Eintracht Norderstedt muss zum Auftakt der Hamburger Fußball-Punktrunde gleich beim Geheimfavoriten SC Condor ran. TuRa Harksheide empfängt heute den Glashütter SV

Norderstedt. Ole Hengelbrock ist ein offenherziger Mensch. Gerne redet der Fußballer von Eintracht Norderstedt über die Dinge, die ihn bewegen und interessieren, seine Erlebnisse und Träume. Längst hat er realisiert, dass das Leben mehr bietet als nur das Geschehen auf dem Rasen. Die Hektik einer Metropole ist eine Erfahrung, die der 23-Jährige bislang vermieden hat. Er mag es gerne überschaubarer. "Ich bin ein Junge vom Land. Deswegen sträube ich mich davor, in eine Großstadt zu ziehen. Ich mag es, raus in den Wald zu gehen, ich genieße die Natur."

Hengelbrock, der aus dem 2000- Seelen-Nest Borgloh im Osnabrücker Land stammt, bevorzugt eine Welt ohne Autolärm und ratternde U- Bahnen. "Auf dem Dorf kennt jeder jeden. Der Sportverein ist der Mittelpunkt; und ich bin auf dem Grandplatz groß geworden."

Provinziell denkt er indes keineswegs. Der Innenverteidiger nimmt jede Chance wahr, um seinen persönlichen Horizont zu erweitern. So etwa, als ihm während seiner Zeit beim VfL Osnabrück ein Fußball-Stipendium an der University of Virginia in den USA angeboten wurde. Das Jahr in den Staaten hat ihn nachhaltig geprägt. "Das war bombastisch, die beste Entscheidung, die ich treffen konnte."

Seitdem schmückt der Titel "Amerikanischer Collegemeister 2010" seine Vita. Im norddeutschen Fußball hat Ole Hengelbrock eh einen guten Namen. In Osnabrück fehlte ihm nur ein Tick zur Zweitliga-Karriere. Enttäuscht ist er deshalb aber nicht. "Ich habe es schon weit geschafft und trauere dem nicht nach. Mein Weg bisher ist gut, und ich werde den so weitergehen."

Ein Sommer in Ruanda hat das Leben von Ole Hengelbrock verändert

Dieses Naturell hat einen außergewöhnlichen Hintergrund. Der Sommer 2010 hat den gelernten Erzieher und heutigen Studenten der Sozialen Arbeit geprägt. Er strahlt immer dann, wenn er von Afrika spricht. "Ich bin von diesem Kontinent fasziniert, wollte immer dorthin, habe mich mit den Kulturen beschäftigt und viel gelesen."

Während eines Freiwilligendienstes in Ruanda betreute Ole Hengelbrock Waisenkinder und half unter anderem beim Bau von Häusern mit. "Ich wusste jeden Abend, warum ich ins Bett gehe und warum ich morgens wieder aufstehen werde - es war die schönste Zeit in meinem Leben!"

Und das, obwohl er schwer zu kämpfen hatte. "Nach zwei Wochen ging es bergab, geistig und physisch. Man vergleicht im Geist die sanitären Einrichtungen mit denen in Deutschland. Wir hatten keinen Strom, mussten über offenem Feuer kochen. Es gab auch kein Handynetz - da kommt man persönlich in ein Tief."

Zurück in Deutschland wartete der Alltag auf ihn. "Es ging gleich wieder los mit Studium und Fußball, ein totaler Kulturschock", erinnert sich Ole Hengelbrock. Zunächst spielte er in Osnabrück, dann wechselte er zum VfB Lübeck. Zur Winterpause der vergangenen Saison ging er zum VfB Oldenburg. Sportlich lief es, doch der Fokus hatte sich verändert. "Seit ich in Afrika war, ist es nicht mehr mein Traum, nur Fußballer zu werden. Ich könnte mit durchaus vorstellen, dort ein Sport-Projekt hochzuziehen."

In diesem Sommer sorgte er für Aufsehen mit einer Benefizwanderung durch den Harz. Jeder der 140 Kilometer wurde von einem Sponsor unterstützt, so dass über 2000 Euro für ein Hilfsprojekt in Ruanda zusammenkamen. Parallel dazu reifte der Entschluss, nach Hamburg zu ziehen, um das Studium abzuschließen. Ole Hengelbrock stellte sich in Norderstedt, wo die Verantwortlichen auf Anhieb begeistert waren. Der "Junge vom Land" ist schon nach wenigen Wochen Führungsspieler und inzwischen sogar Vizekapitän.

Hengelbrock möchte zwei Jahre lang in Garstedt bleiben. Danach hat er andere Pläne. "Ich habe fest vor, wieder nach Afrika zu gehen. Für ein, zwei, drei, vier Jahre - so Gott will."

Am Sonntag beim SC Condor (10.45 Uhr) werden für ihn dagegen Kindheitserinnerungen wach: Der Grandplatz am Berner Heerweg ruft am ersten Oberliga-Spieltag.

Marco Schultz fällt mit schwerer Knöchelverletzung lange aus

Unter normalen Umständen würde wohl Marco Schultz gemeinsam mit Hengelbrock in der Startelf stehen. Für den ebenfalls von Oldenburg nach Garstedt gewechselten Offensivspieler könnte die Hinrunde allerdings bereits gelaufen sein. Im Testspiel beim WSV Tangstedt verletzte sich der 19- Jährige schwer am rechten Knöchel. Doppelter Innenbandriss, dazu ein kaputtes Außenband und ein Syndesmoseriss - Schultz hat es böse erwischt.

"Zum Glück habe ich es nicht gesehen, sondern nur gespürt. Das muss schlimm ausgesehen haben", sagt er.