Bönningstedt/Norderstedt. Vermieter in Bönningstedt handelte ohne Absprache. Und: Keine Heizung ab 22 Uhr. Wie die Mieter sich wehren und die rechtliche Lage aussieht.

Sie war gerade erst aus dem Urlaub zurückgekehrt. Als eine Frau aus Bönningstedt nachts noch schnell duschen wollte, bemerkte sie schnell: Hier stimmt etwas nicht. „Wir hatten kein Warmwasser.“ Die Dusche blieb eiskalt. Sie dachte zunächst an ein technisches Problem. Bis sie dann im Treppenhaus einen Aushang sah. „Aus Zufall habe ich die Zettel gesehen.“

Es war eine Information des Vermieters. „Wegen des Putinkrieges gegen die Ukraine bin ich als Verwalter und Eigentümer ab sofort verpflichtet, die Energiemenge für die Heizung und die Warmwasserversorgung zu reduzieren.“

„Wegen Putin“: Hausbesitzer dreht Mietern Warmwasser ab

Warmwasser werde nur noch morgens von 6 bis 9 Uhr sowie abends von 17 bis 21 Uhr zur Verfügung stehen. Die Heizung setze nur ab einer Außentemperatur von weniger als 10 Grad ein, gemessen um 9 Uhr. Und um 22 Uhr werde diese ausgeschaltet. Zumal könnten Wohnzimmer nur mit bis zu 16 Grad geheizt sein.

„Im Haus haben alle Panik bekommen, denn es wird in zwei, zweieinhalb Monaten ja wieder kälter werden“, sagt die Bönningstedterin, die anonym bleiben möchte. Sie ist alleinerziehende Mutter, lebt mit ihrem Sohn (15) in einer Zwei-Zimmer-Wohnung auf 50 Quadratmetern. Vor einigen Monaten sind sie aus Norderstedt in den Nachbarort gezogen.

„Ich habe versucht, den Vermieter anzusprechen.“ Ein Gespräch war nicht möglich, sie wurde vor vollendete Tatsachen gestellt. „Ich habe ihn gefragt, ob er seiner Ehefrau auch das Warmwasser abstellt. Da sagte er: Nein, um Gottes Willen.“

Anwältin rät: 20 bis 30 Prozent Mietminderung wäre angemessen

Sie suchte eine Norderstedter Anwältin für Mietrecht auf, meldete sich auch bei der Verbraucherzentrale. Auch beim Amtsgericht in Pinneberg ließ sie sich beraten. Die klare Aussage: Der Vermieter ist im Unrecht. Keinesfalls ist er „verpflichtet“, die Heizung zu drosseln oder Warmwasser einzuschränken.

Und die Anwältin bestätigte: Die Frau kann ihre Mietzahlung um 20 bis 30 Prozent reduzieren, und das rückwirkend für Juli. Bisher hatte sie 700 Euro (warm) gezahlt.

Diesen Aushang fand die Mieterin im Treppenhaus.
Diesen Aushang fand die Mieterin im Treppenhaus. © Privat | Privat

„Man kann uns nicht die Pistole auf die Brust setzen“

„Der Vermieter verhält sich gesundheitsschädigend“, auch das wurde der Bönningstedterin gesagt. Denn die Gefahr von Legionellen steigt, wenn die Leitungen kalt bleiben, genauso das Risiko, dass im Herbst in unzureichend beheizten Wohnungen Schimmel entsteht.

„Es bleibt doch jedem selbst überlassen, wo wir sparen. Die Preise explodieren, in den Supermärkten, beim Strom, es kommen die Nachzahlungen. Man kann uns nicht die Pistole auf die Brust setzen. Es ist ein Unding, dass er sich nicht mit uns gemeinschaftlich hinsetzt“, so die Betroffene, die Hartz IV bezieht und auf Minijob-Basis putzt.

Warmwasser abgedreht: Fall könnte vor Gericht landen

Jetzt wird der Vermieter schriftlich angemahnt, die Maßnahmen zurückzunehmen. Im nächsten Schritt könnte vor Gericht eine einstweilige Verfügung erwirkt werden, schlimmstenfalls muss die Frau ihren Vermieter verklagen. „Warum soll man für eine Wohnung voll zahlen, die nicht voll nutzbar ist?“

Das Verhältnis zum Vermieter wird kaum zu kitten sein. Auf Sicht will sie wegziehen. Aber ihre persönlichen Umständen machen die Suche in der Region schwierig. Zumal bekanntlich ein Mangel an Sozialwohnungen besteht. „Uns reicht eine Zwei-Zimmer-Wohnung in oder um Hamburg. Einfach, damit wir die Chance haben, irgendwo hinzukommen.“

Nachgefragt: Das sagt die Verbraucherzentrale

Das Hamburger Abendblatt hat die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein um eine Einschätzung geben. Carina Habeck, Referentin für Verbraucherrecht, erklärt, welche Rechte Mieter haben und welche Pflichten Vermieter.

Ist ein Vorgehen wie in Bönningstedt ohne Absprache gestattet?

Der Vermieter ist verpflichtet, eine uneingeschränkte Warmwassernutzung in üblicher Temperatur (Duschtemperatur 37 Grad) rund um die Uhr zu gewährleisten. Das ergibt sich nicht direkt aus dem Gesetz, sondern hat sich im Laufe der Zeit aus der Rechtsprechung ergeben. Eine eingeschränkte Warmwassernutzung in Zeiten von 6 bis 9 Uhr und 17 bis 21 Uhr auf weniger als 37 Grad stellt möglicherweise einen nicht vertragsgemäßen Zustand dar. Auch muss bedacht werden, dass die Wassertemperatur im Leitungssystem regelmäßig mindestens auf 55 Grad erhitzt werden sollte, um die Gefahr einer Legionellenvermehrung so gering wie möglich zu halten.

Genauso verhält es sich mit der Heiztemperatur. Während der Heizperiode muss die Temperatur in der Wohnung 20 bis 22 Grad erreichen. Auch dies ergibt sich nicht direkt aus dem Gesetz, sondern hat sich ebenfalls in der Rechtsprechung entwickelt. Eine Raumtemperatur von 20 bis 22 Grad ist schon deshalb wichtig, um mögliche Feuchtigkeitsschäden oder gar Schimmel zu vermeiden. Allerdings ist allgemein anerkannt (Rechtsprechungsentwicklung), dass in der Nacht (zwischen ca. 23 Uhr bis 6 Uhr) eine Raumtemperatur von 18 Grad ausreichend ist.

Was empfiehlt die Verbraucherzentrale in solchen Fällen? Darf ich als Mieter die Mietzahlungen selbst reduzieren oder riskiere ich eine Räumungsklage?

Sofern die Wohnung nicht entsprechend beheizt werden kann, kann die Mieterin die Miete mindern. Dies sollte jeder Mieter generell für sich selbst entscheiden. Genauso sollte jeder die Höhe der Mietminderung individuell entscheiden (eine angemessene Richtgröße könnten 10 bis 15 Prozent sein). Eine Räumungsklage droht der Mieterin allein durch die Mietminderung nicht. Erst wenn sie mit einem Betrag in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht, besteht für den Vermieter die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung. Damit einher geht nicht zwangsläufig eine Räumungsklage.

Und was muss ich tun, wenn ein Vermieter trotz Aufforderung die Maßnahmen nicht rückgängig macht?

Sollte der Vermieter der Aufforderung zum vertragsgemäßen Heizen nicht nachkommen, kann die Mieterin die Miete mindern. Letztes Mittel könnte eine Leistungsklage sein. Ein Gericht könnte dann entscheiden, dass der Vermieter verpflichtet wird, die Heizungsanlage ordnungsgemäß einzustellen, sodass die Mindesttemperaturen erreicht werden.

Wie sollten Mieter grundsätzlich vorsorgen, ggf. zusammen mit Vermietern?

Im Anbetracht der steigenden Energiepreise raten wir grundsätzlich, einen gewissen Betrag (der im Rahmen des Möglichen ist) zu sparen und beiseite zu legen. Zusammen könnten die Mieterin und der Vermieter vereinbaren, dass die Mieterin erhöhte Vorauszahlungen für Heizkosten leistet, um eine Nachzahlung gering zu halten oder ganz zu vermeiden.