Norderstedt. Mit Rollator in den Bus, als Senior aufs Rad: Was man beim Mobilitätstag in Norderstedt in aller Ruhe ausprobieren kann.
Die Mobilitätswende will die Stadt Norderstedt schaffen – weg vom Dauereinsatz des Autos, hin zu mehr fahrrad- und öffentlichem Nahverkehr. Doch bei den Seniorinnen und Senioren kommt das nicht immer gut an – sie fühlen sich nicht gesehen im Prozess. Denn viele betagte Menschen sehen in ihrem Auto das wichtigste Transportmittel, um überhaupt noch am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen zu können – besonders, wenn sie körperlich schon eingeschränkt sind.
Bus fahren? Fahrrad fahren? Wer sich ein Leben lang an den Komfort eines Autos vor der eigenen Tür gewöhnt hat, den kann man oft nur schwer für die Alternative ÖPNV oder Zweirad motivieren. Der Seniorenbeirat der Stadt Norderstedt versucht das trotzdem. Zumindest will er Seniorinnen und Senioren auf den neusten Stand bringen, was die Angebote in der Stadt Norderstedt angeht.
Norderstedt: Senioren üben die Mobilitätswende auf dem Rathausmarkt
Vor allem soll die Schwellenangst genommen werden, die Angebote zu nutzen. Nein zu ÖPNV und Fahrrad kann man sicher sagen, wenn man einfach zu gebrechlich ist. Wer aber nur Angst hat vor der Bedienung des Fahrkartenautomaten oder vor dem Einsteigen in Busse und Bahnen mit Gehilfen oder Rollstühlen, dem kann geholfen werden.
Denn das ist eine Frage des Trainings und der Gewöhnung: Der Seniorenbeirat hat viel Organisationstalent bewiesen und zu seinem Mobilitätstag für Seniorinnen und Senioren am Dienstag, 23. Mai, von 14 bis 17 Uhr, viele Akteure des öffentlichen Nahverkehrs und der Mobilitätsangebote in der Stadt zusammengetrommelt. Unter der Schirmherrschaft des 1. Stadtrats Christoph Magazowski werden sie sich alle auf dem Norderstedter Marktplatz vor dem Rathaus einfinden.
Experten des VHH bringen einen ganzen Bus zum ausgeruhten Üben mit
Mit einem Bus vor Ort sind zum Beispiel die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH). Wer bisher zu viel Respekt vor dem Einsteigen in den Bus mit Rollator oder Rollstuhl hatte, der kann am Dienstag auf dem Rathausmarkt den „Ernstfall“ in aller Ruhe ausprobieren – damit es im Alltag reibungslos klappt.
Die VHH nutzt Niederflurbusse mit Rampen und dem sogenannten Kneeling, der Möglichkeit, den Bus seitlich abzusenken. Mit Rollator oder Rollstuhl sollte man immer eine Tür in der Mitte des Busses ansteuern. Dann gibt man der Busfahrerin oder dem Busfahrer ein Signal oder drückt den gekennzeichneten Knopf, rechts neben der Tür. Der Zugang per Rampe wird ermöglicht, sobald die übrigen Fahrgäste ein- oder ausgestiegen sind.
Mysterium Fahrkartenautomat – an der Bedienung scheitern nicht nur Senioren
Im Bus angekommen, sollte man die Stellfläche für Rollatoren gegenüber der Eingangstür nutzen. Dort ist auch eine Prallfläche eingebaut, an der sich Fahrgäste mit Rollstühlen gegen die Fahrtrichtung aufstellen können. All das werden die Experten des VHH am Dienstag auf dem Rathausmarkt erläutern.
Sie stehen auch bereit, um den Seniorinnen und Senioren alle Informationen rund um den Fahrkartenautomaten zu geben. Nicht nur für betagte Menschen ist das Ding manchmal ein Mysterium. Dazu tragen die nicht immer auf den ersten Blick verständlichen Tarifstrukturen bei. Doch die gute Nachricht: Es gibt jetzt ja das Deutschlandticket – eine Fahrkarte für alles. Da kann man den Automaten einfach links liegen lassen.
Lass Busse und Bahn, fahr Taxi – geht auch mit Rollator oder Rollstuhl
Wem Busse und Bahnen nicht exklusiv genug sind, der kann sich mit Rollstuhl oder Rollator auch ein Taxi nehmen – natürlich auch eine Frage des Budgets. Der Seniorenbeirat hat ein Unternehmen für den Mobilitätstag gewonnen, dass mit speziellen Taxis für den Transport von Rollstuhlfahrern auf dem Rathausmarkt kommen wird. Das Fahrzeug steht ebenfalls zum Ausprobieren bereit.
Irgendwann im Leben auf den Rollator angewiesen zu sein, ist nicht für jeden Menschen leicht zu akzeptieren. Beim Deutschen Roten Kreuz Norderstedt hat sich eine Gruppe gegründet, die mit dem Thema offensiv umgeht und versucht, das Beste aus dem Angewiesensein auf die Gehhilfe zu machen: der DRK-Rollator-Club.
Rollator-Club: Wie man mit der Gehhilfe Barrieren überwinden kann
Man trifft sich 14-tägig in zwei Kursen beim DRK an der Ochsenzoller Straße 124. Unter Anleitung von Kursleiterin Renate Degenhardt-Lüdtke erlernen die Club-Mitglieder den richtigen und sicheren Umgang mit dem Rollator an sich und in der Anwendung im Alltag. Dabei können die Teilnehmenden voneinander profitieren, in dem sie Erfahrungen austauschen. Außerdem gibt es Infos zur eingeschränkten Mobilität und sogar Spiel und Spaß am und mit dem Rollator.
Auf dem Rathausmarkt wird der DRK-Rollator-Club eine kostenlose Überprüfung und Einstellung von privaten Rollatoren anbieten. „Denn die sind oft zu hoch eingestellt, manche auch zu niedrig“, sagt Renate Degenhardt-Lüdtke. Am Dienstag wird sie auch ein Podest mitbringen, an dem mit Rollator das richtige Überwinden von Bordsteinkanten ausprobiert werden kann. „Da gibt es eine gute Technik, die Sicherheit gibt und hilft, Unfälle zu vermeiden.“
Norderstedt: Wer Fahrradfahren will, braucht sich kein Rad zu kaufen
Wer sich auf seine alten Tage noch auf dem Fahrrad ausprobieren möchte, der braucht sich dafür nicht gleich ein Rad zu kaufen. Mittlerweile kann man die unterschiedlichsten Modelle an vielen Ecken der Stadt ganz unkompliziert im Nextbike-System ausleihen. Die Stadt Norderstedt wird auf dem Rathausmarkt über die Leih-Fahrradflotte Norderstedts informieren.
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Und nein – das Auto wird beim Mobilitätstag nicht etwa ausgegrenzt. Zum ersten Mal ist der ADAC mit seinem Infomobil in Norderstedt dabei. Wer partout nicht auf Rad, Bus oder Bahn umsteigen und im Auto bis ins hohe Alter sitzen bleiben möchte, der sollte zumindest sichergehen, dass die Reaktionszeiten und fahrerischen Fähigkeiten noch ausreichend sind. Der ADAC bietet den autofahrenden Seniorinnen und Senioren in Norderstedt alle Infos über spezielle Trainings an.