Kaltenkirchen. In einer Ausstellung in Kaltenkirchen präsentieren drei junge Frauen am Wochenende ihre Werke. Sie berühren und schockieren.

Rima Sirenok malt, um ihre Gefühle auszudrücken. Erlebnisse zu verarbeiten. Derzeit ist in den Bildern der jungen Ukrainerin vor allem Düsterkeit zu erkennen. Trauer. Wut. Verzweiflung. Auf einen schwarzen Hintergrund hat sie den Kopf eines ukrainischen Soldaten gemalt. Sein Gesicht ist nur zur Hälfte lebendig und mit Haut bedeckt – die andere Seite zeigt seinen nackten Totenschädel. Darunter steht im blutigen Rot auf Englisch geschrieben: „They die for freedom.“ Sie sterben für Freiheit.

Die Ukrainerin Rima Sirenok verarbeitet in ihrer Kunst ihre Gefühle zum Krieg in ihrem Heimatland.
Die Ukrainerin Rima Sirenok verarbeitet in ihrer Kunst ihre Gefühle zum Krieg in ihrem Heimatland. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann

Rima Sirenoks Werke sind eindrucksvoll. „Ich weiß aber nicht, ob ich stark genug bin, weiterhin in dem Genre zu malen. Ich durchlebe alle Gefühle dabei.“ Die 18-Jährige ist nach Ausbruch des Krieges aus ihrer Heimat in der Nähe von Kiew nach Deutschland geflüchtet. Hier besucht die junge Frau seit Kurzem die Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Auf diese Weise ist auch der Kontakt zu Marco Kreuzaler entstanden.

Kaltenkirchen: In ihrer Kunst verarbeiten Ukrainerinnen den Krieg

Der Kaltenkirchener Weinhändler und Kunstliebhaber engagiert sich seit Beginn des russischen Angriffskrieges für die Ukraine. Erst hat er Sachspenden für die Menschen vor Ort gesammelt – nun plant er eine Kunstausstellung, deren Erlöse der Ukraine zugutekommen sollen. Sie findet am Sonnabend, 1. Oktober, von 14 bis 18 Uhr, in den Räumen seines Weinlagers, Grashofstraße 5, in Kaltenkirchen statt.

Neben Rima Sirenok stellen noch zwei weitere junge Ukrainerinnen ihre Kunst aus. Im Mittelpunkt ihrer Werke steht der Krieg. Das bunte Bild mit den Blumen von Nadiia Mykhailink sieht im ersten Moment fröhlich aus. Doch bei genauerer Betrachtung ist die Silhouette einer Frau zu erkennen. Schüsse haben ihren Körper durchbohrt. „Beim Malen habe ich an die kleine Stadt Butscha gedacht“, sagt die 18-Jährige auf Englisch – obwohl sie inzwischen gut Deutsch sprechen kann. Ihre Kunst erklärt sie aber lieber in englischer Sprache.

Ukrainische Künstlerin greift in Bild Massaker von Butscha auf

Butscha, ein Vorort von Kiew, hat im Frühjahr dieses Jahres traurige Bekanntheit in der Welt erlangt. Hier folterten und töteten russische Soldaten auf grausamste Weise ukrainische Zivilisten. Bilder von leblosen Körpern, die einfach auf der Straße herumlagen, erschütterten die Welt.

Inzwischen würden die Menschen in der Kleinstadt Blumen über die Einschusslöcher malen, erzählt Nadiia Mykhailink. In ihrem Gemälde wachsen aus den Wunden der Frau ebenfalls zarte Pflanzen. Sie symbolisieren Hoffnung – was passenderweise die Bedeutung des Vornamens Nadiia im Ukrainischen ist.

Im Ukrainischen sind Worte für „Granate“ und „Granatapfel“ identisch

Im März ist sie mit ihrer Mutter und zwei jüngeren Geschwistern von Kiew nach Deutschland gekommen. Eine ihrer Schwestern ist beim Vater in der Ukraine geblieben.

Alisa Sizykh stellt am kommenden Wochenende keine Bilder aus. Die 19-Jährige ist Medienkünstlerin; sie inszeniert ihre Kunst in Kurzfilmen. Das Video, das sie präsentieren wird, zeigt eine leere Gasse im italienischen Verona. Kirchenglocken erklingen. Eine junge Frau im Nachthemd erscheint. In ihren Händen hält sie drei Granatäpfel. „Im Ukrainischen sind die Worte für ,Granate‘ und ,Granatapfel‘ identisch“, erklärt Alisa Sizykh.

Kunstausstellung in Kaltenkirchen: Erlöse werden für Ukraine gespendet

Die Frau knallt die Frucht auf den Boden. Eine nach der anderen. Mit den Händen zermatscht sie die Äpfel, verschmiert die rötliche Farbe in ihrem weißen Kleid. Mit den Füßen trampelt sie auf den Granatäpfeln. Dann schreitet sie die Gasse entlang, blickt intensiv in die Kamera – und geht. So drückt Alisa Sizykh ihren Schmerz über den Krieg aus.

Ebenfalls Teil der Ausstellung sind Werke des 2013 verstorbenen Künstlers Hermann Knoth aus Norderstedt. Der Rotary Club Kaltenkirchen hat seine Bilder damals geerbt. Um die gute Sache zu unterstützen, verkaufen die Rotarier die Werke und lassen den Erlös ebenfalls der Ukraine zukommen. „Die Veranstaltung ist weniger für Kunstsammler, sondern vor allem fürs Herz“, sagt Initiator Marco Kreuzaler.

Kunstausstellung „Die Galerie, die Gutes tut“, Sonnabend, 1. Oktober, 14.00–18.00 Uhr, „House of Wines“, Grashofstraße 5 in Kaltenkirchen