Norderstedt. In allen städtischen Einrichtungen fehlt Personal. Jetzt sollen Leiharbeitsfirmen helfen. Was Norderstedt noch gegen die Not tut.

Es ist ein – zumindest für Norderstedt – neuer Ansatz, um Fachkräfte für die städtischen Kindertagesstätten zu finden. Die Stadt möchte möglichst bald auch über Zeitarbeitsfirmen Personal in ihren elf Einrichtungen einsetzen, um kurzfristige Engpässe abdecken zu können. Einen entsprechenden Beschluss sollen der Hauptausschuss (16. Januar) und die Stadtvertretung (31. Januar) fassen. Anschließend würde es ein öffentliches Vergabefahren geben.

Mehrere Faktoren spielen hier eine Rolle, wie die Verwaltung in ihrer Begründung erklärt. So habe man in allen Kitas unbesetzte Stellen, weswegen die vorhandenen Erzieherinnen und Erzieher vermehrt belastet sind – und das unter Eindruck der Auswirkungen der Corona-Pandemie. Die Folge: „Wir hatten erhebliche Ausfälle durch Krankheitswellen, sodass wir uns absichern wollen“, so Sozialdezernentin Katrin Schmieder.

Norderstedt: Zu wenig Kita-Personal - die Stadt setzt auf Zeitarbeit

Das Missverhältnis ist auch eine Konsequenz des massiv vorangetriebenen Ausbaus. Die per Gesetz festgelegten Rechtsansprüche hatten diesen Schritt nötig gemacht. Allerdings, und das ist keine neue Erkenntnis, ist es einfacher, Gebäude zu erweitern oder zu errichten, als quasi auf Knopfdruck ausreichend Personal für die neuen Gruppen einzustellen. Laut Stadt führt der Fachkräftemangel zu einer „spürbar gestiegenen Fluktuation“. Denn: „Die Fachkräfte sind eher bereit, ihren sicheren Arbeitsplatz zu verlassen, wenn sie attraktivere Angebote bekommen, zum Beispiel wohnortnah.“

Ein Versuch war, einen internen Stellenpool mit acht Erzieherinnen und Erziehern zu schaffen, die als Vollzeit-Springerkräfte fungieren sollten. Das schlug fehl: Trotz mehrfacher Ausschreibung gab es kein Interesse, sodass die Stellen vakant sind, der Pool nahezu unbesetzt.

Zeitarbeit: Es soll eine Perspektive auf dauerhafte Anstellung geben

Mögliche Zeitarbeitskräfte würden auch im Falle von langer Arbeitsunfähigkeit oder Beschäftigungsverboten (meist in Zusammenhang mit einer Schwangerschaft) hilfreich sein. Ihre Tätigkeit wäre zwar auf drei Monate begrenzt, könnte aber im Fall einer Übernahme ausgedehnt werden bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses. Eine derartige Perspektive soll allen geboten werden.

Sozialdezernentin Katrin Schmieder: Auf vielen Ebenen wird daran gearbeitet, die Personalsituation in Kitas zu verbessern.
Sozialdezernentin Katrin Schmieder: Auf vielen Ebenen wird daran gearbeitet, die Personalsituation in Kitas zu verbessern. © Christopher Mey

Der zum Jahresbeginn nach Norderstedt gekommene neue Fachbereichsleiter für die Kindertagesstätten habe in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht, sagt Katrin Schmieder. Andere Träger, ob in Norderstedt oder etwa in Hamburg, setzen schon länger Leiharbeitende ein. „Es gibt immer Menschen, die Lust haben, in einem solchen Modell zu arbeiten“, so die Dezernentin.

Dennoch soll es nur ein letztes Mittel sein. Andere Optionen laufen parallel an. So gibt es Gespräche mit der BEB, also jener städtischen Gesellschaft, die verantwortlich ist für die Nachmittagsbetreuung an den Grundschulen. Schmieder: „Wir versuchen immer auch, eigenem Personal die Chance zu geben, ihre Zeit aufzustocken.“ Wer also Lust und die Möglichkeit hat, auch vormittags zu arbeiten, könnte das in einer der Kitas tun.

Norderstedt: Stadt würde gerne eigene Fachschule haben

Am liebsten würde Norderstedt allerdings in einem großen Umfang eigene Fachkräfte ausbilden. Der Wunsch nach einer neuen Fachschule für Erzieherinnen und Erzieher ist unverändert. Die vorherige Landesregierung hatte dies zwar abgelehnt, mittlerweile hofft Norderstedt aber auf Bewegung in Kiel. Schließlich hat die Koalition bereits die Mittel für die sogenannten PiA-Plätze aufgestockt (PiA = Praxisintegrierte Ausbildung) – 5 Millionen Euro in diesem Jahr, 10 Millionen im Jahr 2024.

Rund 20 angehende Fachkräfte machen derzeit in den städtischen Kindertagesstätten eine solche Ausbildung. Beim letzten Jahrgang, der seinen Abschluss machte, konnten alle Absolventen weiterbeschäftigt werden. „Das spricht für unsere Kitas“, sagt Schmieder. Aber: „Wir hätten gerne eine ganze Schule. Im Koalitionsvertrag steht etwas kryptisch, dass es möglich ist, mehr als eine pro Kreis zu haben. Ich bin davon überzeugt, dass man das Thema in Kiel angeht.“ In Norderstedt gibt es derzeit eine Art „Satellitenklasse“ mit 30 Schülerinnen und Schülern, diese gehört aber zur Fachschule in Bad Segeberg.

Norderstedt: Unterschiedliche Tarifbedingungen zwischen den Ländern

Eine Sache ist noch komplizierter: die unterschiedlichen Tarifbedingungen der Länder. Ein Beispiel: Die Stadt zahlt Erzieherinnen und Erziehern ein Entgelt der Eingruppierung S 8a. In Hamburg ist es dem größten Träger Elbkinder – ein öffentliches Unternehmen der Hansestadt – möglich, nach 8b zu zahlen. Das können je nach Stufe schon einmal 200 bis 300 Euro brutto Unterschied sein.

„Das wird man auf höheren Ebenen abstimmen müssen“, sagt Katrin Schmieder. Aber Geld sei nicht alles. „Wir merken, dass Mitarbeitende in erkennbaren Zahlen zu uns zurückkommen, teilweise sogar in die alten Teams.“ Dem Vernehmen nach, weil die Arbeitsbedingungen in Norderstedt besser sind – und so etwas kann in Abwägung dann in einer Branche, die von einem stetigen, harten Wettbewerb zwischen Kommunen und anderen Trägern geprägt ist, auch einmal den Ausschlag für einen Jobwechsel geben.