Norderstedt

100 Besucher feiern in der Paul-Gerhardt-Kirche „Weihnukka“

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Zündeten gemeinsam die Kerzen an: Pastor Hans-Christoph Plümer (links), Dirk Burmester (Verein Chaverim) und Ayala Nagel, Vorsitzende des Vereins Chaverim.

Zündeten gemeinsam die Kerzen an: Pastor Hans-Christoph Plümer (links), Dirk Burmester (Verein Chaverim) und Ayala Nagel, Vorsitzende des Vereins Chaverim.

Foto: Claas Greite / FMG

Jüdische und christliche Traditionen wurden gemeinsam zelebriert, mit viel Musik. Und dann wurde noch ein neues Projekt vorgestellt.

Norderstedt.  Ein interreligiöses Fest der ganz besonderen Art wurde am Sonntag in der Paul-Gerhardt-Kirche in Norderstedt gefeiert. Eins, das ein bisschen Licht in sonst eher dunkle Zeiten brachte und auf fröhlich Art wie selbstverständlich jüdische und christliche Traditionen miteinander kombinierte.

Die Rede ist von „Weihnukka“, einer Feier, die Weihnachten und Chanukka zusammenbrachte. Beide Feste fallen zeitlich oft eng zusammen, wobei das Datum des jüdischen Chanukka-Festes wegen des jüdischen Mondkalenders variiert. Beides zusammen zu feiern, das sei ein „Akt praktizierten Friedens in guter geistiger Nachbarschaft“, sagte Hans-Christoph Plümer in einer kurzen Ansprache.

Norderstedt: 100 Besucher feiern in der Paul-Gerhardt-Kirche „Weihnukka“

Er ist nicht nur Pastor in der evangelisch-lutherischen Emmaus-Kirchengemeinde, zu der die Gerhardt-Kirche gehört, sondern auch der Zweite Vorsitzende des Norderstedter Vereins „Chaverim – Freundschaft mit Israel“, der gemeinsam mit der Kirchengemeinde zu dem Fest eingeladen hatte.

Rund 100 Besucher waren am Sonntagabend in die Kirche gekommen – aber wohl nicht jeder wusste genau, was an Chanukka eigentlich gefeiert wird. Aber das wurde ja gleich am Anfang erklärt. Chanukka ist nämlich das jüdische Lichterfest, bei dem an die Wiedereinweihung des jüdischen Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v. Chr. erinnert wird. Die Juden hatten ihr Land von den Hellenen zurückerobert. Im Tempel wurde der Überlieferung nach nur noch ein Krug geweihtes Öl gefunden, das aber durch ein Wunder acht Tage lang brannte.

Eine Chanukkia stand neben Adventskranz und Weihnachtskrippe

Im Zentrum des Chanukka-Festes steht deshalb die „Chanukkia“, der achtarmige Leuchter. Eine Chanukkia stand dann auch ganz vorne in der Paul-Gerhardt-Kirche, neben Adventskranz und Weihnachtskrippe. Am Sonntag war der erste Tag des Chanukka-Festes, folglich wurde die erste Kerze angezündet. Hans-Christoph Plümer tat das gemeinsam mit Ayala Nagel, der Ersten Vorsitzenden von Chaverim, und dem Vereinsmitglied Dirk Bumester.

Und dann ging es um Musik – denn die ist, neben dem Essen, extrem wichtig an Chanukka. Stella Jürgensen, Sängerin der in Norderstedt wohlbekannten Hamburger Band „Stella’s Morgenstern“, führte von nun an durch den Abend, intonierte mit ihren Bandkollegen Andreas Hecht (Gitarre) und Guido Jäger (Kontrabass) traditionelle Chanukka-Lieder auf Hebräisch und Jiddisch, aber auch Weihnachtslieder aus der Feder jüdischer Komponisten, wie „White Christmas“ von Irving Berlin.

Schon vor 1933 wurde in Deutschland „Weihnukka“ gefeiert

Jürgensen erinnerte daran, dass man damit an eine verschüttete Tradition anknüpfte: „Weihnachten und Chanukka wurden auch in Deutschland vor 1933 gerne zusammen gefeiert“, sagte sie. Und hielt diese Tradition wieder hoch, gemeinsam mit dem Publikum, das sie zum Mitsingen animierte.

Die Besucher lernten, dass Chanukka auch und vor allem ein Fest für Kinder ist, etwa anhand fröhlicher Kinderlieder, zum Beispiel dem „Hanuka Dance“ von US-Songwriterikone Woody Guthrie. Generell war das Konzert auch eine mehrsprachige Reise rund um die Welt und tief hinein in die jüdische Geschichte. Mit Liedern wie „Ocho Kandelikas para mi“ klangen Traditionen der sefardischen Juden an, mit „Charity Carol“ wurde wiederum ein schottisches Weihnachtslied zu Gehör gebracht.

In der Pause gab es Wein und „Sufganiyot“ – das sind süße Krapfen

In der Pause gab es dann Wein – und „Sufganiyot“, jene in Öl gebackenen (Berlinern ähnliche) Krapfen, die traditionell an Chanukka gegessen werden. Unter den Gästen war Hilke Kloebe, die aus Hamburg-Langenhorn gekommen war. Sie lebt den Geist von „Weihnukka“ auch privat, hat zwei israelisch-deutsche Enkel. Gunnar Urbach, der langjährige Pastor der Norderstedter Falkenberg-Kirche, sagte: „Dieses Fest ist eine sehr schöne Form, die Grenzen der Religionen bewusst zu öffnen.“

Mit im Publikum: Kai-Jörg Evers, Chef der Stadtpark-GmbH

Mit seiner Familie gekommen war Kai-Jörg Evers, Geschäftsführer der Stadtpark Norderstedt GmbH. „Wir haben aus Neugier vorbeigeschaut. Das ist ein sehr schönes, auch sehr interessantes Fest“, so Evers, der auch betonte, wie sehr er die Arbeit des Vereins Chaverim schätzt.

Ayala Nagel kündige nach der Pause ein neues Projekt des Vereins an: So soll es Mai 2023, zum 25-jährigen Bestehen des Vereins, eine besondere Foto-Ausstellung geben. Das Thema: Freundschaft. Die israelische Künstlerin Oranit Ben Zimra kommt nach Norderstedt, um zwölf Freundespaare zu fotografieren – dafür werden auch noch Mitstreiter gesucht. Näheres ist auf der Webseite des Vereins zu erfahren.

Über die Vereinsarbeit sagte Ayala Nagel: „In einer schweren Zeit, die manchmal dunkel erscheint, wollen wir bei Chaverim Licht bringen. Genau wie in der Chanukka-Geschichte.“

Dann übernahm wieder „Stella’s Morgenstern“ und half dem Publikum dabei, sich in dem etwas kühlen Kirchensaal aufzuwärmen. Mit dem traditionellen Kirchenlied „Es ist ein Ros entsprungen“ endete schließlich dieser besondere Abend, der so sehr geprägt war vom Geist der Freundschaft – und von der Hoffnung auf bessere Zeiten und Frieden.

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