Vorzeigesportler Alexander Knaub ist einer von Deutschlands besten geistig behinderten Leichtathleten, die in Norderstedt für die Spiele 2012 in London trainieren.

Norderstedt. Das Posen auf Wunsch der Fotografen und Kameraleute absolvierte Alexander Knaub ebenso professionell wie er tags darauf im Kraftraum wieder sein Trai ningsprogramm abspulte. Der 33 Jahre alte Kugelstoßer, Diskus- und Speerwerfer aus Norderstedt ist halt in jeder Hin sicht ein Vorzeigesportler.

Der geistig behinderte Athlet von den Norderstedter Werkstätten richtet sein Training auf den Saisonhöhepunkt aus, die Europameisterschaften im Juli in Kroatien. Den Verantwortlichen des Sportbereichs der Werkstätten um Maike Rotermund ist bereits ein großer Wurf gelungen: Der Deutsche Behindertensportverband richtet in Norderstedt einen bundesweit einzigartigen Paralympischen Stützpunkt für Sportler mit geistiger Behinderung ein.

Trainierten bis dato 15 geistig Behinderte sowie drei Körperbehinderte aus Schleswig-Holstein unter dem Dach des 2002 gegründeten Landesleistungszentrums Norderstedt, so kommen nun ausgesuchte Sportler aus ganz Deutschland hinzu.

Die sollen insbesondere im Rahmen von Wochenendlehrgängen gezielt gefördert werden. Für sie alle ist das große Ziel die Teilnahme an den Paralympics 2012 in London.

Die Aufwertung zum Paralympischen Bundes-Stützpunkt verschafft der Norderstedter Einrichtung an der Stormarnstraße, in der 350 Menschen beschäftigt sind, einen weiteren Imagegewinn. "Über den Sport erfahren die Behinderten ganz große Anerkennung", sagte Mathias Schneeloch, seit einigen Monaten Leiter der Werkstätten.

Anerkennung in Form einer stattlichen Spende erfuhr der Be reich des Behindertensports aber auch durch den Rotary Club Norderstedt. Präsident Dietmar Manke überreichte einen Scheck über 12 500 Euro: Die 7500 Euro aus der Kasse des Clubs wurden durch eine private Spende aufgestockt. Manke: "Wir würdigen das Engagement der Norderstedter Werkstätten im Breitensport für Behinderte und auch Erfolge der Spitzensportler auf internationaler Ebene."

Damit noch weitere Erfolge hinzukommen, ackert Alexander Knaub mindestens fünfmal in der Woche, stemmt im Kraftraum tonnenweise Gewichte. Knaub, der in der Tischlerei der Werkstätten arbeitet, tauscht täglich den Blaumann mit dem Trainingsanzug, um sich unter Regie von Maike Rotermund, die früher selbst Mehrkämpferin war, auf die Wettkämpfe vorzubereiten.

Das Hauptaugenmerk gilt dem Kugelstoßen: 9,63 Meter stehen bis dato zu Buche. "Im Training", so Rotermund, "waren jüngst diverse Stöße über 9,50 Meter dabei." Die Zehn-Meter-Marke könnte bald fallen.

Vor acht Jahren hat Alexander Knaub mit dem regelmäßigen Leichtathletiktraining begonnen. Der 33-Jährige, der jüngst (wie berichtet) bei den Internationalen Deutschen Hallenmeisterschaften in Halle/Saale die Silbermedaille holte, wirkt durchweg bescheiden und freundlich. Mai ke Rotermund: "Alexander würde beim Krafttraining nie schummeln, um weniger zu ma chen." Entspannen kann er am besten beim Fernsehen - am liebsten würde er dies in einer ei genen Ein-Zimmer-Wohnung tun, die er dringend sucht.

Auch Sportlehrerin Rotermund hält nach einem neuen "Wohnzimmer" für ihre Aktiven Ausschau. Eine ihrer Visionen ist, dass zusammen mit der Stadt die große Werkshalle, die direkt neben dem Areal der Werkstätten liegt und leer steht, gekauft und zur Sporthalle umgebaut wird: "Abends könnten andere Betriebe und Vereine die Halle nutzen."

Und was den neuen Paralympischen Stützpunkt Norderstedt angeht, schwebt der Macherin in Sachen Behindertensport vor, Athleten von auswärts im eigenen Sportinternat nach Vorbild des HSV unterzubringen: "Aber wie beim Training von Alex geht es nur Schritt für Schritt."