Norderstedts Ju-Jutsu-Bundesliga-Klub leidet unter massivem Mitgliederschwund, weil geeignete Trainingsmöglichkeiten fehlen.

Norderstedt. Wenn von Norderstedts erfolgreichsten Sportlern die Rede ist, dürfen die Ju-Jutsu-Kämpfer des Kodokan e.V. in der Auflistung nicht fehlen. Nahezu jedes Jahr bringt der Verein für Kampfsport und Selbstverteidigung Welt- und Europameister hervor. Hinzu kommen zahlreiche Siege bei nationalen Titelkämpfen und internationalen Wettbewerben.

In der Ju-Jutsu-Bundesliga mischt die Kodokan-Mannschaft ebenfalls auf ganz hohem Niveau mit. In der vergangenen Saison war das Team Dritter, 2012 wollen die Aktiven noch eine Schippe drauflegen und Deutscher Mannschaftsmeister werden.

Am vorletzten Wettkampftag gewannen die Norderstedter in der Falkenberghalle gegen den TKW Nienburg und gegen Bushido-Ryu Gelsenkirchen jeweils mit 4:2 und setzten sich damit an die Spitze der Gruppe Nord. Für die Norderstedter punkteten Björn Petersen, Axel Walther (Kategorie bis 69 Kilogramm), Danny Mathiasen (bis 77 kg), Aukje Sich (Frauen bis 62 kg), U-21-Weltmeisterin Sabina Mathiasen (bis 70 kg) sowie das Duo Jasmin Binder/Philippe Kimtis. Damit ist den Kodokanern der Einzug in die DM-Endrunde schon vor dem letzten Kampftag am 21. Januar in Leese nicht mehr zu nehmen. Das Final Four findet am 11. Februar in Oberdürrbach statt.

Dieser Erfolg ist keine Selbstverständlichkeit, denn die Mannschaft von Trainer Stefan Jacobs ist quantitativ wesentlich schwächer besetzt als in der vergangenen Saison. "Der Verein muss ohne Sponsoren auskommen, deshalb können wir uns keine großen Sprünge leisten", sagt der Coach. Die Trainingslager - am Wochenende geht es für einige Tage nach Schweden - und andere außergewöhnliche Methoden, wie beispielsweise Mentalcoaching, zahlen die Sportler aus eigener Tasche; Zuschüsse gibt es nur in kleinem Rahmen.

Das größte Problem, das der 51 Jahre alte Vereinsvorsitzende hat, sind allerdings die unzureichenden Trainingsmöglichkeiten in Norderstedt. Die sanierungsbedürftige Gymnastikhalle der Regionalschule Garstedt wurde vor zwei Jahren geschlossen, einen adäquaten Ersatz haben die Kampfsportler bis heute nicht erhalten. "Wir haben die Möglichkeit, die Turnhallen im Aurikelstieg und im Gymnasium Harksheide zu nutzen. Außerdem kooperieren wir mit der Judosparte von TuRa Harksheide. TuRa hat uns Trainingszeiten im Dojo am Exerzierplatz zur Verfügung gestellt, wofür wir dem Verein sehr dankbar sind", sagt Stefan Jacobs.

Doch diese Lösungen sind nicht optimal. "Wir haben nur noch halb so viele Übungszeiten wie früher. Beim Kickboxtraining müssen die 60-Kilogramm schweren Sandsäcke aufgehängt und wieder abgenommen werden. Hinzu kommt der enorme Aufwand, die Dojo-Matten, die pro Stück 7,5 Kilogramm wiegen, ständig auf- und wieder abzubauen. "Da müssen immer Erwachsene mithelfen, für die Kinder ist das zu schwer. Und wenn die Matten nicht vernünftig zusammengeschoben werden, besteht ein großes Verletzungsrisiko", sagt Stefan Jacobs.

Eine Kampfsport-Halle in Norderstedt wäre die optimale Lösung

Am liebsten wäre Jacobs ein eigenes Dojo, wie es der Gymnastikraum in der Garstedter Regionalschule vor der Schließung war. Sein großer Traum ist eine eigene Halle für alle Norderstedter Kampfsportler. Doch das ist Wunschdenken, da die Vereine in der Realität nur selten an einem Strang ziehen.

Kurzfristig würde sich Stefan Jacobs schon über zusätzliche Hallenzeiten freuen - doch die in Frage kommenden Räumlichkeiten sind schon von anderen Vereinen oder Institutionen belegt. Wie effektiv die Auslastung ist, wissen aber meistens nur die Verantwortliche der Vereine oder die Hausmeister der Schulen, an denen trainiert wird.

Zurzeit wartet Stefan Jacobs auf eine Rückmeldung von Thomas Broscheit vom Fachbereich für Schule und Sport im Norderstedter Rathaus. Broscheit, der für die Vergabe der Hallenzeiten verantwortlich ist, befindet sich aber noch im Urlaub.

"Wir haben vor zwei Monaten ein Gespräch geführt. Ich hatte Herrn Broscheit darum gebeten, doch einmal nachzuschauen, ob für uns noch Kapazitäten vorhanden sind. Die Stadt ist bemüht, das weiß ich ja", so Jacobs, der sich allmählich Sorgen um die Zukunft seines Vereins macht.

Die unbefriedigenden Rahmenbedingungen haben sich inzwischen negativ auf die Mitgliederzahlen ausgewirkt. Während die Erwachsenen noch relativ flexibel sind und gelassen reagieren, haben viele Kinder und Jugendliche keine Lust auf das ständige Hin und Her.

"In den letzten beiden Jahren haben wir rund 80 Sportler verloren, aktuell gibt es noch 190 Kodokanern. Es existiert zwar noch ein harter Kern, aber finanziell bekommt unser Verein allmählich ein Problem. Wir bewegen uns auf sehr dünnem Eis", so Jacobs.