrieben. 88 Herren und 48 Damen hatten für die Einzelwettbewerbe gemeldet und die Organisatoren so an die Kapazitätsgrenze getrieben. "Unsere Teilnehmerfelder waren leistungsmäßig so dicht besetzt wie noch nie zuvor", sagte Kroll, "bei den Herren haben wir den Cut für den direkten Einzug ins Hauptfeld bei Ranglistenposition 120 machen müssen. Das ist ein Wert, der nur noch auf ganz wenigen Turnieren zu finden ist."

Dieser spielerischen Klasse trugen die Schirnauer auch mit einer technischen Neuerung Rechnung. Nach einem kleinen Probelauf 2010 bot der Horst-Schröder-Pokal in diesem Jahr ein Live-Scoring im Internet von allen acht Plätzen an.

Das arbeitsintensive Live-Scoring wird es auch 2012 wieder geben

Krolls Versprechen: "Trotz des hohen Arbeitsaufwands werden wir diesen Service weiterhin anbieten." So müssen für jeden Platz Kinder eingeteilt werden, die Ergebnisse sofort an die zentrale Rechenstelle funkten. "Yannik Munkel hat als Verantwortlicher am ersten Tag bis 5 Uhr morgens alle Paarungen ins System eingegeben", sagte Björn Kroll, "das ist ein Beispiel für den großen Einsatz, den unsere 75 Helfer gebracht haben. Ohne sie könnte das Turnier nicht stattfinden."