Die U-14-Schach-Mädchenmannschaft von TuRa Harksheide wird von Eltern und Freunden begeistert gefeiert

Norderstedt. Vier lange Tage, vier Nächte und sieben nervenaufreibende Partien gegen Deutschlands beste U-14-Jugendmannschaften mussten fünf junge Schachspielerinnen von Tu Ra Harksheide und ihr Betreuerteam warten, ehe sie den ersten nationalen Titel im Vereinsschach für Norderstedts größten Sportverein erkämpft hatten. Gewissermaßen auf der Zielgerade und wegen eines 4:0-Erfolgs gegen die SF Heilbronn-Biberach gaben die Nordlichter mit 11:3 Zählern dank der besseren Brettpunkte (19,5 zu 17,5) der SG Oesede/Georgsmarienhütte das Nachsehen.

Ein wahrhaft historischer Moment, denn der Sieg bei der Deutschen Meisterschaft ist gleichzeitig auch der erste Titelgewinn einer Jugendmannschaft aus Schleswig-Holstein. Als amtierender norddeutscher Champion und aufgrund der aktuellen Ranglistenpositionen der Spielerinnen waren Annika Polert, Luise Diederichs, Jasmin Zimmermann, Inken Köhler und Anna-Lena Schramm als Favoriten in Groß Dölln angetreten. Der Austragungsort der nationalen Titelkämpfe, für die sich die SG Burgtonna aus Thüringen als Ausrichter beworben hatte, ist ein Feriendorf in Brandenburg, das etwa 50 Kilometer von Berlin entfernt in der Schorfheide am Groß Väter See liegt

TuRa-Coach Alexander Bodnar, 55, stellte das Team auf die Begegnungen ein und analysierte zudem anschließend zusammen mit seinen Schützlingen die Partien. Zur psychologischen Unterstützung des Quintetts war Abteilungschef Eberhard Schabel mit angereist, und Thomas Köhler sorgte als Betreuer dafür, dass abseits der Bretter und des Wettkampfes alles klappte.

Wegen privater Verpflichtungen nicht am Brett war Jana Klich, die bei den Nordmeisterschaften als Mitglied der Harksheider Mannschaft das DM-Ticket mit erkämpft hatte. "Wir waren bestens auf die DM vorbereitet, und auch die Anreise mit der Bahn verlief im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen pünktlich und unproblematisch", sagte Eberhard Schabel, der die zu Hause gebliebenen Eltern und Freunde der Spielerinnen all die Tage mit einem Turniertagebuch im Internet über die aktuellen Geschehnisse auf dem Laufenden hielt. Unter erheblichen Problemen, denn die Verbindung zur Außenwelt war einige Male gestört.

Die Favoritenbürde lastete zunächst schwer auf den Mädchen

Die Harksheider Mädchen starteten furios in das Turnier und lagen nach Siegen gegen den SV Schott Jena (3:1), den SV Lingen (3:1) und die SG Burgtonna (3,5:0,5) schnell an der Spitze des Teilnehmerfeldes. Doch schon in den ersten Partien zeichnete sich ab, was in den folgenden drei Spielrunden dann auch in den Ergebnissen deutlich wurde: Dem TuRa-Team fehlte die Lockerheit am Brett, die jungen Mädchen hatten an der Last der Favoritenbürde schwer zu tragen hatten.

Das wurde im Verlauf einiger Partien überdeutlich. Lehrmeister Bodnar tigerte während der Wettkämpfe im Spiellokal herum, sah einige Schwächen und konnte doch nicht helfend eingreifen. Seine jungen Schülerinnen kämpften, grübelten und waren mit vollem Einsatz am Brett, obwohl beispielsweise Annika Polert durch eine schwere Erkältung gehandicapt war.

Nicht immer gelangen die genialen Züge, die den Kampf um die Krone vereinfacht hätten. Doch als es darauf ankam, lief die Crew zur Bestform auf. In der sechsten Runde lagen die zu diesem Zeitpunkt zweitplatzierten Harksheiderinnen gegen den Chemnitzer SC Aufbau 95 schon mit 0:2 zurück. Jasmin Zimmermann und Inken Köhler hatten ihren Kontrahentinnen zum Sieg gratulieren müssen. Trotz unklarer Stellungen gaben Annika Polert und Luise Diederichs nicht auf; sie schafften mit Kämpferherz, Glück und Geschick noch den Ausgleich.

Der Titel war wieder zum Greifen nah. Konzentriert, entschlossen und erfolgreich machte das TuRa-Quartett mit Annika Polert, Luise Diederichs, Jasmin Zimmermann und Anna-Lena Schramm am vierten Tag in Runde sieben den letzten Schritt. Doch das 4:0 gegen die SF Heilbronn-Biberach reichte noch nicht zum Feiern. Erst als Chemnitz gegen die führenden Mädchen des SC Diogenes Hamburg gewonnen hatte, durfte die TuRa-Crew jubeln.

Auf der Rückfahrt im Zug genehmigten sich Eberhard Schabel, Alexander Bodnar und Thomas Köhler ein Gläschen Sekt. Die Mädchen durften sich im Zug-Restaurant stärken und auch auf den Sieg anstoßen - natürlich mit alkoholfreien Getränken, wie es sich für jugendliche Sportler versteht.

Gänsehaut-Feeling für alle gab es noch einmal bei der Ankunft in Hamburg, als die begeisterten Eltern am Hauptbahnhof um 21.30 Uhr dem siegreichen Team einen meisterlichen Empfang bereiteten. Den dürften jetzt auch der Vorstand von TuRa Harksheide und die Stadt Norderstedt planen.

Für Spartenchef Eberhard Schabel ist ein Traum in Erfüllung gegangen

Für Eberhard Schabel, den Abteilungschef und Motor des Schachsports im TuRa Harksheide, war der Titel die Krönung seines jahrelangen Engagements für das Jugendschach. Mit der Schachschule wabfis bietet er in vielen Norderstedter Schulen Schach-AGs an. Zusammen mit den Trainingsgruppen bei TuRa beschäftigen sich so wöchentlich bis zu 900 Kinder mit dem königlichen Spiel.

Dabei hat Schabel eine schwere Zeit hinter sich. Nach einem Autounfall im August lag er lange im Krankenhaus und konnte mehrere Monate lang nicht mit den Jugendlichen am Schachbrett sitzen. Über 400 Mails erhielt er damals, in denen ihm Kinder und Eltern Mut zusprachen. Das schönste Geschenk machten ihm nun seine U-14- Mädchen mit dem Gewinn des nationalen Titels. "Der Sieg bei der Deutschen Meisterschaft ist ein Moment für die Ewigkeit", sagte er bewegt.