Klassenerhalt perfekt: Dem Verein fehlen sowohl Spielerinnen als auch Sponsoren. Am Donnerstag stellt Thomas Broscheit nach 17 Jahren sein Amt als Klubchef zur Verfügung.

Norderstedt. Es ist kurz nach 19 Uhr in der Moorbekhalle. Katrin Rehfeldt schlägt für die Zweitliga-Volleyballerinnen des 1. VC Norderstedt zum Matchball gegen Schlusslicht Kieler TV auf. Der VCN, bis dahin Tabellenvorletzter, hat in den gut 60 Minuten zuvor die Gäste nach Belieben beherrscht. Und auch jetzt geraten die Kielerinnen sofort unter Druck, kriegen den Ball nur unsauber ans Netz gestellt; Katja Saß ist mit dem letzten Block der Partie zur Stelle. Die VCN-Frauen gewinnen die Partie mit 3:0 (25:16, 25:19, 25:19) - doch erst jetzt beginnt der spannende Teil des Abends.

Hallensprecher Klaus Deutscher verfolgt am Liveticker das Ergebnis aus Münster, wo der bisher noch punktgleiche Tabellennachbar des VCN, der TV Gladbeck, ebenfalls um den Klassenerhalt kämpft. Und es sieht gut aus für Norderstedt: Der USC Münster führt mit 2:0 Sätzen, Deutscher verkündet im Minutentakt die Zwischenstände. Dann, nach knapp 15 Minuten, ist es soweit. Die Münsteranerinnen verwandeln ihren Matchball, die VCN-Frauen rücken auf Platz zehn vor und haben den Klassenerhalt geschafft.

Die Spielerinnen, ihr Trainer Thomas Schmidt und Manager Thomas Broscheit freuen sich. Doch der Jubel fällt verhalten aus. Der Grund: Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das letzte Service von Katrin Rehfeldt für längere Zeit der letzte Aufschlag eines Zweitliga(frauen)teams in Norderstedt gewesen sein könnte. "Uns fehlen derzeit Sponsorengelder und Spielerinnen, um eine Mannschaft für die Saison 2010/2011 zu melden", sagte Thomas Broscheit, "ein künftiger Etat müsste ungefähr 100 000 Euro betragen, wir waren in dieser Saison bei gerade einmal 50 000. Sollten sich bald Sponsoren finden, wäre bestimmt noch etwas zu machen. Aber das müssen meine Nachfolger klären."

Broscheit, vor 17 Jahren Gründungsmitglied des 1. VC Norderstedt und seitdem Vorsitzender, wird am Donnerstag bei der Hauptversammlung seinen Posten abgeben. "Ich habe mich nach 40 Jahren Volleyball schon länger mit dem Gedanken befasst, kürzer zu treten und künftig mehr Zeit zusammen mit meiner Frau zu verbringen. Ich übergebe einen gesunden Verein, und Leistungsvolleyball ist ja nicht personenbezogen. Wer immer in die Ämter des Vorsitzenden und seines Stellvertreters gewählt wird, hat alle Möglichkeiten, hier weiter etwas aufzubauen."

Daran würde Coach Thomas Schmidt nur zu gern mitwirken. Doch ohne Zweitliga-Frauenteam ist es wohl illusorisch, dass der Mecklenburger, der einen Job im kaufmännischen Bereich sucht, weiterhin dreimal pro Woche per Bahn von Schwerin nach Hamburg und zurück pendeln wird.

"Wenn es für mich machbar ist, würde ich gerne mit einem sportlichen Ziel beim 1. VC Norderstedt weiterarbeiten. Doch dafür bedarf es einer zusätzlichen beruflichen Perspektive", so Schmidt, "in jedem Fall muss ich meinen Spielerinnen und unserer Verstärkung aus dem Regionalligateam für ihren Einsatz danken. Ich bin sehr froh, dass wir sportlich die Klasse gehalten haben. Was der VCN nun daraus macht, müssen halt andere Köpfe entscheiden."

Welche Köpfe dies sein werden, dürfte in drei Tagen bekannt sein. Es bleibt die Frage: Wohin geht die Reise des Vereins?