Kaltenkirchen. Drei Männer wollen Nachfolger von Bürgermeister Hanno Krause werden. Was die Kaltenkirchener zu hören bekamen.

Den wichtigsten Satz des Abends sprach Kaltenkirchens Bürgervorsteher Raimund Neumann, obwohl er auf der Bühne der Bürgerhalle nur eine Nebenrolle spielte. Er bezeichnete die Vorstellung der Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters als „Stunde gelebter Demokratie“ – und erhielt dafür den größten Applaus der Veranstaltung.

Nicht nur der faire und engagierte Auftritt von Stefan Bohlen (CDU), Frank Günter (Pro-Kaki) und Kolja Olef (SPD) wird ihn zu dieser Bewertung inspiriert haben, sondern auch das große Interesse der Kaltenkirchener: Mit mehr als 450 Menschen, die sich zur Wahl informieren wollten, war die Halle komplett gefüllt.

Kaltenkirchen: „Gelebte Demokratie“ – Kandidaten stehen Rede und Antwort

Mehr als zwei Stunden lieferten sich die drei Männer einen Schlagabtausch ohne persönliche Angriffe. Bohlen, Günter und Olef wollen Nachfolger von Hanno Krause werden, der nach zwei Amtsperioden nicht noch einmal antreten wird. Wer am 1. Januar den Chefsessel im Rathaus übernimmt, entscheiden die Kaltenkirchener am 24. September. Krause selbst besuchte die Veranstaltung nicht, sondern genoss seinen Urlaub in Skandinavien.

Dass die Kaltenkirchener die Wahl zwischen unterschiedlichen Charakteren haben, zeigte sich in nahezu jeder Phase der Gespräche, die Carsten Kock vom Radiosender R.SH moderierte. Schon beim Betreten der Bühne präsentierte sich der 40-jährige Bohlen als der junge und dynamische Kandidat, der mit lässig sportlicher Kleidung die Stufen flott mit großen Schritten nahm. Ihm folgte im dunklen Anzug Frank Günter, der auf einen bedächtigen Auftritt mit großer Ernsthaftigkeit setzte. Olef, ebenfalls in lässigem Outfit, vermittelte einen entspannten, häufig heiteren Eindruck.

„Menschliche Aha-Erlebnisse“ und Selbstdarstellung

Moderator Kock versprach „menschliche Aha-Erlebnisse“, die von den Protagonisten auch geliefert wurden – zum Beispiel, als sich die Kandidaten selbst vorstellen sollten. Per Losentscheid durfte Günter beginnen und setzt voll auf die Karte, sich als einziger Kaltenkirchener um das Amt zu bewerben. 27 Jahre lebt er bereits in der Stadt, ist seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik aktiv und kann zudem Führungserfahrungen bei einem großen Mineralölkonzern vorweisen. Seine Herkunft aus Kaltenkirchen bezeichnete er als „Riesenvorteil“.

Bohlen, der bislang den aktivsten Wahlkampf betreibt, stellte seine umfangreiche Erfahrung in der Leitung einer Verwaltung heraus. Der Hamburger arbeitet als Erster Stadtrat und damit als Vertreter der Bürgermeisterin in Pinneberg und stellte gleich zu Beginn klar, welchen Kurs er einschlagen möchte. „Ich trete an, um die hervorragende Arbeit von Hanno Krause fortführen zu dürfen“, sagte er und fügte hinzu: „Ich weiß, wie ein Rathaus funktioniert.“

Erster Applaus für Olef, der nicht mit der AfD zusammenarbeiten will

Auch Olef war bestrebt, sein persönliches Profil herauszustellen – als erfahrener Mann in Führungs- und Managementpositionen und als überparteilicher Kandidat, auch wenn der Sozialdemokrat von der SPD ins Rennen geschickt wird. Er erhielt den ersten Applaus des Abends, als er sich klar von der AfD distanzierte und eine Zusammenarbeit mit der vierköpfigen Fraktion ausschloss.

Breiten Raum nahmen in dem Gespräch die Themen Innenstadt und Sicherheit ein. Einigkeit herrschte darüber, dass Handlungsbedarf besteht. Doch jeder Kandidat setzte unterschiedliche Nuancen. Günter forderte mehr Sicherheit für Radfahrer, mehr Veranstaltungen und mehr Streetworker sowie die Gründung eines kriminalpräventiven Rates. Olef will sich für bessere Beleuchtung und den Einsatz eines kommunalen Ordnungsdienstes einsetzen. Bohlen präsentierte ähnliche Ideen.

Alle Kandidaten wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen

Unterschiedliche Ziele wurden sichtbar, als Kock die Kandidaten auf das Thema Wohnraum ansprach. Günter sagte: „Wir haben genügend Wohnraum, aber er ist nicht für alle bezahlbar.“ Er werde als Bürgermeister mit Investoren sprechen, um den sozialen Wohnungsbau voranzubringen. Bohlen will anders vorgehen und günstigen Wohnraum von Stiftungen schaffen lassen. Dieses Modell hält er für vielversprechender, weil sozial geförderter Wohnraum – anders als beim Stiftungsmodell – nach einem bestimmten Zeitraum aus der Förderung herausfalle und dann teurer werde.

Mehr als 450 Bürger kamen zur Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten in die Bürgerhalle.
Mehr als 450 Bürger kamen zur Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten in die Bürgerhalle. © Wolfgang Klietz

Olef kündigte für den Fall seiner Wahl zum Bürgermeister an, ein Aktionsbündnis Wohnen mit allen Akteuren zu gründen. Darüber hinaus spricht er sich dafür aus, dass die Stadt als Investor auftritt und selbst baut.

Kaltenkirchen hat bei der Kultur großen Nachholbedarf

Ebenfalls unterschiedliche Konzepte zeichneten sich beim Thema Kultur ab. Einig waren sich die Kandidaten, dass Kaltenkirchen in diesem Bereich Nachholbedarf hat. „Das Interesse ist riesengroß“, hat Bohlen festgestellt. Er sprach sich dafür aus, die Bürgerhalle besser mit Technik und Räumen auszustatten und das Bürgerhaus einzubeziehen, wenn es nach dem Brandschaden saniert ist.

„Die Kaltenkirchener wünschen sich viel mehr Kulturveranstaltungen“, sagte auch Frank Günter. Auch er setzt auf die Bürgerhalle und lehnt den Bau eines neuen Kulturzentrums wegen der hohen Kosten ab. Außerdem möchte er als Bürgermeister einen Mitarbeiter in der Stadtverwaltung für die Kultur abstellen. Olef plädierte für die Gründung einer Kulturstiftung, die eine dauerhafte Finanzierung des Angebots sicherstellen können. Außerdem will er die Volkshochschule stärker einbinden.

Als nach zweieinhalb Stunden die Runde zu Ende ging, folgte ein Appell des Bürgervorstehers. Er lobte nicht nur die Veranstaltung als „gelebte Demokratie“. Er rief außerdem die Kaltenkirchener dazu auf, selbst aktiv zu werden: „Bitte gehen Sie am 24. September zur Wahl.“ Unklar ist jedoch, ob an diesem Tag eine endgültige Entscheidung getroffen wird. Erringt keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang eine Mehrheit von mehr als 50 Prozent, kommt es am 8. Oktober zur Stichwahl.