Norderstedt. Schachtage im Herold-Center: Kinder und Erwachsene entdecken das Spiel der Könige – und messen sich mit einem der Besten.

„Wie bringt man den Turm auf dem Schachbrett in nur zwei Zügen von der einen Ecke zur gegenüberliegenden“, fragt der internationale Schachgroßmeister und Organisator der Schachtage im Herold-Center in Norderstedt, Sebastian Siebrecht. Viele kleine Hände gehen in die Luft. Die Schüler der dritten Klasse einer Norderstedter Grundschule sind neugierig und eifrig dabei, während die Schachlegende den vielleicht angehenden Schachlegenden die Grundzüge des Spiels erklärt. Langsam geht er jede Spielfigur durch, animiert die Kinder zum Mitmachen.

Nachdem die Kinder das Wichtigste gelernt haben, dürfen sie auch gleich spielen. Zuerst: Die Bärenthaler Bauernkloppe. Die Schulklasse wird in zwei Teams aufgeteilt – sie spielen nur mit den Bauern auf dem Feld gegeneinander. Das Team, dass nach der Kloppe noch Bauern auf dem Feld hat, gewinnt.

Norderstedt: Herold-Center – Der Schach-Großmeister kam zum Zug

Bei der Bauernkloppe lernen die Kinder den Wert der Dame zu schätzen.
Bei der Bauernkloppe lernen die Kinder den Wert der Dame zu schätzen. © Ulli Kuhn

Jeder darf mal ziehen – und viele wollen auch. Siebrecht, der Meisterstratege, weiß geschickt auch die schüchternsten Kinder zum Mitmachen zu motivieren. Danach spielen acht Bauern gegen eine Dame. „Auch für die Bauern ist das schon machbar“, sagt der internationale Schachgroßmeister Siebrecht. „Also als ich die Dame hatte, habe ich gewonnen – als meine Partnerin die Dame hatte, habe ich verloren – die Dame ist schon besser, als die Bauern“, sagt hingegen die 9-jährige Meltem.

„Er macht das wirklich gut, er spricht auch die Sprache der Kinder, wenn er zum Beispiel davon spricht, dass die Dame ein Laserschwert habe und deshalb so stark sei“, sagt die Leiterin der dritten Klasse, Melanie Laubach. Ihre Grundschule sei im Rahmen des schulischen „Enrichment-Programms“, einem pädagogischen Modell zur Förderung von begabten, interessierten und engagierten Schülern, auf das Schach-Event gestoßen.

Bauernkloppe – da lernen die Kinder die Dame zu schätzen

Auf die Frage, ob sich die Kinder darauf freuten sagt sie: „Ehrlich gesagt, hatten viele Schüler eher ein bisschen Angst, dass sie vielleicht das anspruchsvolle Spiel nicht verstehen – die Angst haben wir aber ganz gut abgebaut“, so die Klassenleiterin.

Nachdem die Drittklässler zwei Schulstunden mit der Faszination Schach verbracht haben, geht es für sie wieder zurück zur Schule. Sie war heute die letzte von drei Klassen die bei dem Großmeister in die Lehre gingen, auch am nächsten Tag werden wieder drei kommen. „Morgen haben wir sogar eine Berufsschulklasse dabei, also viele erwachsene Schüler, das hatten wir bisher noch nicht“, so der 26-jährige Schachtrainer und Profi-Spieler, Alfred Parvanyan.

Bereits seit seinem elften Lebensjahr spiele er Schach. „Seit fünf Jahren komme ich zum Spielen zu dem Event und bin jetzt das zweite Mal als Trainer dabei“, so Parvanyan. Es mache ihm einfach Spaß mit den Kindern zu arbeiten, sie an das Spiel heranzuführen. „Es ist ja auch schön, wenn die Kinder mal aus der digitalen Welt heraus kommen“, sagt der Schachtrainer.

Eins gegen acht ist wirklich unfair - aber unfair für wen?

Großmeister Siebrecht spielt simultan gegen acht Gegner – auch das Abendblatt spielt mit.
Großmeister Siebrecht spielt simultan gegen acht Gegner – auch das Abendblatt spielt mit. © Ulli Kuhn

Am Nachmittag kommen die Erwachsenen zum Zug. Der internationale Großmeister tritt gegen acht Spieler gleichzeitig an. Auch das Hamburger Abendblatt ist im Selbstversuch mit dabei. Der Meister spielt weiß, die acht Gegner spielen jeweils schwarz. Meister Siebrecht macht die Runde, macht auf jedem Schachfeld seinen Zug und geht weiter. Die Köpfe rauchen, die professionellen unter den Spielern schreiben die Züge Siebrechts mit.

Sein erster Zug: den Bauer vor der Dame zwei Felder vorrücken – um die Dame und den Läufer zu ihrer Linken frei bewegen zu können. Ob er so versucht einen unvorsichtigen Gegner durch das sogenannte Narrenmatt gleich zu Beginn zu schlagen?

Großmeister Siebrecht nimmt es mit acht Schachspielern auf – und gewinnt

Doch dieser Sieg bleibt ihm verwehrt. Alle halten sich wacker. Man sieht bei Siebrecht ein Muster. Auf allen Schachbrettern versucht er das Zentrum zu besetzen, sichert seine Figuren, verbindet wenn möglich die Türme miteinander. So bringt er es auch seinen Schülern bei. „Das gehört zu den goldenen Regeln des Schachs“, erklärt er nach dem Spiel.

Davon gebe es sieben Stück, sie seien auch im weltweiten Internet zu recherchieren – und sie seien essenziell. Es zeigt sich auch während des Acht-gegen-eins Simultanspiels, dass seine Strategie wohl bewährt ist. Nach und nach geben die Spieler auf, zuletzt sind nur noch zwei im Rennen. Doch auch sie müssen einer nach dem anderen aufgeben. Einer von ihnen ist der 37-jährige Andreas Klett, er fiel als Vorletzter aus dem Rennen. Er spielt selbst schon lange Schach, auch im Verein.

Ein Scheich ließ den Großmeister einfliegen

„Es ist eine Ehre gegen einen internationalen Großmeister zu spielen“, sagt er nach dem Spiel. Schließlich gebe es nichts höheres als einen internationalen Großmeister, „das ist natürlich ein Highlight“. Er komme nun schon zum zweiten Mal hierher, und genieße es sehr. Zumindest an diesem Tag konnte den Großmeister keiner schlagen. „Ab und zu kommt es aber schonmal vor, dass ich bei dem Simultanspiel geschlagen werde“, sagt Siebrecht. So würden eben manchmal auch Spieler seiner Liga zu seinen „Faszination Schach“ Veranstaltungen kommen.

Zum Ende des Simultanspiels gibt Siebrecht Einblicke in das Leben eines internationalen Großmeisters. „Ich komme schon sehr viel herum. Ich wurde schon nach Kuba zum Schachspielen eingeladen, dort habe ich an den Schachbrettern von José Raúl Capablanca, einem verstorbenen kubanischen Schachgroßmeisters gespielt.“

Herold-Center: Schachtage gehen an diesem Sonnabend weiter

Auch in Russland habe er früher oft gespielt, auch Usbekistan. Eine kuriose Geschichte: „Einmal wurde ich von einem saudischen Scheich eingeladen, ihm das Schachspiel beizubringen. Ich bekam ein flexibles Flugticket, konnte also zu ihm fliegen wann ich wollte, wurde dort frisch eingekleidet und habe sogar eine teure Uhr geschenkt bekommen“, sagt Siebrecht.

Am Abend geht es dann ins Blitz-Turnier, also Spielen um die Zeit, „und erfahrungsgemäß kommen auch örtliche Schach-Vereine für ihre Vereinsabende zur ‘Faszination Schach’ Veranstaltung“, gibt Siebrecht den Ausblick. Das Abendblatt aber, ist für heute Schach-Matt.

Schachtage Herold-Center, Sa, 10.6, 11.00-19.30, Herold-Center, Berliner Allee 40b, Eintritt frei.