Norderstedt. Kreis nennt Details zu Haus Rosengarten in Norderstedt. So geht es für Bewohner weiter. Warum kleine Häuser so gefährdet sind.

Nur noch wenige Tage bleiben dem traditionsreichen Altenpflegeheim Rosengarten in Norderstedt. Wie berichtet, hat die Wohnpflegeaufsicht des Kreises Segeberg der Einrichtung, die sich an der Alten Dorfstraße mitten im Ortsteil Garstedt befindet, zum Monatsende den Betrieb untersagt. Zwei Gründe nennen die Behörden: „fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ und die „Unzuverlässigkeit des einzigen Geschäftsführers“.

Parallel wurde gegen die Trägergesellschaft vor dem Amtsgericht Norderstedt ein Insolvenzverfahren eröffnet. Die Chance ist quasi Null, dass es hier ab November in irgendeiner Form weitergeht. Den Bewohnerinnen und Bewohnern beziehungsweise deren Familien blieb nur, sich neue Heime zu suchen.

Abgetauchter Geschäftsführer sollte Zuverlässigkeit nachweisen

Auf Nachfrage hat der Kreis noch einmal konkretisiert: Anders als zunächst angenommen, wurde das Haus nicht verkauft. Es gab lediglich zum 1. September einen Wechsel des Geschäftsführers. Die Verantwortung übernahm Andzej Z., und der scheint weiterhin abgetaucht zu sein.

„Gegenüber der Wohnpflegeaufsicht wurde lediglich der Wechsel des Geschäftsführers angezeigt. Daraufhin wurden von dem neuen, einzigen Geschäftsführer der Rosengarten Altenpflegeheim GmbH seit Mitte September 2023 mehrfach, auch unter Androhung von ordnungsrechtlichen Maßnahmen, Unterlagen angefordert, um seine Zuverlässigkeit prüfen zu können“, erklärt Sabrina Müller, Sprecherin der Kreisverwaltung.

Warum durfte Andzej Z. überhaupt Geschäftsführer werden?

Ein Mitarbeiter hatte dem Abendblatt gegenüber ebenso berichtet: Z. würde nicht auf E-Mails reagieren, eine Telefonnummer habe man nicht. Auch das Septembergehalt wurde nicht ausgezahlt. All das war letztlich der Grund, warum die Entwicklung beim Kreis angezeigt wurde.

Angehörige wundern sich dennoch: Wie kann es sein, dass Andzej Z. überhaupt die Geschäftsführung übernehmen konnte, hätte es nicht vorher eine eingehende Prüfung geben müssen? Doch die Mechanismen sind bei solchen Übergängen andere. Gemäß dem Selbstbestimmungsstärkungsgesetz in Schleswig-Holstein müsse eine GmbH „die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Betrieb der Einrichtung besitzen“. Dafür seien vom Geschäftsführer diverse Unterlagen vorzulegen.

Betrieb der Einrichtung läuft, während die Prüfung nicht abgeschlossen ist

Jedoch: Dieser Vorgang läuft parallel. Es handele sich um eine „Prüfung in Form eines Anzeigeverfahrens und nicht um ein Genehmigungsverfahren“. Daher kann der Betrieb eines Altenpflegeheims weiterlaufen, auch wenn die Wohnpflegeaufsicht ihre Prüfung noch nicht abgeschlossen hat.

Die genauen Umstände der Betriebsgesellschaft, der Insolvenz und dem Verhalten von Andzej Z. bleiben ungeklärt. Das Abendblatt konnte keinen Kontakt zum Betreiber herstellen, auch die mit dem Insolvenzverfahren beauftragte Kanzlei HBH aus Hamburg beantwortete eine Anfrage bislang nicht.

Heime in der Region erhielten Anfragen, ob sie Bewohner aufnehmen könnten

In der Branche hat die Situation rund um das Altenpflegeheim Rosengarten längst die Runde gemacht. Auch, weil logischerweise Häuser in der gesamten Region Anfragen erhielten, ob sie Kapazitäten hätten, um Menschen aufzunehmen. Das hat dem Vernehmen nach gut geklappt, der Kreis bestätigt zumindest: Mit Stand 24. Oktober, 17 Uhr, waren bis auf für zwei Betroffene bereits neue Plätze gefunden.

Ebenso sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtung aus Garstedt begehrt, angesichts des Fachkräftemangels. Im Gespräch mit dem Abendblatt nimmt auch Mathias Steinbuck zu den Vorgängen Stellung. Er ist in Schleswig-Holstein Landesvorsitzender des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (BPA), seine Familie betreibt seit vielen Jahren Pflegeeinrichtungen, den Fasanenhof in Bargteheide schon seit 1964.

„Man gibt seinen Wohnraum auf, das ist mit 90 Jahren etwas anderes“

Über die Hintergründe zum Fall „Rosengarten“ könne er zwar nichts sagen. Allerdings berichtet er, dass auch der Fasanenhof kontaktiert wurde. Es gebe aber derzeit keine freien Plätze. Dass ein solcher, gerade kurzfristiger Umzug für die alten Menschen schwierig ist, liegt auf der Hand. „Unsere Mitarbeitenden gehen dann besonders auf die neuen Bewohner ein. Da wird die Heimat verlassen, man gibt seinen Wohnraum auf, das ist mit 90 oder 93 Jahren etwas anderes. Aber mit sehr viel Zuneigung und Empathie gelingt das.“ Ein Vorteil ist, wenn nicht nur Bewohnerinnen und Bewohner, sondern auch Personal in eine neue Einrichtung wechselt. „Das ist super, weil die sich dann kennen.“

Aber Steinbuck sagt auch: „Viele Plätze gibt es in der Theorie, aber die werden dann nicht belegt, weil Personalmangel herrscht.“ Er weist auf grundsätzliche Probleme hin. . „Eine wohnortnahe Versorgung gelingt nicht mehr. Nicht nur im Rosengarten, sondern in vielen Ecken in Schleswig-Holstein. Und das hängt mit schlechten Rahmenbedingungen zusammen. Es muss dafür Sorge getragen werden, dass die Unternehmen wirtschaftlich arbeiten können.“

„Es muss möglich sein, als Familie ein Unternehmen mit 40 bis 50 Plätzen zu führen“

Er nennt ein Beispiel: „Die Tariftreue ist ja gut. Aber Unternehmen müssen die Möglichkeit haben, einen Überschuss erwirtschaften zu können. Momentan leiten wir das Geld eins zu eins weiter.“ Die gestiegenen Energiekosten – auch wenn es hier Zuschüsse gegeben hat – und Lebensmittelkosten führt er ebenso an. „Und wir können nicht bei jedem Problem nach dem Staat schreien.“

Im Bundesvergleich habe Schleswig-Holstein kleinere Einrichtungen, es sei gut vernetzt, auch im ländlichen Raum. Aber, so ist die Sorge des Fachverbandes: Wenn sich die Bedingungen nicht verbessern, kann es passieren, dass familiengeführte Häuser schließen, weil es keine neue Generation an Betreibern gibt. Steinbuck: „Es muss möglich sein, als Familie ein Unternehmen mit 40 bis 50 Plätzen zu führen.“

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Kleinere Häuser könne man betreiben, „wenn man gewisse Dinge bündelt und zentralisiert“. Etwa in der Verwaltung oder bei Wäscherei-Dienstleistungen. Dass die Häuser jeweils eine einzelne GmbH sind, sei normal, so Steinbuck. „Bei uns steht auch kein Familienname mehr dran.“ Aber trotzdem bleibe es familiengeführt, „mit Herzblut, jetzt in der dritten Generation“.

Norderstedt: Zukunft des Rosengarten-Gebäudes offen – Entwicklung in Tangstedt ist Warnung

Was in Norderstedt mit dem leerstehenden Rosengarten-Gebäude beziehungsweise dem Grundstück passieren wird, ist noch spekulativ. Aber die Befürchtung ist naheliegend: Es könnte sich über Jahre nichts tun, ehe irgendwann ein Investor auf den Plan tritt und möglicherweise Wohnungsbau anvisiert.

Die Entwicklung im Nachbarort Tangstedt ist da Warnung genug. Hier schloss Ende 2020 das Haus Sommer, ein Pflegeheim mit vergleichbarer Größe, auch hier wurde Insolvenz angemeldet und das Gebäude samt Grundstück verkauft. Abgerissen wurde die Ruine weiterhin nicht, die Planungen für einen Neubau sind so gut wie gar nicht vorangekommen. Die letzten Aussagen der Investoren verweisen auf die hohen Baukosten als Grund für die Verzögerung. In Tangstedt gibt es seitdem bis auf ein kleines Heim überhaupt keine Betreuungseinrichtung mehr für die ältere Bevölkerung.