Wakendorf II. Sabine Marquard bewahrt den jungen Norikerhengst vor dem sicheren Tod. Wie es zu der ungewöhnlichen Aktion kam.

Pullover, Sofas, Gewürze – vieles lässt sich mit einem Klick per Handy kaufen, auch unbesehen. Aber ein Pferd? Sabine Marquard hat es getan und einem Kaltblutfohlen das Leben gerettet.

Ohne ihre beherzte Entscheidung wäre der goldglänzende Basti womöglich beim Schlachter gelandet. Mit Hilfe der Hamburgerin konnten die Tierschützer des Vereins „4 Hufe im Glück“ den sieben Monate alten Norikerhengst im Herbst 2021 bei einer Auktion in Österreich freikaufen und zu seiner neuen Besitzerin nach Norddeutschland bringen. In Maishofen werden jedes Jahr Dutzende Fohlen und Stuten von Schlachtern etwa aus Italien aufgekauft, die die Tiere nach qualvoller Anbindemast töten und verarbeiten.

Tierquälerei: Hamburgerin kauft Fohlen frei und rettet es vor Schlachter

Ein unvorstellbarer Gedanke für Sabine Marquard, die Vierbeiner als Lebensbegleiter sieht. Auf dem Dorf aufgewachsen, ging es für sie mit den Shetlandponys des Nachbarjungen über die Wiesen. Zwei bulgarische Tierschutzkatzen zählen seit einigen Jahren zu ihrer Familie. Nach einer sehr langen Reitpause – „ich saß ein Vierteljahrhundert nicht auf dem Pferd“ –, zog es die Hamburgerin vor drei Jahren wieder in den Stall, um regelmäßig Reitstunden zu nehmen.

„Damit wurde der Wunsch nach einem eigenen Pferd immer größer – und Träume soll man leben. Doch wann, wenn nicht jetzt?“, fragte sich die heute 48-Jährige und beschloss, einen ungewöhnlichen Weg zu gehen und einem potenziellen Schlachtpferd eine Chance zu geben.

Tierquälerei: „4 Hufe im Glück“ setzt sich für Schlachtfohlen ein

Nach eingehender Recherche nahm Sabine Marquard Kontakt zum Verein „4 Hufe im Glück“ auf, der nicht nur Schlachtfohlen rettet, sondern sich auch für vernachlässigte und alte Vierbeiner sowie ausgediente Sportpferde einsetzt, sie aufpäppelt und ein liebevolles, verantwortungsvolles Zuhause für sie sucht.

„Da ich nicht selbst nach Österreich fahren konnte, bat ich den Verein, mir von der Auktion einen jungen Hengst mitzubringen, am liebsten etwas Braunes“, erinnert sie sich. Als per WhatsApp ein Foto von dem pitschnass geschwitzten Basti aufpoppte, war es um Sabine Marquard geschehen: „Genau der sollte es sein!“

Hamburgerin freut sich jeden Tag, nach dem Job zu Pferd Basti zu fahren

Das war vor gut einem Jahr, und die neue Mensch-Pferd-Kombi ist immer noch überglücklich. „Basti zu mir zu holen, war eine der besten Entscheidungen meines Lebens“, versichert die Lohn- und Gehaltsbuchhalterin. „Ich freue mich jeden Tag mehr, nach dem Job zu ihm zu fahren und gemeinsam mit ihm die Welt zu erkunden.“

Zusammen mit einer Pferdetrainerin lernen sie und der mittlerweile stattliche Fuchs den respektvollen, freundlichen Umgang miteinander. Halftern, Führtraining und Hufe geben zählen zum Fohlen-Abc, das für einen harmonischen Alltag sitzen muss. „Basti ist ein Streber“, erzählt Sabine Marquard lachend, „er bemüht sich immer, alles richtig zu machen. Regenschirme, Planen oder Bälle schrecken ihn kein bisschen. Aus ihm wird bestimmt ein wunderbares Verlasspferd.“

Auch Sabine Marquards Ehemann kuschelt gern mit dem Pferd

In einigen Jahren möchte sie ihn einreiten und einfahren. Bis dahin darf der knapp Zweijährige in Sicherheit groß werden, seine Freizeit genießen und mit zwei weiteren Junghengsten in einem Offenstall und auf weitläufigen Weiden in Pinneberg herumtollen.

Mit dem Pferdevirus hat Sabine Marquard sogar ihren Ehemann angesteckt, der gerne mit Basti kuschelt. Erst kürzlich hat Jens sogar selbst einen Vierbeiner gerettet – allerdings nur auf dem Papier. Über einen Sponsorvertrag hat er dem Verein „4 Hufe im Glück“ ein zinsloses Darlehen gewährt, das Anfang November in Maishofen für den Freikauf von Zombi, einem lackschwarzen, inzwischen acht Monate alten Norikerhengst, verwendet wurde. Wenn für das Fohlen sein „Für-immer-Zuhause“ gefunden ist, wird Jens Marquard die Sponsorensumme zurückbekommen.

Tierquälerei: Verein freut sich über finanzielle Hilfe für Pferderettung

Doch auch über Patenschaften können Rettungspferde unterstützt werden. „Wir haben aktuell 36 Ponys und Pferde in unserer Obhut, die zuverlässig mit Futter und Medikamenten versorgt werden wollen. Daher freuen wir uns über jede finanzielle Hilfe oder Sachspenden“, sagt Stefanie Grabs-Samuels, Vorsitzende von „4 Hufe im Glück“, deren Weiden in Wakendorf II bei Norderstedt liegen.

Infos zu Vermittlungs- und Patenpferden sowie Unterstützungsmöglichkeiten gibt es unter www.4hufeimglueck.com.