Bad Segeberg. Als Schurke Santer sitzt Bahro zum ersten Mal im Leben auf dem Pferd. Er wollte sich nicht die Blöße geben und laufen.

Wenn Wolfgang Bahro vor seinem Pferd steht, hat er noch ein leicht mulmiges Gefühl im Magen. Aber das wird sich ändern, da ist er sich ganz sicher. Der Berliner Schauspieler will bis zur Premiere der aktuellen Karl-May-Inszenierung „Winnetou I - Blutsbrüder“ bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg fest im Sattel sitzen. Indirekt ist es dem Schauspielkollegen Sascha Hehn zu verdanken, dass Bahro überhaupt bereit ist, in die Kalkberg-Arena einzureiten.

Wolfgang Bahro ist ein netter Mensch, aber auf dem Bildschirm ist er der Fiesling schlechthin. Einen größeren Mistkerl mag sich niemand vorstellen: Als Rechtsanwalt Jo Gerner zieht er in der Dauersoap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ seit 31 Jahren viele Strippen – und meistens hat das nichts Gutes zur Folge. Genau deshalb wurde er für die Rolle des größte Fieslings im Karl-May-Universum engagiert: Bahro hat die Rolle des Schurken Santer übernommen.

Karl-May-Spiele: Warum Wolfgang Bahro jetzt doch auf das Pferde steigt

Das ist kein Problem für Wolfgang Bahro, das Reiten allerdings schon. Denn Pferdeerfahrung hat er nicht. Für die Verantwortlichen der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg ist das kein Problem. Andere bedeutende Schauspieler waren auch zu Fuß in der Arena unterwegs: Christian Kohlund und Mathieu Carrière zum Beispiel saßen während ihrer Karl-May-Zeit nie auf einem Pferd.

Genauso wollte es eigentlich auch Wolfgang Bahro halten – immer bereit, den Gegnern eins auszuwischen, aber niemals auf dem Pferd. Jetzt ist aber alles ganz anders gekommen: Seit dem vergangenen Freitag sitzt er tatsächlich auf „seinem“ Pferd. Denn an diesem Tage waren die Pferde erstmals bei den Proben in der Arena. Probleme gab es bisher nicht.

Wolfgang Bahro spielt den gemeinsten Fiesling, den sich Karl May ausgedacht hat: Der
Wolfgang Bahro spielt den gemeinsten Fiesling, den sich Karl May ausgedacht hat: Der "Gute Zeiten - schlechte Zeiten"-Star ist in dieser Saison der Schurke Santer und damit der Gegenspieler Winnetous. © Frank Knittermeier

Im November hat Wolfgang Bahro mit dem Reittraining begonnen

Tatsächlich hat Wolfgang Bahro schon im November mit dem Reittraining begonnen, um bei den Karl-May-Spielen eine gute Figur zu machen. Auslöser für seinen Gesinnungswandel war sein Schauspielkollege Sascha Hehn, der in der vergangenen Saison am Kalkberg den Ölprinzen gespielt hat. Bahro, der vorher tatsächlich noch nie auf einem Pferde gesessen hatte, wollte sich keine Blöße geben. „Ich habe gesehen, dass Sascha Hehn auch geritten ist“, sagt Wolfgang Bahro. „Ich wollte ihm nicht nachstehen.“

Leicht war es für den 62 Jahre alten Schauspieler offenbar nicht. Er gibt schmunzelnd zu: „Die Reitlehrerin hatte viel Arbeit mit mir“. Zweimal in der Woche musste Wolfgang Bahro in der Reithalle antreten, später dann machte ihn die Karl-May-Reitchefin Sylvia Kassel mit dem für ihn vorgesehenen Pferd bekannt. Die Arbeit hat sich gelohnt. „Zumindest auf ebener Erde bin ich sattelfest“, sagt Bahro. „Wie es am Hang aussieht, werden wir sehen.“ Immerhin werde er mit seinem Pferd „rein- und rausreiten“ können.

Als ein Pferd falsch reagierte landete Katy Karrenbauer unsanft im Sand der Arena

Wie unberechenbar auch aufführungserprobte Pferde sein können, hat ihm Kollegin Katy Karrenbauer, Co-Star der Aufführungen im vergangenen Jahr, berichtet. Die nämlich landete unsanft im Sandboden, weil ein Zugpferd den plötzlich einsetzenden Applaus als Zeichen gedeutet hatte, dass es nun Zeit sei, die Arena im Galopp zu verlassen. Katy Karrenbauer wurde aus dem Pferdewagen geschleudert, zog sich jedoch keine Verletzungen zu.

Der „Fehler“ lag beim Publikum: Es hatte an der falschen Stelle applaudiert, weil eine aus der Arena entfleuchte Gans von einem Zuschauer eingefangen und wieder zurückgebracht worden war. Wolfgang Bahro wertet das als Warnung: „Man muss immer damit rechnen, dass die Tiere anders reagieren als geplant.“ Aber er ist sich sicher, dass erfahrene Karl-May-Kollegen ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Jan Kittmann, Ulrike Frank und Wolfgang Bahro gehören zur Stammbesetzung von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten (GZSZ)“.  Seit 31 Jahren spielt Bahro den Rechtsanwalt Jo Gerner.
Jan Kittmann, Ulrike Frank und Wolfgang Bahro gehören zur Stammbesetzung von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten (GZSZ)“. Seit 31 Jahren spielt Bahro den Rechtsanwalt Jo Gerner. © IMAGO/Frederic Kern

TV-Fiesling Jo Gerner inspiziert seine Firmen in Südafrika

Das TV-Studio in Babelsberg, wo „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ gedreht wird, muss Wolfgang Bahro wahrscheinlich erst im August wieder aufsuchen, um zwischen den Segeberger Aufführungen einige Szenen zu drehen. Ansonsten aber hat Jo Gerner Pause. „Meine TV-Figur ist nach Südafrika gereist, um einige von ihm gegründete Firmen zu inspizieren“, sagt Wolfgang Bahro. „So wird seine Abwesenheit in der Serie erklärt.“

Welche Unterschiede sieht er zwischen der Arbeit im Studio und der Arbeit in der Kalkberg-Arena? „In Bad Segeberg ist die Arbeit über den ganzen Tag verteilt, bei den Dreharbeiten komme ich zu bestimmten Zeiten zum Einsatz“, sagt der Schauspieler, der dem Karl-May-Team eine „sehr professionelle Arbeit“ attestiert.

Trotzdem ist und bleibt das Mitwirken bei den Karl-May-Spielen für den versierten Schauspieler nach eigenen Angaben eine echte Herausforderung. „Vor so vielen Menschen zu spielen, ist schon eine große Herausforderung.“ Und Lampenfieber, da ist sich Wolfgang Bahro sicher, wird er vor jeder Aufführung haben. „In solchen Situationen stelle ich mir dann immer die Frage, warum ich eigentlich nicht Beamter geworden bin.“