Norderstedt. Und es geht doch! Blues, bei dem nicht die Gehörgänge meutern. Bei dem der Text hörbar ist. Der nicht durch den ganzen Körper wummert. Blues mit erträglichen 90 Dezibel, und der gerade deshalb ins Herz und unter die Haut geht. Ursprünglich, erdig, ehrlich.
Blues, der gut tut, und bei dem „die Seele gedeiht“, eben der Blues des Trios „Soul Thrivers“, das jetzt mit seinem Konzert beim Kulturverein Blueswerk im Norderstedter Kulturwerk begeisterte. Leider kamen nur zirka 50 Zuhörerinnen und Zuhörer, während die letzten Konzerte dem Blueswerk meistens ein ziemlich volles Haus bescherten.
Norderstedt: Blingbling-Fummel – und eine Stimme wie Samt und Stahl
„Soul Thrivers“ ist das, was geschieht, wenn eine Britin, ein Pole und ein Amerikaner aus Frankreich miteinander Musik machen und sich auf den Blues der Baumwollpflücker in den amerikanischen Südstaaten besinnen, auf diesen stampfenden Rhythmus voll Sehnsucht nach Freiheit, voll Kraft und Zuversicht.
Dvora Davis’ Stimme scheint wie gemacht zu sein für diese Songs, für diesen Soul. Warm leuchtend, voll und rund, mit emotionaler Tiefe singt sie sich gleich mit der inbrünstig gesungenen ersten Zeile „What Shall I Do Lord“ aus dem Song „Everythings Changed“ in jeden Gefühlswinkel. Die englische Sängerin hat diesen typischen Louisiana-Klang verinnerlicht, gleichwohl sie jamaikanischer und indischer Herkunft ist.
Auch Adam Sikora aus Polen und Nick Morrison aus den USA folgen diesem Sound, als wären sie im amerikanischen Süden mit ihm aufgewachsen. Unterstützt werden die Musiker noch von einem Bassisten.
Publikum im Kulturwerk gibt sich der souligen Stimme hin
Mit der Frage „Everything ist good?“ holt sich Dvora Davis noch mehr Sympathien aus dem Publikum ab, das sich nur allzu gern dem einlullenden Rhythmus und ihrer souligen Stimme hingibt, als sie „Lord Have Mercy“ singt, bei dem Drummer Morrison von den Drums zur Gitarre wechselt, und Dvora Davis mit ihrer modulationsweiten Stimme nahezu suggestiv zwischen piano und forte variiert.
Den Spiritual „Morning Train“ leitet Adam Sikora mit einem selbstironischen Witz über ein Vorurteil der Westeuropäer über Polen ein: „Wir nehmen nicht den Morgenzug, denn ich habe uns ein Auto organisiert, ich bin schließlich Pole.“ Er färbt den Song mit zurückhaltendem Sprechgesang zur Ballade, während Nick Morrison auf der Gitarre ein spannendes Solo inszeniert.
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In „This Is Hip“ bringt Adam Sikora seine Mundharmonika zum Singen, bevor Dvora Davis mit „Mind On Jesus“ einen weiteren Spiritual zelebriert. Das aufdringlich-alberne Klingeln eines Handys kommentiert sie schlicht mit „Shit happens“.
Blues-Trio performt Song von Soul-Diva Aretha Franklin
Inzwischen tauscht Drummer Morrison mit seiner Gitarre den Platz mit Adam Sikora. Mit „Watching Over Me“ werden der Sound härter und der Beat stärker, Davis’ Stimme fordernder, und Gitarrist Morrison legt mit seiner Gitarre den Rock vor.
Mit „Whiskey And Rye“, diesem Folk-Rock-Song von Don McLean, folgt ein Abstecher in die Nordstaaten, bevor das Trio mit „Chain Of Fools“, den auch die „First Lady of Soul“ Aretha Franklin sang, einen ganz großen Ohrwurm über die Rampe bringt. In Dvora Davis hat die Soul-Diva trotz goldfarbenen High Heels und Blingbling-Fummel eine respektable Enkelin mit einer Stimme aus Samt, Seide und Stahl gefunden.
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