Christian Boysen läuft mit der 4 x 400 Meter-Seniorenstaffel der Leichtathletikgemeinschaft Alsternord 4:41,04 Minuten.

Hamburg. Otto Rehhagel kehrt mit 73 als Trainer in die Fußball-Bundesliga zurück. Der ein Jahr jüngere Joachim Gauck soll Bundespräsident werden. Sänger Peter Kraus, 72, begeistert mit seinem Hüftschwung noch immer seine Fans - und Udo Jürgens geht im Oktober - dann als 78-Jähriger - auf große Deutschland-Tournee.

Reife Männer sind gefragt, das steht fest. Und dass die älteren Semester auch im Sport noch eine Menge zu bieten haben, beweisen die Senioren der Leichtathletikgemeinschaft Alsternord regelmäßig aufs Neue. In diesem Jahr haben die Routiniers neben der Hatz nach nationalen und internationalen Meistertiteln noch eine weitere Leidenschaft für sich entdeckt: die Jagd nach internationalen Rekorden.

Nachdem Heinz Keck, Thomas Bartning, Axel Wendt und Hartmann Knorr vor eineinhalb Wochen mit 11:36,44 Minuten in der Altersklasse M 70 einen Weltrekord über 4 x 800 Meter eine neue Bestmarke aufgestellt hatten, rannten Keck, Wendt und Knorr zusammen mit Christian Boysen in der Alsterdorfer Leichtathletikhalle nun auch eine neue Bestmarke über 4 x 400 Meter.

Schon vor einem Jahr hatten Hartmann Knorr, Horst Hufnagel, Paul Busse, Axel Wendt mit 5:05,69 Minuten einen erfolgreichen Versuch über 4 x 400 Meter gestartet, wurden aber nur wenige Wochen später von einer amerikanischen Staffel wieder entthront. Die USA-Oldies benötigten bei ihrem Lauf in Albuquerque nur 4:50,36 Minuten.

Die Rekordstaffel, die über 4 x 800 Meter geglänzt hatte, wurde für den neuen Versuch auf einer Position umgestellt. Für Langstreckenspezialist Thomas Bartling kam Christian Boysen ins Team. Eigentlich war der 70-Jährige auch über 800 Meter für die Staffel vorgesehen, unterlag dann aber im Ausscheidungsrennen knapp Heinz Keck.

"Wir wollten sehen, wer schneller ist. Und er war nun mal ein kleines Stück vor mir", sagte Christian Boysen und nahm seine Niederlage sportlich. Schließlich bekam er nun seine Chance. "Die 400 Meter sind ja auch meine Lieblingsstrecke", sagte er, "ich freue mich sehr, dass ich dabei sein durfte."

Jedes Teammitglied benötigt im Schnitt nur 70 Sekunden

Unter dem Jubel der zahlreichen Zuschauer liefen Hartmann Knorr, Heinz Keck, Christian Boysen und Axel Wendt eine Zeit von 4:41,04 Minuten und waren damit 9,32 Sekunden schneller als die bisherigen Rekordhalter aus den USA. Ein Grund für die schnelle Zeit - im Schnitt benötigte jedes Teammitglied gerade einmal 70 Sekunden - waren die optimalen Wechsel. "Wir haben beim letzten Training noch einmal die Übergaben geübt, es hat alles gut geklappt", sagte Christian Boysen.

Die körperliche Anstrengung war ihm und seinen Teamkollegen nach dem Lauf allerdings anzumerken. "Ich bin sehr schnell losgerannt, weil ich sonst nicht mehr in die Gänge komme. Am Ende der zweiten Runde habe ich aber dann doch gemerkt, dass die Kondition ein wenig nachlässt", so Boysen.

Für den Diplom-Ingenieur ist der Sport nach Abschluss des Berufslebens mehr als nur ein Hobby. Bis zu viermal pro Woche schnürt der Hamburger seine Sportschuhe. Eine angenehme Veränderung zum Arbeitsalltag hat Christian Boysen schnell festgestellt. "Der Unterschied ist, dass man nicht mehr so früh aufstehen muss."

Neben dem Training in der Alsterdorfer Leichtathletikhalle absolvieren er und seine Vereinskameraden viele Trainingseinheiten auf dem Sportplatz Tegelsbarg in Poppenbüttel. Schlechtes Wetter stört die LGA-Sportler dabei nicht. Im Gegenteil, es härtet offensichtlich ab. Um dauerhaft erfolgreich zu sein und gute Trainings- und Wettkampfresultate zu erzielen, sind schließlich Disziplin, Konzentration und die Überwindung des inneren Schweinehunds erforderlich.

Mittlerweile schließen sich auch Athleten aus anderen Vereinen der LG Alsternord an, denn dort finden sie Qualität, aber auch Quantität. Ein Beispiel für die große Sportlerdichte: Bei beiden Weltrekordversuchen stellte die LGA eine zweite Staffel.

Boysen und seine Kameraden gehen jetzt wieder auf nationaler Ebene auf Medaillenjagd. Nächster Höhepunkt sind die Deutschen Meisterschaften am 3. und 4. März in Erfurt.