“Die Zeit in Norderstedt hat mir unglaublich geholfen und mich um einiges weitergebracht“, sagt Vanessa Low, “ich gehe mit einem Gefühl großer Dankbarkeit.“

Norderstedt. Erst knapp zehn Monate ist es her, dass die beidseitig oberschenkelamputierte 19-Jährige aus Ratzeburg ins Norderstedter Landesleistungszentrum (LLZ) für behinderte Leichtathleten kam. Die Norderstedter Zeitung berichtete über die Gymnasiastin, die 2006 mit Glück ihren Unfall an einem Bahnübergang, als sie von einem Zug erfasst wurde, überlebt hat. Mit viel Willenskraft widmet sich Vanessa Low nun, seit es ihr körperlich möglich ist, der Leichtathletik. Erst bei ihrem Heimatverein, dem Ratzeburger SV, seit Anfang 2009 auch am LLZ, über das sie im Februar an ihren ersten offiziellen Wettkämpfen teilnahm. "Ich habe von Sprinttrainerin Sandra Heinichen viel gelernt, und die Fürsorge, die ich dort durch Britta Jaenicke und Maike Rothermund erfuhr, hat mich auch wieder ein Stück weitergebracht."

Doch das ist jetzt Vergangenheit. Vanessa hat den "Sprung" in doppeltem Sinne geschafft und lebt künftig in Leverkusen. Sie trainiert bei Bayer 04 und macht parallel ein vorbereitendes Praktikum bei der Sparkasse, um später einen dualen Studiengang aufzunehmen.

"Aber meine wichtigste Erfahrung habe ich vorher schon in Norderstedt gemacht", sagt Vanessa. "Im Waldstadion habe ich meine ersten Weitsprünge absolviert - und das ist jetzt meine beste Disziplin geworden." Mit offiziell 3,64 Metern fehlen der jungen Frau nur noch neun Zentimeter zum Weltrekord - für einseitig Amputierte wohlgemerkt. "Es gibt weltweit zu wenig beidseitig amputierte Frauen, um eine eigene Konkurrenz bei Wettkämpfen zu haben", sagt sie, "für einen gültigen Weltrekord müssen im Wettkampf mindestens vier oder fünf Athletinnen gestanden haben." Und so wird sich die 19-Jährige auch bei kommenden Wettkämpfen mit weniger eingeschränkten Konkurrentinnen messen müssen.

Und das schon nächste Woche zu einem Anlass, den vor gut einem Jahr kaum jemand für möglich gehalten hätte - außer vielleicht Vanessa Low selber. Heute besteigt sie in Hamburg den Flieger nach Frankfurt, um dort das Nationalteam zu treffen. Dann geht es weiter zur WM der amputierten Sportler nach Bangalore in Indien. Dort startet Vanessa Low im Weitsprung und über 100 Meter. "Im Sprint rechne ich mir wenig aus, weil es mit dem Tiefstart nicht klappt", sagt sie, "aber im Weitsprung spekuliere ich schon auf eine Medaille." Kein Wunder - denn im Training sind Vanessa schon Sätze von vier Metern gelungen...