Das 12. Internationale Oster-Schachturnier des SK Norderstedt ist so hochklassig wie noch nie besetzt und endet mit einem knappen Favoritensieg.

Norderstedt. Besondere Ereignisse verdienen auch besondere Räumlichkeiten. Und so gab es für Rüdiger Schäfer, den Vorsitzenden des Schachklubs Norderstedt keine Frage, wo im Rathaus er die Siegerehrung des 12. Internationalen Norderstedter Osterturniers, das wie schon in den vorangegangenen Jahren von SKN-Spieler Suren Petrosyan organisiert wurde, vornehmen würde. Es war mittlerweile schon 20.30 Uhr - die Turnierauswertung nach vier Tagen und neun Spielrunden hatte fast eine Stunde gedauert - als Schäfer alle noch anwesenden der 131 teilnehmenden Spieler in den großen Plenarsaal beorderte, um die Pokale und Preisgelder ihrer Bestimmung zukommen zu lassen.

"Man muss sich das einmal vorstellen. In Norderstedt waren Spieler aus 18 Nationen anwesend, unter den Teilnehmern befanden sich insgesamt 39 Titelträger, also Großmeister, Internationale Meister oder FIDE-Meister", fasste Rüdiger Schäfer die bedeutendsten Zahlen der diesjährigen Oster-Open zusammen. "Ich bin mir sicher, dass wir in Norddeutschland das stärkstbesetzte Turnier des Jahres ausgerichtet haben."

Auf dem hochklassigen Turnier wollen die Spieler Meisternormen erzielen

Hauptgrund für diese erhoffte Flut an internationalen Top-Spielern war die Erweiterung des Turniers von sieben auf neun Runden. "So konnten sich die Aktiven durch entsprechend gute Ergebnisse die Norm für den Aufstieg in eine höhere Meisterklasse erarbeiten", sagte Schäfer und konnte erfreut verkünden, dass dies auch einem der Teilnehmer gelungen war.

"Unser spanischer Gast Javier Aguera Naredo kam als FIDE-Meister nach Norderstedt und hat hier die letzte Norm erreicht, um künftig als Internationaler Meister geführt zu werden", so Schäfer, "leider wird er wohl erst zu Hause davon erfahren; er musste so schnell aufbrechen, dass wir ihm nun das Zertifikat per Post nachschicken."

Ein Service, den Turniersieger Maxim Turov nicht in Anspruch nehmen wollte. Der favorisierte Großmeister aus Russland, der von allen Teilnehmern mit 2658 Punkten die mit Abstand höchste ELO-Zahl (Spielstärke-Indikator) aufwies, nahm aus den Händen von Suren Petrosyan und Rüdiger Schäfer den Pokal und 850 Euro Siegprämie entgegen.

Dass Turov und nicht das Hamburger Supertalent Niclas Huschenbeth, 20, der mit der neuntbesten Wertungszahl in die Oster-Open gestartet war, die Trophäe mit Siegerpreisgeld erhalten würde, stand jedoch erst eine knappe Stunde nach der letzten Partie fest. Grund: Das Starterfeld war derart hochklassig auf einem Niveau, dass gleich die fünf Erstplatzierten 7 Punkte aufwiesen und auch die sechs folgenden Akteure einheitlich mit 6,5 Zählern nur einen halben Punkt zurücklagen.

"Und bei Turov und Huschenbeth waren auch noch die Punktzahlen der Buchholz-Wertung identisch", sagte Schäfer, "so mussten wir die Sonneborn-Berger-Wertung bemühen, um den Sieger zu ermitteln."

Und erst in diesem zweiten Zählverfahren, in dem neben den Punktzahlen der bezwungenen Gegner auch noch die Hälfte der Punkte der Gegner, gegen die ein Remis erspielt wurde, berücksichtigt wird, ergab sich ein Zähler Vorsprung für den Russen.

Rechenspiele, in die eine besondere Teilnehmergruppe der Oster-Open nicht eingegriffen hat, aber dennoch mit beachtlichen Leistungen überzeugte. Bundestrainer Wilfried Bode (Del menhorst) war mit fünf Aktiven des Deutschen Blinden- und Sehbehinderten-Schachverbands angereist, und das Quintett schlug sich gegen die sehende Konkurrenz bestens.

So landete Frank Schellmann (Halle) mit drei Siegen und drei Remis auf dem 63. Platz. Dabei müssen sich die DBSB-Aktiven auf einem Extra-Brett nach Ansage des Gegnerzuges jeweils die neue Spielsituation ertasten - eine enorme Leistung.

Eine Ansicht, die auch Volkmar Lücke, seit einem Jahr Vorsitzender des DBSB, teilt. Das Gründungsmitglied des SK Norderstedt hatte die Eröffnungsansprache des Turniers gehalten und von da an das Geschehen stets hautnah verfolgt. "Ich bin mit dem Abschneiden unserer Aktiven sehr zufrieden", sagte Lücke, "so hat sich unser jüngster Starter Mirko Eichstädt mit seinen 15 Jahren als 73. um rund 40 Plätze im Vergleich zur Meldeliste verbessert. Es war ein hochklassiges und für uns erfreuliches Turnier."

Doch der ehemalige SKN-Vorsitzende hatte für seine Nachfolger auch mahnende Worte parat. "In Norderstedt steckt durch das Ligateam des SKN und die starken Jugendspieler so viel Potenzial für den Schachsport, dass man die Oster-Open eigentlich noch viel besser hätte verkaufen können."

Worte, die sich Schäfer zu Herzen nimmt. "Wir werden intensiv Manöverkritik betreiben, um zu sichern, dass wir wieder hochklassige Oster-Open ausrichten können, aber das finanzielle Risiko minimieren", so Schäfer, "denn die schwarze Null ist in diesem Jahr durch fehlende Sponsoren in Gefahr geraten."