Carsten Embach zieht nach den Wettkämpfen in den Norden. Der gebürtige Stralsunder hat durch das Internet Schulfreundin Anett wiedergefunden und wird für sie seinen Lebensmittelpunkt in die Kurstadt verlagern.

Bad Bramstedt. Bobfahrer sind Geschwindigkeit gewöhnt, aber derart rasant und hektisch hätte sich Carsten Embach seinen Abflug zu den Olympischen Winterspielen ins regnerische Vancouver vom Flughafen Fuhlsbüttel nicht gewünscht. Ausgerechnet vor dem Start seines Zubringers nach Frankfurt hatten Schnee und Eis den Verkehr auf der A 7 zum Erliegen gebracht.

Der 41 Jahre alte Wintersportler ist Bundestrainer der deutschen Bobfahrer und persönlicher Coach von Romy Logsch, der Anschieberin von Zweierbob-Pilotin Cathleen Martini. Und auch wenn die Bobwettbewerbe im Whistler Sliding Center erst vom 20. bis 27. Februar ausgetragen werden, wäre es peinlich gewesen, wenn der Coach seinen Flieger verpasst hätte.

Embach, der selber 2002 als Anschieber von Pilot André Lange in Salt Lake Ci ty Olympisches Gold im Viererbob gewann, hatte Glück im Unglück: Er kam auf den letzten Drücker am Terminal 2 an. Das Er stellen der Bordkarte und die Gepäckaufgabe dauerten keine fünf Minuten, dann noch ein Abschiedskuss für Freundin Anett - und schon war die Sicherheitskontrolle passiert.

Dass Carsten Embach das Projekt Gold von Schleswig-Holstein aus in Angriff genommen hat, ist der Liebe und dem World-Wide-Web zu verdanken. Über die Internetplattform von www.stay friends.de fand der Stralsunder Anett Wetzel wieder. Die Bramstedterin hatte mit Embach von 1975 bis 1981 die damalige Polytechnische Oberschule Willi-Bredel-Straße besucht. "Wir mochten uns schon damals", sagt Freundin Anett, "ich war traurig, als Carsten dann auf die Sportschule nach Potsdam wechselte."

Doch 2009 kreuzten sich ihre Wege im Internet. Carsten Embach: "Ich werde nach den Olympischen Spielen meinen Lebensmittelpunkt mehr und mehr nach Bad Bramstedt verlagern."

Der 41-Jährige wurde in Potsdam auf der Friedrich-Ludwig-Jahn-Schule bis 1988 zu einem Weltklasse-Leichtathleten ausgebildet. Als letzter Hallenmeister der DDR im Weitsprung belegte er bei der Hallen-Europameisterschaft 1990 mit 7,83 Metern Rang fünf.

Doch die großen internationalen Erfolge kamen erst, als ihn Freund René Hannemann zum Anschub-Test ins Bobsport-Zen trum nach Oberhof lockte. "Die hätten mich am liebsten sofort dort behalten, und schon 1994 habe ich als Bremser von Wolfgang Hoppe Bronze bei den Olympischen Spielen in Lillehammer gewonnen", erinnert sich Carsten Embach. Es folgten zwei Weltmeistertitel mit Wolfgang Hoppe sowie einer mit seinem Kumpel und dem Fahnenträger der deutschen Mannschaft in Vancouver, André Lange, ehe der Griff nach Gold gelang.

Nach dem Karriere-Ende nahm Embach zwar 2004 in Frankfurt/Main ein Studium der Sportökonomie auf, doch der Deutsche Bobsportverband mochte sein Fachwissen nicht lange ungenutzt lassen. Über den Job als Athletikcoach kam Carsten Embach auf seine heutige Position als Bundestrainer der Männer.

"Du musst immer ansprechbar sein, hast von Spätsommer bis Ende der Wettkämpfe keine Ruhe", sagt Embach. Er weiß sehr wohl, warum ihm die im Internet wiedergefundene Liebe auch so gut tut. "Bad Bramstedt ist eine beschauliche, aber sportbegeisterte Stadt", sagt der gebürtige Stralsunder, "die Gegend hier erinnert mich an meine Heimat, hier kann ich abschalten und den Akku wieder aufladen."

Letzteres ist wörtlich zu nehmen. Auch wenn Carsten Embach seine jetzige Beziehung zu Freundin Anett den neuen Medien zu verdanken hat, irgendwann ist auch Schluss damit. "Sobald ich in Bad Bramstedt bin und keine Verbandsarbeit mehr nötig ist, dann schalte ich das Blackberry aus und will nicht mehr erreichbar sein", sagt das Nordlicht aus Überzeugung, "wir sind froh, dann unsere Ruhe zu haben."

Wobei Sport bei der gemeinsamen Freizeitgestaltung dann gerne noch eine Rolle spielen darf: "Wir haben schon ein Regionalliga-Handballspiel der Bramstedter TS besucht, schließlich spielen Anetts Söhne Tom und Robert für das Team."

Aber nun ist erst einmal für zwei Wochen Fernbeziehung angesagt. Und dann sind Telefon und Internet wieder sehr willkommen für Carsten Embach und Freundin Anett, um Kontakt zu halten und Erlebnisse auszutauschen - und vielleicht hat der Bob-Bundestrainer dann ja auch Gelegenheit, über Gold für Deutschland zu berichten...