Die Leichtathletin der Norderstedter Werkstätten startet heute zu den Special Olympics in Athen, wo sich Wolfgang und Ulrike Sacher begegneten

Henstedt-Ulzburg. Das Leben ist ein Kreislauf, heiß es. Ihre ganz besondere Version dieser Lebensweisheit erleben Silke Sacher, 27, Leichtathletin der Norderstedter Werkstätten für Menschen mit geistiger Behinderung, und ihre Eltern Wolfgang und Ulrike (beide 63) in den kommenden zwei Wochen auf eine ganz besondere Weise.

Um 6.05 Uhr hebt heute in Hamburg-Fuhlsbüttel eine Maschine mit Silke Sacher, ihrer Werkstätten-Sportkameradin Annika Sube sowie Trainerin Maike Rotermund ab. Das Trio trifft sich in Frankfurt mit der Delegation des Deutschen Behinderten-Sportbunds, um dann vereint Richtung Athen zu starten. Dort beginnen am 25. Juni mit der Eröffnungsfeier im historischen Stadion die Special Olympics World Summer Games, die Weltspiele in über 20 Disziplinen für geistig behinderte Athleten. Silke und Annika sind als einzige Schleswig-Holsteiner mit am Start.

Auf einer Reise zum Athen-Marathon begegnen sich Silke Sachers Eltern

Doch die griechische Metropole ist auch der Ort, an dem das Leben Wolfgang und Ulrike Sacher vor rund 32 Jahren zusammengeführt hat. "Ich war bereits 1976 mit zwei Betriebssportkollegen von der Shell nach Athen geflogen, um dort beim Marathon zu starten", sagt Wolfgang Sacher und erinnert sich gerne, "das war ein tolles Erlebnis."

Der Grund, weshalb dann auch sein Sportkamerad Reinhold Müller, der mittlerweile ein Reisebüro eröffnet hatte, drei Jahre später noch einmal starten wollte und zudem eine Gruppenreise zum Athen-Marathon organisierte. Sacher: "Ein weiterer Lauf kam für mich nicht in Frage, aber die Reise wollte ich gerne mitmachen." Eine Teilnehmerin war Ulrike Sacher. "Bis zur Tour kannten wir uns nicht", so der dreifache Familienvater, "aber irgendwo bei der Akropolis hat es dann zwischen uns gefunkt." Eine Liebe, die mit so viel Energie begann, dass sich diese auch auf ihre mittlere Tochter Silke übertrug.

"Silke ist sehr wissbegierig. Sie will beschäftigt werden und wird immer selbstständiger", sagt Wolfgang Sacher über seine 27 Jahre alte, mit Down Syndrom geborene Tochter. Neben den Eltern unterstützen auch Christiane, 30, und Franziska Sacher, 24, ihre Schwester bei vielen Unternehmungen.

So gab es gestern im Familienkreis ein leckeres Abschieds-Essen zu Silkes Ehren. Die Suppe hierfür hatte Schwester Christiane, Torhüterin bei den Handballfrauen Henstedt-Ulzburg/Kisdorf, gekocht und ins Elternhaus nach Henstedt-Ulzburg gebracht.

Doch nicht allein der enge Halt in der Familie ist es, der Silke Sacher beflügelt und sie bei den National Olympics im Juli 2010 in Bremen die Qualifikation für Athen schaffen ließ. "Das sind zum Großteil Silkes Leben und Arbeiten bei den Norderstedter Werkstätten, die sie ständig voranbringen", sagt Papa Sacher, "sie genießt das Training mit Maike Rotermund und auch den Zivis, die dort immer helfen." Einer dieser Zivildienstleistenden war 2009 Christian Groß, und der junge Vertragsfußballer beim HSV hat einen großen Anteil daran, dass Silke nun nach Athen fliegt.

"Bei der Qualifikation in Bremen hat Silke vor dem besten ihrer Würfe, gesagt, dass sie den jetzt extra für Christian ganz weit wirft", erinnert sich Maike Rotermund schmunzelnd, "vielleicht klappt das ja nochmal in Athen.

Dann werden Wolfgang und Silke Sacher mit Ferngläsern bewaffnet auf der Tribüne sitzen und so ihrer Tochter ganz nahe sein, wenn sie für Deutschland den Schlagball wirft und über 50 Meter sprintet.

"Das wird für meine Frauen und mich schon sehr emotional werden", sagt Wolfgang Sacher, "Ulrike und ich sind jetzt schon mindestens so aufgeregt, wie es Silke schon seit Wochen ist..."