Der Dorfklub schafft mit dem 2:1-Auswärtserfolg beim TSV Gadeland den Sprung in die Schleswig-Holstein-Liga.

Hartenholm. Die Zeremonie war minutiös geplant und verlief dann doch spontan. Nach links, nach rechts, nach vorn, nach hinten und wild durcheinander umarmten sich Fußballer, Verantwortliche sowie die 200 Fans des TuS Hartenholm nach dem 2:1 (1:1) beim TSV Gadeland. Die Symbole des Triumphes erschienen prompt auf dem Rasen: in hoffnungsvoller Voraussicht gedruckte Meister-Shirts, Fahnen und ein großes Banner; alles begleitet von ausgiebigen Bierduschen.

Vom Schleswig-Holsteinischen Fußballverband gab es Medaillen und eine Ehrenplakette. Und vom Team rohe Eier für Trainer Markus Weber. Rohe Eier? Ja, denn der neue Titelträger der Verbandsliga Süd-West und mittlerweile dritte Klub aus dem Kreis Segeberg in der Beletage des nördlichsten Bundeslandes pflegt eine ganz besondere Kultur.

Es ist knapp sechs Wochen her, da stand Markus Weber vor seiner Mannschaft. Leise Selbstzweifel hatten sich nach zwei Niederlagen ausgebreitet, der PSV Neumünster war erstmals auf den ersten Platz vorbeigezogen. Der Coach gab jedem Spieler zur Verdeutlichung der Situation ein Ei in die Hand. "Seht her, so schnell wie diese rohen Eier können eure Träume zerplatzen", sagte er.

Die Aktiven verstanden die Lektion, schrieben ihre Heldengeschichte zu Ende und bedankten sich für den Weckruf auf ihre Art und Weise. Weber ahnte schon, was ihn erwartete, er versuchte zu entkommen, hatte aber keine Chance. Reihenweise "seiften" ihn die Hartenholmer ein, die Haare trieften nur so vor Glibber. In diesem Moment wusste der Trainer, dass er sein Team perfekt für das Saisonfinish motiviert hatte.

Der Verein kannte stets nur einen Weg. Die Bindung zum Dorf war nie ein Etikett, sondern eine Grundsatzentscheidung. Dass Björn Johannsson das entscheidende Tor zum Aufstieg erzielte, komplettiert das Bild. Genauso wie Thilo Quinting, Robert Kuberka, Marc Oldenburg, Jacob Lübke und Tim Ollenschläger gehörte der Innenverteidiger schon in der B-Klasse zur Stammelf.

Sie alle wuchsen mit "ihrem" TuS, entwickelten sich von Greenhorns zu respektierten Leistungsträgern. Jannik Holz und Arved Käselau stießen zwei Jahre später aus der A-Jugend hinzu und sind ebenfalls längst unverzichtbar. "Damals kamen wir in eine richtige Holzertruppe. Das haben wir mit der Zeit geändert", so Johannsson.

Inzwischen wird längst nicht mehr gebolzt, sondern attraktiver Offensivfußball geboten. So hat Hartenholm in dieser Serie in jedem Match mindestens einen Treffer erzielt. Markus Weber hat die Spielweise verfeinert und taktisch weiterentwickelt - das Fundament war aber bereits vorhanden.

Die Konkurrenz aus Neumünster und Itzehoe hat das Nachsehen

"Mein Vorgänger Torsten Stürwohld hat die Basis gelegt und mir eine tolle Mannschaft übergeben. In dieser Saison hat sich der Prozess dann verselbstständigt", sagt der Trainer. Gleichwohl war das Niveau in der Spitze der Verbandsliga mit den Konkurrenten PSV Neumünster und FC Itzehoe so anspruchsvoll, dass Unentschieden gleichbedeutend mit Niederlagen waren und Hartenholm 22 Siege in 28 Partien für die Meisterschaft benötigte.

Sowohl finanziell als auch strukturell sind Neumünster und Itzehoe nicht zuletzt aufgrund ihres städtischen Umfelds eine gänzlich andere Preisklasse. Doch der Titel wanderte in eine kleine Gemeinde, dessen prominenteste Botschafter als verschworene Einheit auftraten. "Wir spielen hier nur für die Ehre und nicht mit Verträgen. Wir wollten Vereinsgeschichte schreiben", betont Hartenholms Kapitän Martin Genz. Und Björn Johannsson ergänzt: "Man kann das ein wenig mit Hoffenheim vergleichen, die spielen als Dorf in der Bundesliga. Nur dass wir kein Geld haben, sondern große Moral."

Der Teamgeist war folglich immer der Trumpf. Dies wird auch in der 5. Liga so bleiben, wo der TuS Hartenholm erstmalig das Gefühl des krassen Außenseiters kennenlernen wird. Das Gerüst des Teams soll unter keinen Umständen verändert, sondern nur sinnvoll ergänzt werden. Und genau in dieser Kontinuität liegt die große Chance für den Klub, die in der Saison 2012/2013 anstehende größte sportliche Herausforderung seiner Geschichte erfolgreich bewältigen zu können.