Ullrich und Christoph Schwarz sowie Stefan Wischmann knacken die 1000-Kilometer Marke im Dreiecks-Segelflug

Wahlstedt. "Wir haben es geschafft!" Klar und deutlich war der Jubelschrei der "Könige der Lüfte" über Funk zu hören. 150 Kilometer entfernt, auf dem Heimatflugplatz in Wahlstedt, prosteten sich die Mitglieder des Luftsportvereins Kreis Segeberg zu. "Glückwunsch, das habt ihr super gemacht", ging es zurück in den Äther.

Gegen 19.20 Uhr, als über Neustadt/Glewe in Mecklenburg-Vorpommern die Thermik endgültig versagte und weitere Rekorde unmöglich machte, hatte sich für drei Segelflieger ein Traum erfüllt: Der 63 Jahre alte Ullrich Schwarz aus Schmalensee im Einsitzer und Christoph Schwarz (30) aus Hamburg mit Co-Pilot Stefan Wischmann (16) aus Henstedt-Ulzburg im Doppelsitzer hatten erstmals die magische 1000-Kilometer-Marke im Dreiecksflug überwunden.

"Wir sind an unsere Grenzen gestoßen", sagte Ullrich Schwarz nach seiner Rückkehr. Der langjährige Leiter des Forstamtes Segeberg, seit Kurzem pensioniert und nur noch für sein Hobby da, wischte sich mehrfach Freudentränen aus den Augen, als er über das einmalige Erfolgserlebnis berichtete. "Fünfzehn Jahre habe ich für diesen Tag gearbeitet. Immer wieder bin ich gescheitert, manchmal nur um wenige Kilometer. Dieses Mal hat alles gepasst, die Wetter- und Sichtbedingungen waren erstklassig."

Morgens um 5.30 Uhr hatte bei Ullrich Schwarz in Schmalensee das Telefon geklingelt. Sein Sohn Christoph, von Beruf Jurist, meldete sich: "Heute sollten wir den Rekord in Angriff nehmen", sagte er. "Dieser Optimist", dachte der erfahrene Segelflieger Ullrich Schwarz. Er wusste natürlich: Die thermischen Verhältnisse im Norden Deutschlands sind zumeist stark beeinflusst von den schnell wechselnden Wetterfronten über der Nord- und Ostsee.

Tage mit früh einsetzender, guter bis starker Thermik und erst spät nachlassender Sonneneinstrahlung sind recht selten. "Dies war aber ein solcher Tag, und deshalb haben wir den Versuch gestartet", so Ullrich Schwarz.

Um 9.30 Uhr, ausgeprägte Schäfchenwolken standen am Himmel und reihten sich bei mäßigem Westwind hintereinander auf, stiegen sie mit Hilfe einer Seilwinde in die Luft. Zuerst der schneeweiße, gerade für 165 000 Euro mit Hilfe des Kreissportverbandes und des Landessportbundes angeschaffte Vereins-Doppelsitzer "Duo Discus", Kennzeichen D-KCSE, mit Christoph Schwarz und Youngster Stefan Wi schmann an Bord. Der 16-Jährige hatte erst einen Tag zuvor nach bestandener Prüfung seinen Privatpilotenschein - quasi den Führerschein der Segelflieger - erhalten.

Im schnittigen Einsitzer "Nimbur", Kennzeichen D-5896, stieg Ullrich Schwarz pfeilschnell dem tiefblauen Himmel entgegen. Sie hatten reichlich Verpflegung an Bord: einige Flaschen Wasser, Obst (vorwiegend Bananen) und belegte Brote.

Mit Hilfe der Energie der Aufwinde, die in Höhe und Fahrt umgesetzt wurden, schraubten sich die beiden Segelflugzeuge bis kurz unter die Wolken und flogen dann in Richtung Osten davon. Die ersten 280 Kilometer legte der Doppelsitzer mit einem Schnitt von 150 Stundenkilometer zurück. Der Weg führte sie entlang von vier Bundesländern nach Brandenburg/Havel, zurück nach Rotenburg/Wümme, wieder Richtung Osten nach Wittenberg/Lutherstadt und zur Grambecker Heide östlich von Lübeck.

Dann aber kam der Augenblick, an dem Ullrich Schwarz im Einsitzer der Atem stockte und er glaubte, alles sei vorbei. "Der GPS-Bildschirm zeigte mir an, dass ich 990 Kilometer zurückgelegt hatte", berichtete er, "aber die Thermik hatte ihren Dienst eingestellt." Irgendwie schaffte er es aber doch noch bis Neustadt-Glewe, wo der "Tacho" exakt 1036 Kilometer anzeigte. Schwarz drehte noch eine abschließende Platzrunde und landete sicher. Kurz darauf suchte er sich eine Übernachtungsmöglichkeit und flog am nächsten Morgen zurück nach Wahlstedt.

Sein Sohn Christoph und Co-Pilot Stefan waren schneller zu Hause als der Routinier. Bei Kilometerstand 1016 klappten sie langsam einen Hilfsmotor (Segelflieger-Jargon: Heimkehrerhilfe) aus dem Rumpf ihres Doppelsitzers heraus und kehrten aus eigener Kraft nach Hause zurück.

"Die zurückgelegte Strecke ist für den Luftsportverein eine einmalige Leistung", sagte Klubsprecher Karsten Wilkening. In der bundesweiten Wertung bedeuten die beiden Flüge den ersten Platz im Vergleich zu allen 1700 Segelfliegern, die sich an diesem Tag über Deutschland tummelten.