Norderstedt. Victor Collins trägt einen blauen Anzug, Hemd und Krawatte. Der 38-Jährige ist der neue Direktor des Airport Plaza Hotels in Norderstedt, das vor seiner Insolvenz noch Nordport Plaza Hotel hieß. Collins tritt wie ein gestandener Geschäftsmann auf. Selbstbewusst führt er durch die Räume des Hotels, das in unmittelbarer Nähe zum Hamburger Flughafen liegt. Dennoch ist er sich nicht zu schade dafür, auch dort auszuhelfen, wo derzeit Personal fehlt. „Neulich habe ich acht Stunden lang Zimmer geputzt“, erzählt er.
Wenn er gebraucht wird, bringt er den Gästen im Restaurant Blue das Essen an den Tisch, räumt das Geschirr ab oder hält die Lobby sauber. „Ich mache alles. Ich bin kein Direktor, der den ganzen Tag nur E-Mails schreibt“, sagt er.
Flughafen Hamburg: Ex-Fußballprofi leitet Airport Plaza Hotel in Norderstedt
Der Sohn eines Kanadiers und einer Romänin war viele Jahre lang Profifußballer in Irland. Für Salthill Devon hat er in der irischen ersten Liga 29 Spiele absolviert. Zuvor spielte er in Schleswig-Holstein unter anderem für den VfB Lübeck und den SV Todesfelde. Als er sich im Alter von 26 Jahren die Achillessehne riss, musste er seine Karriere beenden. Er absolvierte eine Fußballlehrerlizenz und trainierte seinen früheren Verein Salthill Devon in Galway.
Dort lernte er Luke Comer kennen – einen irischen Milliardär. Ihm und seinem Bruder Brian gehören etliche Luxuswohnungen und Hotels auf der Welt. Angefangen hat Comer als Stuckateur auf dem Bau. 2022 kaufte der begeisterte Pferdezüchter das insolvente Vier-Sterne-Flughafenhotel in Norderstedt – und fragte Victor Collins, ob er Geschäftsführer werden möchte.
Airport Plaza Hotel: Derzeit arbeitet Direktor etwa 17 Stunden am Tag
„Ich habe dreimal ,Nein, danke‘ gesagt“, berichtet der Ex-Fußballer. „Dann sind wir nach Hamburg geflogen und es tat mir im Herzen weh, zu sehen, dass ein so schönes Hotel nicht läuft.“ Collins nahm die Herausforderung an. Er zog von Irland nach Norderstedt, wohnt seitdem in einer Hotel-Suite. „Was hatte ich schon zu verlieren?“, sagt er.
Seit Mitte Januar arbeitet er fast täglich von 9 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts, um das Hotel wieder zum Laufen zu bringen. 17-Stunden-Tage gehören für ihn derzeit zur Normalität. 2018 etablierte sich die schickste Unterkunft Norderstedts in unmittelbarer Nähe zum Flughafen zum Tagungs- und Übernachtungsort für Geschäftsreisende. Mit Ausbruch der Corona-Pandemie wurde das Geschäftsmodell jedoch zum Fluch. Kaum Flugzeuge hoben ab, die 188 Zimmer des Hotels blieben überwiegend leer. Die Betreibergesellschaft des Hotels, die NDY sechzehnte GmbH, und die Eigentümergesellschaft des Gebäudes, die Nordport Bau GmbH, meldeten im Dezember 2020 Insolvenz an.
Im Café Moin gibt es Mittagstische für umliegende Firmen
Collins hat bisher noch keine Erfahrung in der Hotelbranche gesammelt. Aber er brauche keinen abgeschlossenen Bachelor, um ein guter Direktor zu sein, sagt er. „Du musst wissen, wie du die Leute inspirierst und das Beste aus ihnen herausholst. Ein guter Geschäftsführer formt eine gute Mannschaft aus seinem Personal“, sagt der frühere Fußballtrainer, der im Gespräch häufig noch in ihm durchkommt.
Victor Collins präsentiert das Café Moin im Untergeschoss. Mehr als ein Jahr war es geschlossen. Künftig sollen sich Hotelbesucherinnen und -besucher sowie Mitarbeiter aus den umliegenden Firmen hier ihr eigenes Sandwich zusammenstellen können. Das Hotel würde das Essen sogar in die benachbarten Nordport Towers, in denen viele Unternehmen Büroräume angemietet haben, oder in die Tesa-Zentrale liefern. Zusätzlich bietet das Café Moin Mittagstische mit wechselndem Menü an.
Skybar im neunten Stock bietet besten Blick über Hamburger Flughafen
Im Restaurant Blue gibt es morgens ein Frühstücksbüfett und abends Essen à la carte. Einmal im Monat möchte der Hoteldirektor künftig einen Brunch anbieten. „Wie in Irland“, sagt er. Die Gäste sollen sich dann pochierte Eier auf Toast („Eggs Benedict“) oder Waffeln aus der Karte bestellen können. Ein neues Angebot ist auch im Wellness-Bereich geplant: Schon bald soll es Tageskarten zu 15 Euro geben. Gäste können dann im Fitnessraum Sport machen oder in der Sauna schwitzen – beides mit wunderschönem Panorama-Blick über die Start- und Landebahn des Hamburger Flughafens.
Am besten kann man diesen Ausblick über Hamburg und Schleswig-Holstein allerdings in der Skybar im neunten Stock genießen. „Der Blick ist unbezahlbar“, sagt Victor Collins. Er wirkt selbst noch immer fasziniert davon, obwohl er die Flugzeuge vom Hotel aus jeden Tag starten und landen sieht. Die Bar ist erst seit drei Wochen wieder geöffnet. Auch sie war ein Jahr lang geschlossen.
Skybar: Zur Happy Hour gibt es Cocktails 30 Prozent günstiger
Sie ist hochklassig eingerichtet. Loungebereiche, die reserviert werden können, befinden sich direkt neben dem Eingang. Angesagte Deep-House-Musik läuft über die Boxen. Auf der verglasten Terrasse mit offenem Dach können die Gäste frische Luft schnappen und am Tresen zwischen 45 verschiedenen Whiskey-Sorten und rund 50 Cocktails auswählen. „Mein Barkeeper hat aber mindestens 200 Rezepte im Kopf. Wir kennen uns aus Irland. Er ist mit mir gekommen“, schwärmt der Direktor.
Immer von montags bis freitags, 17 bis 18 Uhr sowie 21 bis 22 Uhr, ist Happy Hour in der Skybar. Dann gibt es Cocktails, die normalerweise zwischen 8 und 14 Euro kosten, 30 Prozent günstiger. „Unter der Woche sind wir gut besucht“, berichtet Collins. Seltsamerweise läuft ausgerechnet der Sonnabend, an denen viele Menschen traditionell am liebsten ausgehen, am schlechtesten. „Es tut mir weh, wenn kaum jemand in Norderstedt diesen schönen Ort kennt“, sagt er. Das soll sich ändern.
Flughafen Hamburg: Hotel soll eines der besten Deutschlands werden
Auch Fußballfans kommen in der Skybar auf ihre Kosten: Auf einem 4 Meter langen und drei Meter breiten Bildschirm laufen unter anderem Champions-League- und Bundesliga-Spiele. „Künftig soll es an der Bar auch Essen wie Nachos und Chicken Wings geben“, sagt Collins. Geöffnet ist von montags bis freitags, 17 bis 1 Uhr, sowie sonnabends von 17 bis 2 Uhr.
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Die Ausbaupläne, die schon bestanden, bevor das Hotel überhaupt 2018 eröffnet hatte, liegen auf Eis. „Im Moment gehen wir kleine Schritte. Wir brauchen Zeit“, sagt der Geschäftsführer. Auf einer als Parkplatz genutzten Fläche hinter dem Hotel gab es Pläne für weitere 120 Zimmer, Verwaltungsräume und ein Wellness-Zentrum mit Schwimmbad. Vorerst will man sich aber darauf konzentrieren, mehr Personal zu finden und den Gästen höchste Qualität zu bieten. „Mein Ziel ist es, das Hotel zu einem der besten Flughafenhotels Deutschlands zu machen“, sagt Victor Collins.
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