Norderstedt. Warum Stadtverwaltung und Stadtwerke nun mit Hochdruck die energetische Inventur im Gebäudebestand betreiben

Wie gut würden die städtischen Gebäude in Norderstedt eigentlich im Klima-Check abschneiden? Sind sie Energiefresser und Treibhausgas-Produzenten? Oder effiziente und gut gedämmte Gebäude, bereit für die nachhaltige Zukunft?

Genau das wird die Stadt nun herausfinden. Vielmehr – sie wird dazu angehalten. Das Energiewende- und Klimaschutzgesetz Schleswig-Holstein (EWKG) fordert von allen Kommunen des Landes eine sogenannte Wärme- und Kälteplanung.

Energiepreise: Energiefresser? Norderstedt prüft alle städtischen Gebäude

Und in dieser Planung sollen die Städte und Gemeinden aufzeigen, wie Treibhausgas-Emissionen durch Energieversorgung und Energieverbrauch im Gebäudesektor vermindert werden können. Denn die Summe der Einsparungen in allen Kommunen macht die bundes- und landesweiten Klimaschutzziele erst möglich.

Jede Stadt und jede Gemeinde muss seinen Plan dem Umweltministerium bis spätestens 2024 vorlegen. Er umfasst zunächst die Bestandsanalyse des Ist-Zustands, also den Energieverbrauch und die dadurch entstehenden Treibhausgasemissionen aller Gebäude für Wärme und Kälte.

Wie können erneuerbare Wärme oder Kälte genutzt werden?

Unter Berücksichtigung geplanter oder notwendiger energetischer Sanierungen soll dann der künftige Wärmebedarf jedes Gebäudes prognostiziert werden. Dabei soll auch eine Analyse erstellt werden, wie lokal verfügbare erneuerbare Wärme oder Kälte sowie Abwärme dazu genutzt werden könnten.

Nicht zuletzt muss Norderstedt ein „räumliches Konzept“ zur treibhausgasneutralen Wärme- und Kälteversorgungsstruktur für die Stadt erarbeiten, das den Ausbaubedarf erneuerbarer Energien, der leitungsgebundenen Wärme- und Kälteversorgung sowie die Steigerung der energetischen Sanierungsrate und die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden umfasst.

Stadt Norderstedt: Mit Energiekonzept Vorarbeit geleistet

Im Umweltausschuss wurde die Wärme- und Kälteplanung bereits beschlossen. Zügig und noch in diesem Jahr muss die Stadt nun damit beginnen. Nur so „besteht die berechtigte Aussicht, das Maßnahmenprogramm bis Anfang 2024 vorlegen zu können“, teilt die Stadt mit.

Vorarbeit habe die Verwaltung mit ihrem Klimaschutzorientierten Energiekonzept für den Gebäudesektor in Norderstedt (ecofys, 2009) geleistet, dort enthalten eine Maßnahmenliste Klimaschutz und Potenzialanalysen der Stadtwerke zur Solarthermie sowie Geothermie und der geplanten Untersuchung zur Dekarbonisierung des Fernwämenetzes.

Land bezuschusst die Analyse mit 66.000 Euro

Zwei bis vier zusätzliche Stellen müssen Verwaltung und Stadtwerke für das Fachpersonal schaffen, das den Plan entwirft. Dabei darf die Stadt mit einem Zuschuss in Höhe von 66.000 Euro vom Land rechnen.

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) weist darauf hin, dass öffentliche Gebäude mit schlechter CO2-Bilanz im gesamten Kreis Segeberg unter Hochdruck energetisch saniert werden sollten.

„In Zeiten extremer Gaspreise kommt es darauf an, dass auch der Staat die Umweltbilanz seiner eigenen Bauten unter die Lupe nimmt. Wir brauchen eine faire und gründliche Bestandsaufnahme, wie viel Energie die öffentlichen Gebäude im Kreis Segeberg verbrauchen. Dort, wo am meisten verschleudert wird, muss die Sanierung Priorität haben“, sagt Ralf Olschewski, Bezirksvorsitzender der IG BAU Holstein.

Industriegewerkschaft BAU: Alle öffentliche Gebäude im Kreis auf den Prüfstand

Neue Fenster einzubauen, Fassaden zu dämmen und Dächer neu einzudecken – all das spare langfristig viel Geld. Gleichzeitig seien energieeffiziente Umbauten ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel. „Kommunal- und Landespolitik sollten diese Zukunftsinvestitionen vorantreiben. Es geht darum, dass der Staat seine energiepolitischen Hausaufgaben macht – und beim Thema Sanieren mit gutem Beispiel vorangeht“, betont Olschewski.

Vom Finanzamt bis zum Feuerwehrhaus: Es sei ein wichtiges Signal, sich darum zu kümmern, dass öffentliche Gebäude im Kreis Segeberg nicht zu den Schlusslichtern in puncto Energiebilanz zählen. Verwaltungsgebäude oder Sportstätten gehörten oft den schlechtesten Effizienzklassen – G oder H – an.

Energiepreise: Wenn das Rathaus Effizienzklasse G oder H hat

Das bedeutet, dass sie jährlich mehr als 200 Kilowattstunden Energie pro Quadratmeter verbrauchen. Zum Vergleich: In der Effizienzklasse A, wie er beim Neubau üblich ist, liegt der Jahresenergieverbrauch bei 30 bis 50 Kilowattstunden.

Nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur (dena) belaufen sich die Energiekosten öffentlicher Gebäude bundesweit auf sechs Milliarden Euro pro Jahr – davon müssen allein die Kommunen 3,8 Milliarden Euro tragen. Die stark gestiegenen Preise im Zuge des Ukraine-Kriegs sind hierbei noch nicht berücksichtigt.