TuRa Harksheide II steigt durch den 3:1-Erfolg bei Eintracht Fuhlsbüttel in die Fußball-Kreisliga Hamburg auf

Norderstedt. Viel Zeit zum Feiern der Meisterschaft in der Staffel 7 der Kreisklasse Hamburg bleibt der zweiten Fußballmannschaft des Tuba Harksheide nicht: Gleich nach dem Abpfiff des Punktspiels bei Eintracht Fuhlsbüttel mahnte Trainer Michael Schäfer, 39, zur Eile. "Los Jungs, ab unter die Dusche, wir müssen um 16.15 Uhr fertig sein."

Grund für die Hektik nach dem 3:1 (0:0)-Erfolg ist der besondere Umstand, dass die Partie in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel stattgefunden hat. Von dort rekrutieren sich nämlich die Kicker der Eintracht - und diese tragen verständlicherweise alle ihre Spiele auf dem anstaltseigenen Grandplatz aus.

Schäfer, der selbst als Krankenpfleger in der JVA arbeitet und neben dem zweiten TuRa-Team auch die Häftlings-Elf betreut, erklärt: "Ab 16.30 Uhr ist Besuchszeit. Bis dahin sollen wir die JVA verlassen haben, weil dann Besuchszeit ist."

Und auch die Modalitäten beim Einlass sind streng geregelt. Die Gastmannschaft darf das Gebäude erst eine Dreiviertelstunde vor Anpfiff betreten - und das auch nur im Team. Wer zu spät kommt, hat Pech gehabt.

Im geschlossenen Verband geht es zunächst in den Eingangsraum, wo Portemonnaies, Handys, Schlüsselbunde sowie die Personalausweise der Spieler eingesammelt werden. "Die Personalien des kompletten Teams werden zuvor angemeldet und überprüft. Es dürfen maximal 17 Personen mitkommen, das reicht für den Kader inklusive Trainer und Betreuer. Fans können wir zu diesem besonderen Auswärtsspiel nicht mitnehmen", so Michael Schäfer.

In Fünfertrupps geht es in den nächsten Raum. Hier werden die Sporttaschen und die Kicker selbst durchleuchtet. "Das läuft genauso ab wie am Flughafen. Wir scannen zum Beispiel auf metallische Gegenstände und Flaschen", erklärt Schäfer. Als Mitarbeiter der JVA Fuhlsbüttel nimmt der Coach höchstpersönlich die abschließende Leibesvisitation bei seinen Schützlingen vor. Das Ergebnis: Alle Kicker sind "sauber". Anschließend geht es durch mehrere Tore zum Innenhof der JVA, wo sich der Grandplatz befindet.

Nach dem Umziehen bleibt den Harksheider Fußballern nicht viel mehr als eine Viertelstunde, um sich warm zu machen. Als pünktlich um 14 Uhr der Anpfiff ertönt, hat es noch den Anschein, als würde die Partie ohne Zuschauer stattfinden. Doch fast zeitgleich mit Spielbeginn öffnen sich die Zellentüren - und für die rund 250 Inhaftierten der JVA Fuhlsbüttel beginnt der zweistündige Freigang.

Nicht alle Häftlinge interessieren sich für das Treiben auf dem Fußballplatz; doch zahlreiche "schwere Jungs" lassen sich direkt neben den Auswechselspielern aus Harksheide nieder und geben ihre Kommentare zum Match teils lautstark ab.

"Wenn mal gepöbelt wird, dann geht es meistens nur gegen die eigene Mannschaft", sagt Michael Schäfer grinsend. Doch als nach einer Stunde immer noch kein Tor gefallen ist, richtet sich der Spott auch gegen den bei den Inhaftierten bestens bekannten Coach, der mit dem TuRa-Team unbedingt gewinnen und so die Meisterschaft unter Dach und Fach bringen will.

Die Elf von Eintracht Fuhlsbüttel setzt sich aus Mördern, Vergewaltigern und Drogenhändlern zusammen. Doch auf dem Platz geht es alles andere als kriminell zu, hier zählt nur der sportliche Gedanke. Alles läuft ab wie bei einem "normalen" Fußballspiel: Die "Gastgeber" entschuldigen sich nach Fouls bei ihren Gegenspielern, diskutieren über strittige Entscheidungen mit dem Schiedsrichter und machen nach misslungenen Aktionen ihrem Ärger verbal Luft.

"Für einige Häftlinge ist der Sport ein guter Ausgleich. Es gibt Spieler, bei denen weiß ich genau, dass sie sich in jedem Match ihre Karte abholen - aber das ist in Ordnung so. Es gab noch nie einen Zwischenfall, der den im Fußball üblichen Rahmen gesprengt hat", sagt Michael Schäfer.

2010 feiert die Elf der JVA Fuhlsbüttel ihr 30-jähriges Bestehen. Die größten sportlichen Erfolge liegen indes schon ein wenig zurück. In den ersten drei Punktrunden seiner nun schon fünfjährigen Trainertätigkeit gewann Schäfer mit den Häftlingen jeweils die Meisterschaft in der Kreisklasse. Da die "Verträge" einiger Leistungsträger jedoch ausliefen, konnte das sportliche Niveau nicht gehalten werden. "Es ist mir aber immerhin gelungen, diese Jungs an andere Hamburger Klubs zu vermitteln", so der Coach.

Seine TuRaner fahren am Ende durch Treffer von Michael Schulz (72./Handelfmeter), Hendrik Pöpplau (82.) und Eric Steinke (84.) einen klaren Sieg ein, Platz eins und der Aufstieg sind sicher. Die Meisterschaftsfeier wird nach dem Match am Sonntag gegen den 1. FC Hellbrook (12.30 Uhr, Kunstrasen Langenharmer Weg) nachgeholt.