Fußballtrainer ziehen eine Bilanz der Weltmeisterschaft in Südafrika

Norderstedt. Die Fußball-Weltmeisterschaft ist beendet, die Vuvuzelas sind verstummt, der Jubel um die furios aufspielende deutsche Elf hat sich gelegt. Was aber nehmen die Trainer der Amateurmannschaften in unserer Region aus diesem Turnier mit? Die Norderstedter Zeitung hat nachgefragt, wie die WM wahrgenommen wurde und ob sich die gewonnenen Erkenntnisse auch auf die Vereinsarbeit übertragen lassen.

Jens Martens (SV Henstedt-Ulzburg): "Die junge deutsche Mannschaft hat ihr großes spielerisches Potenzial ausgeschöpft und Fußball der Extraklasse gezeigt. Schade, dass die Jungs ausgerechnet gegen Spanien nicht in Bestform waren. Ansonsten war ich vom Niveau eher enttäuscht, es gab viele mäßige Partien. Neue Impulse für die Trainingsarbeit im Verein hat die WM nicht geliefert. Dass Spanien Weltmeister geworden ist, bestätigt aber unser Konzept. Wir legen schon seit Jahren großen Wert auf spielerische Elemente und arbeiten intensiv an der Verbesserung der Passgenauigkeit sowie der Pass- und Ballsicherheit.

Besonders negativ sind mir die schwachen Schiedsrichterleistungen in Südafrika aufgefallen. Ich halte überhaupt nichts von einer Quotenregel für Unparteiische. Zu einem solchen Turnier fahren die besten Spieler, also müssen auch die besten Referees pfeifen."

Andreas Prohn (Eintracht Norderstedt): "Insgesamt ist auffällig, dass viele Mannschaften 4-2-3-1 gespielt haben und eher auf Defensive ausgerichtet waren als auf schnellen Fußball. Dass Thomas Müller bester junger Spieler und Torschützenkönig geworden ist, zeigt, dass sich in Deutschland viel getan hat im Nachwuchsbereich. Über das gesamte Turnier gesehen war Spanien die beste Mannschaft. Sie sind von der Technik her absolut dominant, sind ständig in Bewegung und haben das beste Passspiel aller Teams."

Sven Firsching (SC Kisdorf): "Das Niveau bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren in Österreich und der Schweiz war besser. Keiner der sogenannten Superstars hat in Südafrika die Erwartungen erfüllt. Dagegen hat der erst 20 Jahre alte Thomas Müller ein sensationelles Turnier gespielt. Das taktische 4-2-3-1-System von Louis van Gaal und Joachim Löw ist beeindruckend - doch dafür braucht man halt auch die entsprechenden Spieler. Ich habe mir fast alle Spiele vom Anstoß bis Abpfiff angeschaut, das war wie eine Fortbildung am Fernsehschirm für Fußballtrainer."

Jörg Schwarzer (TuRa Harksheide): "Vom defensiven Auftreten vieler Spitzenteams war ich doch sehr enttäuscht. Ich mag den offensiven Fußball, wie ihn auch meine Mannschaft spielt. Es hat sich gezeigt, dass der Teamgeist wichtiger war als die Stars. Mannschaften, die als Kollektiv aufgetreten sind, haben mehr erreicht."

Jens Fischer (Eintracht Norderstedt II): "Ich war von unserer Nationalmannschaft begeistert. Das technisch starke Offensivspiel war sensationell. In Sachen Laufbereitschaft und körperlicher Fitness war das deutsche Team ein Vorbild. Für mich und mein Team ist besonders das taktische Verhalten lehrreich - zum Beispiel, wie man sich nach einer Führung geschickt zurückziehen kann."

Claus Lüdemann (SV Sülfeld): "Es hat in der Vergangenheit schon Welt- und Europameisterschaften gegeben, bei denen man als Fußballtrainer mit der Zunge schnalzen konnte. Das Niveau in Südafrika hat mich dagegen enttäuscht, richtige Höhepunkte waren eigentlich nur die Spiele mit deutscher Beteiligung. Trotz der starken Auftritte unserer Mannschaft kann ich aber nicht verstehen, dass Trainer Joachim Löw nun das Bundesverdienstkreuz erhält. Keine Frage, er hat einen guten Job gemacht. Aber er bekommt dafür auch ein Jahresgehalt von 2,5 Millionen Euro.

Auffällig war, dass Stars wie der Argentinier Lionel Messi, der Portugiese Christiano Ronaldo und der Engländer Wayne Rooney sang- und klanglos untergegangen sind. Die Zeit der Selbstdarsteller ist vorbei, Mannschaften können nur erfolgreich sein, wenn sie geschlossen auftreten. Ich glaube nicht, dass es nach der WM einen Fußball-Boom in Deutschland geben wird. Die Erfahrung zeigt aber, dass es nach guten Auftritten der DFB-Elf bei Weltmeisterschaften eine Sogwirkung auf Jugendliche gibt."