Eintracht Norderstedts Mario Jurkschat trifft nach über elfmonatiger Verletzungspause zum 1:1 gegen den SC Victoria.

Hamburg. Binnen weniger Augenblicke kamen die Erinnerungen zurück. An einem kalten Abend, auf einem matt beleuchteten Kunstrasenplatz in Hamburg-Lokstedt, endete ein bitteres Kapitel für Fußballer Mario Jurkschat. Und eine neue Geschichte nahm ihren Anfang.

Der 29-Jährige hat schon unzählige Treffer in seiner Karriere erzielt: für die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund, Kickers Emden, den SC Concordia, Altona 93 und sogar die deutsche U-16-Nationalmannschaft. Aber das 1:1 in der 79. Minute der Oberliga-Begegnung zwischen dem SC Victoria und Eintracht Norderstedt war, so kitschig es klingen mag, eben doch speziell.

13. März 2011, 14.11 Uhr - dieses Datum hat sich tief in das Gedächtnis des Angreifers eingebrannt. Der damalige Auftritt im Trikot von Altona 93 gegen den Niendorfer TSV endete nach einer knappen Viertelstunde mit einem kaputten Kreuzband, einem geschädigten Meniskus und einer Knochenverletzung. Ein Totalschaden, der bei vielen Amateuren wohl die Sinnesfrage hervorgerufen hätte, ob man es mit dem Kicken nicht besser lassen sollte.

Doch Mario Jurkschat schuftete, nahezu unbeachtet von der Öffentlichkeit, in der Reha, während sich seine neuen Norderstedter Teamkollegen in der Oberliga Hamburg zu einem Titelkandidaten entwickelten. Da war er allerdings noch gar nicht so richtig drin in der Truppe. Dies änderte sich in der Wintervorbereitung. Sukzessive erhöhte Jurkschat unter Beobachtung von Trainer Andreas Prohn, aber auch von Physiotherapeut Norman Fischer, das Pensum. Und das Knie hielt, das wurde in diversen Testmatches deutlich. Daher hatte Prohn keinerlei Bedenken, seinem Schützling in der Schlussphase der Partie beim SC Victoria zum Saisondebüt zu verhelfen.

Und so meldete sich Mario Jurkschat, gerade mal vier Minuten auf dem Feld und steil geschickt von Rafael Monteiro, zurück im Hamburger Fußballgeschehen. Mit ein wenig Selbstironie kommentierte er sein Tor: "Ich dachte, der Pass ist zu weit. Aber ich habe mein Holzbein noch ranbekommen."

Im Fallen schob er den Ball an Victoria-Keeper Christian Schau vorbei und verhinderte somit eine unverdiente Niederlage für die Garstedter. Denn nachdem das Eintracht-Team sein viel zu passives Auftreten in der Anfangsphase noch mehr oder weniger glücklich ohne Rückstand überstanden hatte, hinterließ es spielerisch im Vergleich mit dem gleichermaßen als Regionalliga-Kandidat eingestuften Kontrahenten den besseren Eindruck. Dominic Ulaga mit zwei gefährlichen Freistößen, Steven Lindener mit einem Lattenschuss und Ivan Sa Borges Dju mit zwei weiteren Großchancen hätten die Gäste in Führung bringen müssen. Tendenziell gegen den Spielverlauf, aber als Konsequenz mehrerer individueller Fehler fiel jedoch das 1:0 für Victoria durch einen Freistoß von der Strafraumgrenze (65./Benny Hoose).

"Drei Aktionen, dreimal schlecht", kritisierte Andreas Prohn und meinte damit den Ballverlust von Lindener an der Eckfahne, das dumme Foul von Ulaga und das Zögern von Schlussmann Marcel Kindler beim Schuss in die Torwartecke. "Danach haben wir aber Moral bewiesen. Der Punkt ist verdient. Wir hätten das Spiel gewinnen können, gewinnen müssen", so Prohn.

Zumindest Mario Jurkschat durfte seinen persönlichen Sieg feiern - über die Verletzung und gegen manche Zweifler, die ihn schon abgeschrieben hatten. Der gesamte Eintracht-Tross stürmte nach dem Tor auf ihn zu, anschließend verpasste der Mann des Tages seinem genesenen linken Knie ein Küsschen.

Jurkschats Einstand im Victoria-Spiel verleitet zu der Prognose, dass die Norderstedter nun einen "Faktor X" im weiteren Saisonverlauf haben könnten. Vorerst wird es allerdings bei Kurzeinsätzen bleiben. "Andreas Prohn macht das gut, er führt mich langsam heran. Wir machen das peu à peu", sagte Jurkschat. Und sein Coach ergänzte: "In zwei, drei Wochen wird Mario weiter sein. Diesmal hat er sich dafür bedankt, dass wir ihm das Vertrauen geschenkt haben. Er weiß halt, wo das Tor steht."

Tore: 1:0 Hoose (65.), 1:1 Jurkschat (79.). Eintracht Norderstedt: Kindler - Siedschlag, Ribeau, Lindener (75. Jurkschat), Trefzger - Monteiro, Browarczyk (69. Meyer), Schuhmann, Ulaga - Ljubisavljevic, Sa Borges Dju (62. Scharkowski).