Beruflich sucht Angela Engel nach Blindgängern. In der Tischtennisszene ist die Regionalliga-Spielerin für ihre harten Angriffsschläge bekannt

Kaltenkirchen. Wenn Tischtennis-Ass Angela Engel gut in Form ist, wird der nur etwa zwei Gramm leichte Zelluloidball schon mal zum Geschoss, das kaum zu retournieren ist. An Glanztagen kann die 30 Jahre alte Regionalliga-Spielerin der Kaltenkirchener Turnerschaft, die bei der Aufschlag-Rückgabe sowie ihren Vor- und Rückhandschlägen stets ein hohes Risiko geht, so ziemlich jede Gegnerin in Schleswig-Holstein in Bedrängnis bringen.

Im Job muss die 30-Jährige ihr Temperament ein wenig zügeln

"Von meinem Naturell her bin ich eher ungeduldig", sagt sie. Eine Eigenschaft, die sie indes immer dann abschüttelt, wenn sie sich an ihrem Arbeitsplatz befindet. Im Referat Gefahrenerkundung/Kampfmittelverdacht (GEKV) der Feuerwehr Hamburg, das der Hamburger Behörde für Inneres und Sport unterstellt ist, geht es alles andere als hektisch zur Sache; angesichts der explosiven Rahmenbedingungen sind Gelassenheit, Präzision und ein geschultes Auge gefordert.

Wohl kaum eine andere Stadt in Deutschland ist während des Zweiten Weltkriegs länger und intensiver bombardiert worden als Hamburg. Die strategische Bedeutung im Marine-Schiffbau und der Rüstungsindustrie sowie als Umschlagplatz für Importwaren machten die Elbmetropole zu einem lohnenden Ziel für die Piloten der britischen Royal Air Force und der US Air Force. Sie flogen zwischen dem 18. Mai 1940 und dem 17. April 1945 insgesamt 213 Luftangriffe, bei denen etwa 107 000 Spreng-, drei Millionen Stabbrand- und 300 000 Phosphor-Brandbomben abgeworfen wurden.

Das Problem: Längst nicht die gesamte Munition ist damals detoniert, im Erdreich der Hansestadt rotten heute immer noch an die 3000 Blindgänger vor sich hin. Und nun kommen Angela Engel und ihre elf Kollegen ins Spiel: Sie arbeiten minutiös die gefährliche Hinterlassenschaft des finstersten Kapitels der deutschen Geschichte auf. Die GEVK ist hoheitlich für die Einstufung von Flächen bezüglich ihres Gefährdungspotenzials auf Kampfmittel zuständig. Ermittelt wird dies auf Antrag anhand der stereoskopischen Auswertung von etwa 28 000 historischen Luftbildern der Alliierten; die Ergebnisse werden im Verdachtsflächenkataster dokumentiert. Besonders brisante Zonen sind die Hafencity sowie die Stadtteile Wilhelmsburg und Altona.

"Unser Job gleicht manchmal der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen", sagt Angela Engel, "ein großer Krater auf einer alten Aufnahme ist dabei - so kurios sich das anhört - immer ein gutes Zeichen. Denn in diesem Fall ist die Bombe tatsächlich explodiert. Gefährlich wird's immer dann, wenn wir im betreffenden Gebiet schwarze Pünktchen entdecken. Das könnte dann auf einen Blindgänger hindeuten, um den sich der Kampfmittelräumdienst kümmern müsste."

Ein Problem ganz anderer Art möchte Angela Engel zusammen mit ihren Mannschaftskolleginnen in der Tischtennis-Saison 2011/2012 bewältigen. Das zweite Damenteam der KT kämpft als Aufsteiger vom ersten Spieltag an gegen den Abstieg. "Eine reizvolle Herausforderung für uns alle", sagt Engel, die erst 1993 mit 13 Jahren beim SV Blau-Weiß Teterow mit dem Tischtennisspielen begonnen hat und hinter Neuzugang Kathrin Weigelt (SV Darmstadt 98) an Position zwei gemeldet ist.

Komplettiert wird das Team von Miriam Holm, Victoria Lauenroth und Maria Gorbunova. Die 18 Jahre alte Russin, die früher für den TTK Großburgwedel gemeldet war, hat nach vierjähriger Wettkampfpause und einem Abstecher in die Tennis-Szene wieder so richtig Lust auf Tischtennis bekommen - über ihre aktuelle Spielstärke herrscht in Kaltenkirchen allerdings noch ein wenig Rätselraten.

Wie es sich anfühlt, in der dritthöchsten deutschen Klasse um Punkte zu schmettern, weiß Angela Engel nur zu gut. Beim TSV Rostock Süd, beim ESV Prenzlau und beim Döbelner SV "Vorwärts" hat sie reichlich Regionalliga-Erfahrung gesammelt; mit den Prenzlauerinnen wurde sie in der Serie 2002/2003 sogar Meister.

Erste KT-Mannschaft dürfte ganz oben mitspielen

In diesen Sphären dürfte sich in der kommenden Punktrunde aber allenfalls die erste Kaltenkirchener Mannschaft aufhalten. Der Zweitliga-Absteiger wird die Hinrunde mit Jin-Sook Cords, Aida Astani-Matthies, Bianca Dahlke und Meike Müller (bisher Hannover 96) bestreiten. "Die werden wohl ganz oben mitmischen", vermutet Angela Engel, "ob und wie wir uns behaupten können, muss abgewartet werden. Der Regionalliga-Klassenerhalt wäre ein Riesenerfolg für mein Team."

Ihr erstes Match bestreiten die beiden KT-Aufgebote am Sonntag, 4. September, gegeneinander. Alles andere als ein glatter Sieg der "Ersten" im vereinsinternen Duell wäre dabei eine große Überraschung. Engel: "Dieses Spiel ist definitiv kein Maßstab, das Resultat eher Nebensache. Für uns geht es eigentlich nur darum, nach der langen Sommerpause etwas Wettkampfpraxis zu sammeln. Wir werden uns vermutlich mit Vereinen wie dem TSV Heiligenrode, dem VfL Oker oder auch Han nover 96 messen."