Bad Segeberg. Gänsehaut am Kalkberg: Erste Szenen aus „Winnetou I“ gezeigt. Warum Nicolas König etwas machte, das sonst verboten ist.

Bei Manitu! So emotional war es am Kalkberg seit Jahren nicht! Acht Tage vor der Premiere haben Alexander Klaws als Winnetou, Wolfgang Bahro als Erzschurke Santer und Nadine Menz als Winnetous Schwester Nscho-tschi bei den Karl-May-Spiele in Bad Segeberg die ersten Szenen der Öffentlichkeit präsentiert – und für Gänsehaut-Momente gesorgt.

Denn in der 70. Spielsaison steht ein besonders Stück auf dem Programm: „Winnetou I – Blutsbrüder“ – „die berührendste Geschichte, die Karl May geschrieben hat“, so Geschäftsführerin Ute Thienel. Es gebe kein gefühlvolleres, kein ergreifenderes Abenteuer als Winnetou I.

Old Shatterhand (Bastian Semm, Mitte) befreit Winnetou (Alexander Klaws, links) und Intschu-tschuna (Joshy Peters) vom Marterpfahl.
Old Shatterhand (Bastian Semm, Mitte) befreit Winnetou (Alexander Klaws, links) und Intschu-tschuna (Joshy Peters) vom Marterpfahl. © FUNKE Foto Services | Andreas Laible

Karl-May-Spiele: Die emotionalste Geschichte seit Jahren

„Ich glaube, viele Besucher werden Gänsehaut und feuchte Augen bekommen“, sagt Ute Thienel im Hinblick auf die tragische Liebesgeschichte. „Aber solche großen Gefühle machen doch die Karl-May-Spiele seit nunmehr 70 Jahren aus.“

Mit einem Etat von 6,3 Millionen Euro sind es die teuersten Karl-May-Spiele aller Zeiten. 500.000 Euro davon wurden in Umbaumaßnahmen und Neuanschaffungen investiert – wie neue Kostüme, Lautsprecher, Scheinwerfer und das Bühnenbild.

Die Bühne wurde für die diesjährige Saison komplett neu entworfen und beinhaltet das Pueblo der Apachen, ein großes Eisenbahnercamp samt Baustelle, den geheimnisvollen Nugget-Tsil mit versteckter Goldader und das Tipidorf der Kiowas.

6,2 Millionen Euro – so teuer waren die Karl-May-Spiele noch nie

Seit vier Wochen laufen die Proben für „Winnetou I“, am 24. Juni feiert das Stück Premiere. Nicolas König, der 30 Jahre lang als Schauspieler selbst mitwirkte, führt zum ersten Mal Regie und bedankte sich für die Chance. „Ich genieße das jeden Tag“, sagte er.

Nicolas König, der 30 Jahre lang als Schauspieler selbst mitwirkte, führt bei dem Stück „Winnetou I – Blutsbrüder“ zum ersten Mal Regie.
Nicolas König, der 30 Jahre lang als Schauspieler selbst mitwirkte, führt bei dem Stück „Winnetou I – Blutsbrüder“ zum ersten Mal Regie. © dpa | Markus Scholz

Dann machte er etwas, das sonst verboten ist: die Szenen spoilern, also vorab verraten, was zu sehen sein wird. Sechs Szenen aus dem Stück zeigte das Ensemble, das aus zwölf Schauspielern, 35 Komparsen, 15 Reitern und acht Stuntleuten besteht – sowie 25 Pferden, einem Schreiseeadler, einem Mäusebussard und zwei Mini-Shetlandponys.

Einfach fies: Wolfgang Bahro überzeugt in der Rolle des Erzschurken Santer

In diesem Jahr sind viele neue Gesichter am Kalkberg zu sehen: Bastian Semm in der Rolle des Old Shatterhand, oder TV-Fiesling Wolfgang Bahro aus der Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, der den Erzschurken Santer mimt. Und das mit sichtlichem Spaß.

Mit Zigarre im Mund und süffisantem Lächeln auf den Lippen kauft man Bahro die Rolle des Bösewichtes sofort ab. Kaum jemand kann so fies sein wie er – auch wenn er mit Sätzen wie diesen immer wieder für Lacher sorgt: „Der Scheck heiligt die Mittel“ oder „Nach all den schlechten Zeiten kommen endlich die guten Zeiten.“

Niemand ist so fies wie er: Wolfgang Bahro als Santer (rechts, zusammen mit Dustin Semmelrogge als Rattler) genießt sichtlich seine Rolle als Bösewicht.
Niemand ist so fies wie er: Wolfgang Bahro als Santer (rechts, zusammen mit Dustin Semmelrogge als Rattler) genießt sichtlich seine Rolle als Bösewicht. © dpa | Markus Scholz

„Mission Impossible“ im Wilden Westen – so etwas denkt sich nur Michael Stamp aus

Auch wenn „Winnetou I“ das Stück der großen Gefühle ist und sich Winnetou und Old Shatterhand zunächst als Feinde gegenüberstehen, bevor aus ihnen Freunde und schließlich Blutsbrüder werden – die Aufführung liefert mehr als erbitterte Kampfszenen und jede Menge Pyrotechnik.

Denn wie immer, wenn Michael Stamp das Drehbuch schreibt, gibt es zahlreiche witzige Anspielungen und herrliche Situationskomik. Auch wenn bisher noch nicht alle Szenen gezeigt wurden – eine der komischsten Szenen dürfte sicherlich die sein, in der die beiden liebenswert schusselig wirkenden Westmänner Dick Stone und Will Parker die Befreiung von Sam Hawkens planen.

Zur Melodie von „Mission Impossible“ entwerfen sie eine irrwitzige Idee nach der anderen, wie sie sich von einem Kran auf ein Zelt abseilen wollen, eine Stange hochrutschen, die Banditen ablenken und niederschlagen (und es erst beim dritten Versuch schaffen).

Karl-May-Spiele: Die emotionalste Geschichte seit Jahren

Es ist bereits das elfte Mal, dass „Winnetou I“ am Kalkberg aufgeführt wird – doch auch dieses Mal ist es wieder anders als die Male zuvor. Denn obwohl die Handlung natürlich dieselbe ist – das Drehbuch wird jedes Mal neu geschrieben.

Besonders großartig gelungen ist dieses Mal die Rolle von Winnetous Schwester Nscho-tschi, die als starke und selbstbewusste Frau daherkommt. Oder, um es mit Winnetous Worten zu sagen: „Nscho-tschi ist so mutig wie der stärkste Krieger.“

Auch wenn Winnetou und Old Shatterhand „Seite an Seite für das Gute kämpfen“ (Zitat) – ein Happy End bleibt den Zuschauern verwehrt. Und das trotz der romantischen Liebesgeschichte zwischen OId Shatterhand und Nscho-tschi – oder gerade deswegen. Denn auch im Wilden Westen gab es offenbar schon „Gute Zeiten, schlechte Zeiten.“

Premiere feiert „Winnetou I – Blutsbrüder“ am Sa, 24.6., 20.30. Gespielt wird bis zum 3.9., jeweils donnerstags, freitags und sonnabends, 15.00 und 20.00 sowie sonntags, 15.00, Tickets unter www.karl-may-spiele.de